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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854.

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II. Der Gleichheitstrieb. -- Objekt. Aestimation, Interesse. §. 29.
in den wenigsten Fällen anwendbar, die Regel bildete vielmehr,
daß die Strafe in einem Mehrfachen des Werths der verletz en
Sache 124) oder in einem sonstigen objektiv bestimmbaren Zu-
satz 125) zu demselben bestand.

Auf die Delikte war jedoch dies System keineswegs be-
schränkt, es erstreckte sich vielmehr auf Verhältnisse aller Art.
Manche reipersecutorische Klagen gingen von vornherein auf
das Doppelte 126) so z. B. die actio rationibus distrahendis des
Mündels gegen den Vormund, 127) die Klage gegen den, der

tels der Tarifirung z. B. L. 42 de aed. ed. (21. 1) L. 1 pr. de his qui effud.
(9. 3) L. 47 pr. de man. vind. (40. 4) L. 3 pr. de sep. viol. (47. 21)
L. 3 pr. de term. moto
(47. 21) u. a.
124) Das Duplum, Triplum, Quadruplum, wie z. B. beziehungsweise
bei der actio furti nec manifesti, furti concepti et oblati, furti manifesti,
den Klagen gegen den Wucherer (Cato de re rustica. Prooem.) bei der de-
dicatio rei litigiosae L. 3 de litig. (44. 6) (Gajus lib. 6 ad leg. XII
tabul.)
u. s. w.
125) z. B. bei der act. legis Aquiliae, die ursprünglich nicht auf das
Interesse, sondern auf den objektiven Werth des letzten Jahres, beziehungs-
weise Monates ging, §. 10 I. ad leg. Aq. (4. 3) Illed non ex verbis
legis
, sed ex interpretatione placuit etc.
was sich auch ohne diese
Notiz aus andern Gründen deduciren ließe.
126) Das Doppelte des Sachwerths erschien den Römern als vollstän-
diges Aequivalent des Interesses, in der ältern sowohl wie der neuern Zeit.
Ich erinnere z. B. an die cautio duplae beim Kauf, die Bestimmung der lex
Julia de adult.
in L. 27 pr. ad leg. Jul. (48. 5.) Hiermit hängt auch das
Verbot der usurae supra alterum tantum und Justinians bekannte Bestim-
mung über das Duplum beim Interesse (L. un. Cod. de sententiis quae pro
eo, quod interest
) zusammen.
127) Sie war keine Pönal-, sondern eine reipersecutorische Klage,
L. 55 §. 1 de admin. tut. (26. 7) v. Savigny Obligationenrecht B. 1
S. 207. Denselben Charakter hatte die aufs Doppelte gerichtete Klage
gegen die Publikanen wegen Erpressung unzuständiger Abgaben L. 5, 6 de
publicanis
(39. 4). Mit der actio depositi, von der Paulus Sentent. Rec.
II.
12 §. 11 berichtet, daß sie nach den XII Tafeln aufs Doppelte gegangen
sei, hatte es, wie ich an einem spätern Ort zu zeigen versuchen werde, wohl
eine besondere Bewandniß.
8*

II. Der Gleichheitstrieb. — Objekt. Aeſtimation, Intereſſe. §. 29.
in den wenigſten Fällen anwendbar, die Regel bildete vielmehr,
daß die Strafe in einem Mehrfachen des Werths der verletz en
Sache 124) oder in einem ſonſtigen objektiv beſtimmbaren Zu-
ſatz 125) zu demſelben beſtand.

Auf die Delikte war jedoch dies Syſtem keineswegs be-
ſchränkt, es erſtreckte ſich vielmehr auf Verhältniſſe aller Art.
Manche reiperſecutoriſche Klagen gingen von vornherein auf
das Doppelte 126) ſo z. B. die actio rationibus distrahendis des
Mündels gegen den Vormund, 127) die Klage gegen den, der

tels der Tarifirung z. B. L. 42 de aed. ed. (21. 1) L. 1 pr. de his qui effud.
(9. 3) L. 47 pr. de man. vind. (40. 4) L. 3 pr. de sep. viol. (47. 21)
L. 3 pr. de term. moto
(47. 21) u. a.
124) Das Duplum, Triplum, Quadruplum, wie z. B. beziehungsweiſe
bei der actio furti nec manifesti, furti concepti et oblati, furti manifesti,
den Klagen gegen den Wucherer (Cato de re rustica. Prooem.) bei der de-
dicatio rei litigiosae L. 3 de litig. (44. 6) (Gajus lib. 6 ad leg. XII
tabul.)
u. ſ. w.
125) z. B. bei der act. legis Aquiliae, die urſprünglich nicht auf das
Intereſſe, ſondern auf den objektiven Werth des letzten Jahres, beziehungs-
weiſe Monates ging, §. 10 I. ad leg. Aq. (4. 3) Illed non ex verbis
legis
, sed ex interpretatione placuit etc.
was ſich auch ohne dieſe
Notiz aus andern Gründen deduciren ließe.
126) Das Doppelte des Sachwerths erſchien den Römern als vollſtän-
diges Aequivalent des Intereſſes, in der ältern ſowohl wie der neuern Zeit.
Ich erinnere z. B. an die cautio duplae beim Kauf, die Beſtimmung der lex
Julia de adult.
in L. 27 pr. ad leg. Jul. (48. 5.) Hiermit hängt auch das
Verbot der usurae supra alterum tantum und Juſtinians bekannte Beſtim-
mung über das Duplum beim Intereſſe (L. un. Cod. de sententiis quae pro
eo, quod interest
) zuſammen.
127) Sie war keine Pönal-, ſondern eine reiperſecutoriſche Klage,
L. 55 §. 1 de admin. tut. (26. 7) v. Savigny Obligationenrecht B. 1
S. 207. Denſelben Charakter hatte die aufs Doppelte gerichtete Klage
gegen die Publikanen wegen Erpreſſung unzuſtändiger Abgaben L. 5, 6 de
publicanis
(39. 4). Mit der actio depositi, von der Paulus Sentent. Rec.
II.
12 §. 11 berichtet, daß ſie nach den XII Tafeln aufs Doppelte gegangen
ſei, hatte es, wie ich an einem ſpätern Ort zu zeigen verſuchen werde, wohl
eine beſondere Bewandniß.
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[115/0129] II. Der Gleichheitstrieb. — Objekt. Aeſtimation, Intereſſe. §. 29. in den wenigſten Fällen anwendbar, die Regel bildete vielmehr, daß die Strafe in einem Mehrfachen des Werths der verletz en Sache 124) oder in einem ſonſtigen objektiv beſtimmbaren Zu- ſatz 125) zu demſelben beſtand. Auf die Delikte war jedoch dies Syſtem keineswegs be- ſchränkt, es erſtreckte ſich vielmehr auf Verhältniſſe aller Art. Manche reiperſecutoriſche Klagen gingen von vornherein auf das Doppelte 126) ſo z. B. die actio rationibus distrahendis des Mündels gegen den Vormund, 127) die Klage gegen den, der 123) 124) Das Duplum, Triplum, Quadruplum, wie z. B. beziehungsweiſe bei der actio furti nec manifesti, furti concepti et oblati, furti manifesti, den Klagen gegen den Wucherer (Cato de re rustica. Prooem.) bei der de- dicatio rei litigiosae L. 3 de litig. (44. 6) (Gajus lib. 6 ad leg. XII tabul.) u. ſ. w. 125) z. B. bei der act. legis Aquiliae, die urſprünglich nicht auf das Intereſſe, ſondern auf den objektiven Werth des letzten Jahres, beziehungs- weiſe Monates ging, §. 10 I. ad leg. Aq. (4. 3) Illed non ex verbis legis, sed ex interpretatione placuit etc. was ſich auch ohne dieſe Notiz aus andern Gründen deduciren ließe. 126) Das Doppelte des Sachwerths erſchien den Römern als vollſtän- diges Aequivalent des Intereſſes, in der ältern ſowohl wie der neuern Zeit. Ich erinnere z. B. an die cautio duplae beim Kauf, die Beſtimmung der lex Julia de adult. in L. 27 pr. ad leg. Jul. (48. 5.) Hiermit hängt auch das Verbot der usurae supra alterum tantum und Juſtinians bekannte Beſtim- mung über das Duplum beim Intereſſe (L. un. Cod. de sententiis quae pro eo, quod interest) zuſammen. 127) Sie war keine Pönal-, ſondern eine reiperſecutoriſche Klage, L. 55 §. 1 de admin. tut. (26. 7) v. Savigny Obligationenrecht B. 1 S. 207. Denſelben Charakter hatte die aufs Doppelte gerichtete Klage gegen die Publikanen wegen Erpreſſung unzuſtändiger Abgaben L. 5, 6 de publicanis (39. 4). Mit der actio depositi, von der Paulus Sentent. Rec. II. 12 §. 11 berichtet, daß ſie nach den XII Tafeln aufs Doppelte gegangen ſei, hatte es, wie ich an einem ſpätern Ort zu zeigen verſuchen werde, wohl eine beſondere Bewandniß. 123) tels der Tarifirung z. B. L. 42 de aed. ed. (21. 1) L. 1 pr. de his qui effud. (9. 3) L. 47 pr. de man. vind. (40. 4) L. 3 pr. de sep. viol. (47. 21) L. 3 pr. de term. moto (47. 21) u. a. 8*

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0201_1854/129>, abgerufen am 06.05.2024.