Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 1. Leipzig, 1852.I. Prinzip d. subj. Willens -- System d. Selbsthülfe -- testis. §. 11. Dies etymologische Argument möge zur Unterstützung un- Ziegel, Deckel). Es ist nun beachtenswerth, daß die deutsche Sprache den Ausdruck "bedecken" bei Thieren von derselben Function gebraucht, auf die testiculus in der lateinischen Sprache hinweist, und dieses Zusammentreffen in beiden Sprachen vermehrt in meinen Augen die Wahrscheinlichkeit, daß jene drei Wörter testudo, testis, testiculus von tegere stammen. Die beiden letzten könnten wir im gleichen Doppelsinn mit der lateinischen Sprache be- zeichnen als "die zur Bedeckung dienenden." 56) z. B. Dernburg Beiträge zur Geschichte der römischen Testamente
S. 16 u. fl. I. Prinzip d. ſubj. Willens — Syſtem d. Selbſthülfe — testis. §. 11. Dies etymologiſche Argument möge zur Unterſtützung un- Ziegel, Deckel). Es iſt nun beachtenswerth, daß die deutſche Sprache den Ausdruck „bedecken“ bei Thieren von derſelben Function gebraucht, auf die testiculus in der lateiniſchen Sprache hinweiſt, und dieſes Zuſammentreffen in beiden Sprachen vermehrt in meinen Augen die Wahrſcheinlichkeit, daß jene drei Wörter testudo, testis, testiculus von tegere ſtammen. Die beiden letzten könnten wir im gleichen Doppelſinn mit der lateiniſchen Sprache be- zeichnen als „die zur Bedeckung dienenden.“ 56) z. B. Dernburg Beiträge zur Geſchichte der römiſchen Teſtamente
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I. Prinzip d. ſubj. Willens — Syſtem d. Selbſthülfe — testis. §. 11.
Dies etymologiſche Argument möge zur Unterſtützung un-
ſerer Anſicht dienen, es hat dieſelbe aber nicht veranlaßt. Was
mich zuerſt auf dieſelbe führte, ſind zwei Gründe, zuerſt nämlich
die Ueberzeugung, daß der ganze Charakter der Rechtsſtufe, von
der wir hier ſprechen, jene Präponderanz des phyſiſchen Mo-
ments auch im Inſtitut der Zeugen wiederkehren, ihm eine be-
ſtimmte, in das Syſtem der Selbſthülfe hineinpaſſende Stellung
anweiſen mußte. Sodann aber zweitens eine Erſcheinung, deren
Betrachtung uns über den engen Geſichtskreis der bisherigen
Aufgabe hinausführen wird. Das iſt nämlich das testamentum
in comitiis calatis. Man hat darüber geſtritten, ob das Volk
bei dieſer Art der Teſtamentserrichtung abgeſtimmt oder bloß die
Funktion eines Zeugen ausgeübt habe, und für dieſe letztere
Anſicht ſich auf die Ausdrücke testari, testamentum u. ſ. w. be-
rufen, 56) indem man vorausſetzte, daß ihnen der Begriff des
gewöhnlichen Zeugniſſes zu Grunde liege. Aber man muß das
Argument umdrehen und ſagen: testis, testari u. ſ. w. hat in
älteſter Zeit eine andere Bedeutung gehabt, weil es undenkbar
iſt, daß das ganze römiſche Volk bei jener Teſtamentserrichtung
die Rolle eines gewöhnlichen Zeugen geſpielt hätte. Warum in
aller Welt zum bloßen Zweck der Conſtatirung einer Thatſache
das geſammte Volk als Zeugen zuziehen? Man begreift in der
That dies praktiſche Volk nicht, daß es einen Zweck, der ſich auf
die einfachſte und natürlichſte Weiſe durch einige wenige Zeugen
erreichen ließ, auf die umſtändlichſte und läſtigſte Art hätte ver-
55)
56) z. B. Dernburg Beiträge zur Geſchichte der römiſchen Teſtamente
S. 16 u. fl.
55) Ziegel, Deckel). Es iſt nun beachtenswerth, daß die deutſche Sprache den
Ausdruck „bedecken“ bei Thieren von derſelben Function gebraucht, auf die
testiculus in der lateiniſchen Sprache hinweiſt, und dieſes Zuſammentreffen
in beiden Sprachen vermehrt in meinen Augen die Wahrſcheinlichkeit, daß
jene drei Wörter testudo, testis, testiculus von tegere ſtammen. Die beiden
letzten könnten wir im gleichen Doppelſinn mit der lateiniſchen Sprache be-
zeichnen als „die zur Bedeckung dienenden.“
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Zitationshilfe: | Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 1. Leipzig, 1852, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht01_1852/155>, abgerufen am 26.07.2024. |