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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854.

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II. Der Gleichheitstrieb. -- Rechtl. Verschiedenheit d. Sachen. §. 29.
Consequenz der römischen Abstraction. Durch die natürlichen
Unterschiede der Sachen hindurch dringt sie zu dem Begriff
der Sache hinauf, und indem sie fortan nur mit ihm operirt,
hat sie den Einfluß des natürlichen Moments überwunden, und
folgeweise akkommodirt sich nicht der Begriff (des Eigenthums,
Erbrechts, u. s. w.) der Sache, sondern die Sache dem Be-
griff
. Eine Zersplitterung des Grundbegriffes, wie im germa-
nischen Recht, wo die Begriffe sich so willig auflösten und spalte-
ten, um an die natürlichen Unterschiede der Personen und Sachen
als die eigentlichen Kerne des rechtlichen Krystallisationspro-
zesses sich anzuschließen, eine solche Zersplitterung widerstrebte
der innersten Natur des römischen Rechts. Wir werden auf
diesen Gegensatz noch am Schluß zurückkommen müssen.

Diese prinzipielle Irrelevanz und völlige Unterordnung der
natürlichen Verschiedenheiten der Sachen gegenüber dem Rechts-
begriff
fällt so sehr ins Gewicht, daß die oben genannten
Fälle, wo diesen Verschiedenheiten unbeschadet des Rechtsbe-
griffs irgend eine rechtliche Auszeichnung zu Theil geworden ist,
gar nicht daneben in Betracht kommen können, und so dürfen
wir sagen, daß die Tendenz der Gleichheit und Generali-
sirung sich an den Sachen nicht minder bewährt, als an den
Personen.

bei unbeweglichen Sachen, später nur bei ersteren. L. 7 de poss. l. 47 ibid.
Savigny Recht des Besitzes §. 31. 2. Auch an unbeweglichen Sachen war
früher ein furtum möglich (Gaj. II. §. 51. Gellius XI. 18 ... nach einer
Notiz aus Sabinus de furtis: sed fundi quoque et aedium fieri furtum),
nach späterm Recht nicht. 3. Nach neuerm erfordert das Depositum eine be-
wegliche Sache, nach älterm wird es wohl eben so wie das Kommodat (L. 1
§. 1 commodati
13. 6) an unbeweglichen Statt gefunden haben. 4. Ver-
äußerungsverbote: fundus dotalis, praedia rustica und suburbana be-
vormundeter Personen. 5. Requisit der Präsenz der Sache bei der Mancipa-
tion hinsichtlich der unbeweglichen späterhin aufgegeben (Gajus I. §. 121
.. praedia vero absentia solent mancipari
). Das nähere darüber bei der
Theorie der Rechtsgeschäfte. 6. Das System der possessorischen Interdikte,
das meiner Ansicht nach erst der spätern Zeit angehört (s. Note 112).

II. Der Gleichheitstrieb. — Rechtl. Verſchiedenheit d. Sachen. §. 29.
Conſequenz der römiſchen Abſtraction. Durch die natürlichen
Unterſchiede der Sachen hindurch dringt ſie zu dem Begriff
der Sache hinauf, und indem ſie fortan nur mit ihm operirt,
hat ſie den Einfluß des natürlichen Moments überwunden, und
folgeweiſe akkommodirt ſich nicht der Begriff (des Eigenthums,
Erbrechts, u. ſ. w.) der Sache, ſondern die Sache dem Be-
griff
. Eine Zerſplitterung des Grundbegriffes, wie im germa-
niſchen Recht, wo die Begriffe ſich ſo willig auflöſten und ſpalte-
ten, um an die natürlichen Unterſchiede der Perſonen und Sachen
als die eigentlichen Kerne des rechtlichen Kryſtalliſationspro-
zeſſes ſich anzuſchließen, eine ſolche Zerſplitterung widerſtrebte
der innerſten Natur des römiſchen Rechts. Wir werden auf
dieſen Gegenſatz noch am Schluß zurückkommen müſſen.

Dieſe prinzipielle Irrelevanz und völlige Unterordnung der
natürlichen Verſchiedenheiten der Sachen gegenüber dem Rechts-
begriff
fällt ſo ſehr ins Gewicht, daß die oben genannten
Fälle, wo dieſen Verſchiedenheiten unbeſchadet des Rechtsbe-
griffs irgend eine rechtliche Auszeichnung zu Theil geworden iſt,
gar nicht daneben in Betracht kommen können, und ſo dürfen
wir ſagen, daß die Tendenz der Gleichheit und Generali-
ſirung ſich an den Sachen nicht minder bewährt, als an den
Perſonen.

bei unbeweglichen Sachen, ſpäter nur bei erſteren. L. 7 de poss. l. 47 ibid.
Savigny Recht des Beſitzes §. 31. 2. Auch an unbeweglichen Sachen war
früher ein furtum möglich (Gaj. II. §. 51. Gellius XI. 18 … nach einer
Notiz aus Sabinus de furtis: sed fundi quoque et aedium fieri furtum),
nach ſpäterm Recht nicht. 3. Nach neuerm erfordert das Depositum eine be-
wegliche Sache, nach älterm wird es wohl eben ſo wie das Kommodat (L. 1
§. 1 commodati
13. 6) an unbeweglichen Statt gefunden haben. 4. Ver-
äußerungsverbote: fundus dotalis, praedia rustica und suburbana be-
vormundeter Perſonen. 5. Requiſit der Präſenz der Sache bei der Mancipa-
tion hinſichtlich der unbeweglichen ſpäterhin aufgegeben (Gajus I. §. 121
.. praedia vero absentia solent mancipari
). Das nähere darüber bei der
Theorie der Rechtsgeſchäfte. 6. Das Syſtem der poſſeſſoriſchen Interdikte,
das meiner Anſicht nach erſt der ſpätern Zeit angehört (ſ. Note 112).
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[107/0121] II. Der Gleichheitstrieb. — Rechtl. Verſchiedenheit d. Sachen. §. 29. Conſequenz der römiſchen Abſtraction. Durch die natürlichen Unterſchiede der Sachen hindurch dringt ſie zu dem Begriff der Sache hinauf, und indem ſie fortan nur mit ihm operirt, hat ſie den Einfluß des natürlichen Moments überwunden, und folgeweiſe akkommodirt ſich nicht der Begriff (des Eigenthums, Erbrechts, u. ſ. w.) der Sache, ſondern die Sache dem Be- griff. Eine Zerſplitterung des Grundbegriffes, wie im germa- niſchen Recht, wo die Begriffe ſich ſo willig auflöſten und ſpalte- ten, um an die natürlichen Unterſchiede der Perſonen und Sachen als die eigentlichen Kerne des rechtlichen Kryſtalliſationspro- zeſſes ſich anzuſchließen, eine ſolche Zerſplitterung widerſtrebte der innerſten Natur des römiſchen Rechts. Wir werden auf dieſen Gegenſatz noch am Schluß zurückkommen müſſen. Dieſe prinzipielle Irrelevanz und völlige Unterordnung der natürlichen Verſchiedenheiten der Sachen gegenüber dem Rechts- begriff fällt ſo ſehr ins Gewicht, daß die oben genannten Fälle, wo dieſen Verſchiedenheiten unbeſchadet des Rechtsbe- griffs irgend eine rechtliche Auszeichnung zu Theil geworden iſt, gar nicht daneben in Betracht kommen können, und ſo dürfen wir ſagen, daß die Tendenz der Gleichheit und Generali- ſirung ſich an den Sachen nicht minder bewährt, als an den Perſonen. 114) 114) bei unbeweglichen Sachen, ſpäter nur bei erſteren. L. 7 de poss. l. 47 ibid. Savigny Recht des Beſitzes §. 31. 2. Auch an unbeweglichen Sachen war früher ein furtum möglich (Gaj. II. §. 51. Gellius XI. 18 … nach einer Notiz aus Sabinus de furtis: sed fundi quoque et aedium fieri furtum), nach ſpäterm Recht nicht. 3. Nach neuerm erfordert das Depositum eine be- wegliche Sache, nach älterm wird es wohl eben ſo wie das Kommodat (L. 1 §. 1 commodati 13. 6) an unbeweglichen Statt gefunden haben. 4. Ver- äußerungsverbote: fundus dotalis, praedia rustica und suburbana be- vormundeter Perſonen. 5. Requiſit der Präſenz der Sache bei der Mancipa- tion hinſichtlich der unbeweglichen ſpäterhin aufgegeben (Gajus I. §. 121 .. praedia vero absentia solent mancipari). Das nähere darüber bei der Theorie der Rechtsgeſchäfte. 6. Das Syſtem der poſſeſſoriſchen Interdikte, das meiner Anſicht nach erſt der ſpätern Zeit angehört (ſ. Note 112).

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0201_1854/121>, abgerufen am 25.11.2024.