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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.

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Die Freude meines Voß und anderer am Buche hat meine Unter-
brechung desselben durch ernste schon vorgesetzte Werke verhindert; und
ich werde, wenn der Himmel und Sie nichts dagegen haben, vor der
Hand den 3ten Theil, wo das Interesse, wie eine aufgegangne Sonne
immer höher und wärmer steigt, in der Michaelis Messe 1821 liefern. --5
Ich weiß nicht, wo dieses Blättchen Sie trifft; aber wo es auch sei, über-
bringt es Ihnen den herzlichsten Wunsch eines blauen Himmels und
froher Tage unter ihm.

Ihr
Jean Paul Fr. Richter10
[Adr.] Herrn Buchhändler Reimer, Berlin. Mit der Bitte, ihm, im
Falle der Abwesenheit, dieses Blatt baldigst nachzuschicken.
91. An Heinrich Voß in Heidelberg.

Mein herrlicher Heinrich! Und mein so gar geplagter! -- Welches15
Chaos wäre ohne dich aus dem Kometen geworden! -- Der Eile
oder Kürze wegen send ich dir deinen Brief mit seinen Beziehungen
wieder, aber zum Zurückgeben. Dieser am 24ten oder Donnerstag ab-
gegangne kam heute Mittwochs an; am vorigen Mittwoche fort-
geschickt, wär' er schon vorigen Sonnabend angekommen. -- Frankiere20
doch nicht so sehr, da ja alles für meinen Vortheil geht. Du hast doch
die Portoauslage im Mspt gefunden? --

Mein Max ist aus Salzburg hier und erfreuet uns alle mit den Kubik-
zahlen seiner frühern geistigen Kubikwurzeln. In Salzburg müssen die
Lehrer des Lyzeums erst in Wien die Erlaubnis zum Lesen aller Stellen25
in den ---- Alten einholen. -- Baader sagte ihm, daß 3 verschiedene
Somnamb[ülen] dieses Jahr als revoluzionär geweissagt; und dunkel
genug zieht es am Himmel auf. Grüße Daub und sag' ihm, daß Baader
meinem Sohne aus freier Liebe über ihn Vorlesungen gehalten. --
Schelling besuchte mich; es war aber ein vierstündiger Krieg. Ich hatte30
ihn tiefer und reicher vermuthet. Künftig mehr! -- Frau von Hellwig
Imhof ist hier. Ich wollte, ich sähe kein schönes Gesicht wieder, das
ich vor 15, 20 Jahren gesehen; mit ihm aber eben so lange zusammen-
leben will ich, weil es hier unter dem Schutze der Allmähligkeit weniger

Die Freude meines Voß und anderer am Buche hat meine Unter-
brechung deſſelben durch ernſte ſchon vorgeſetzte Werke verhindert; und
ich werde, wenn der Himmel und Sie nichts dagegen haben, vor der
Hand den 3ten Theil, wo das Intereſſe, wie eine aufgegangne Sonne
immer höher und wärmer ſteigt, in der Michaelis Meſſe 1821 liefern. —5
Ich weiß nicht, wo dieſes Blättchen Sie trifft; aber wo es auch ſei, über-
bringt es Ihnen den herzlichſten Wunſch eines blauen Himmels und
froher Tage unter ihm.

Ihr
Jean Paul Fr. Richter10
[Adr.] Herrn Buchhändler Reimer, Berlin. Mit der Bitte, ihm, im
Falle der Abweſenheit, dieſes Blatt baldigſt nachzuſchicken.
91. An Heinrich Voß in Heidelberg.

Mein herrlicher Heinrich! Und mein ſo gar geplagter! — Welches15
Chaos wäre ohne dich aus dem Kometen geworden! — Der Eile
oder Kürze wegen ſend ich dir deinen Brief mit ſeinen Beziehungen
wieder, aber zum Zurückgeben. Dieſer am 24ten oder Donnerſtag ab-
gegangne kam heute 〈Mittwochs〉 an; am vorigen Mittwoche fort-
geſchickt, wär’ er ſchon vorigen Sonnabend angekommen. — Frankiere20
doch nicht ſo ſehr, da ja alles für meinen Vortheil geht. Du haſt doch
die Portoauslage im Mſpt gefunden? —

Mein Max iſt aus Salzburg hier und erfreuet uns alle mit den Kubik-
zahlen ſeiner frühern geiſtigen Kubikwurzeln. In Salzburg müſſen die
Lehrer des Lyzeums erſt in Wien die Erlaubnis zum Leſen aller Stellen25
in den —— Alten einholen. — Baader ſagte ihm, daß 3 verſchiedene
Somnamb[ülen] dieſes Jahr als revoluzionär geweiſſagt; und dunkel
genug zieht es am Himmel auf. Grüße Daub und ſag’ ihm, daß Baader
meinem Sohne aus freier Liebe über ihn Vorleſungen gehalten. —
Schelling beſuchte mich; es war aber ein vierſtündiger Krieg. Ich hatte30
ihn tiefer und reicher vermuthet. Künftig mehr! — Frau von Hellwig
〈Imhof〉 iſt hier. Ich wollte, ich ſähe kein ſchönes Geſicht wieder, das
ich vor 15, 20 Jahren geſehen; mit ihm aber eben ſo lange zuſammen-
leben will ich, weil es hier unter dem Schutze der Allmähligkeit weniger

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[66/0072] Die Freude meines Voß und anderer am Buche hat meine Unter- brechung deſſelben durch ernſte ſchon vorgeſetzte Werke verhindert; und ich werde, wenn der Himmel und Sie nichts dagegen haben, vor der Hand den 3ten Theil, wo das Intereſſe, wie eine aufgegangne Sonne immer höher und wärmer ſteigt, in der Michaelis Meſſe 1821 liefern. — 5 Ich weiß nicht, wo dieſes Blättchen Sie trifft; aber wo es auch ſei, über- bringt es Ihnen den herzlichſten Wunſch eines blauen Himmels und froher Tage unter ihm. Ihr Jean Paul Fr. Richter 10 [Adr.] Herrn Buchhändler Reimer, Berlin. Mit der Bitte, ihm, im Falle der Abweſenheit, dieſes Blatt baldigſt nachzuſchicken. 91. An Heinrich Voß in Heidelberg. Baireut d. 30 Aug. 1820 [Mittwoch] Mein herrlicher Heinrich! Und mein ſo gar geplagter! — Welches 15 Chaos wäre ohne dich aus dem Kometen geworden! — Der Eile oder Kürze wegen ſend ich dir deinen Brief mit ſeinen Beziehungen wieder, aber zum Zurückgeben. Dieſer am 24ten oder Donnerſtag ab- gegangne kam heute 〈Mittwochs〉 an; am vorigen Mittwoche fort- geſchickt, wär’ er ſchon vorigen Sonnabend angekommen. — Frankiere 20 doch nicht ſo ſehr, da ja alles für meinen Vortheil geht. Du haſt doch die Portoauslage im Mſpt gefunden? — Mein Max iſt aus Salzburg hier und erfreuet uns alle mit den Kubik- zahlen ſeiner frühern geiſtigen Kubikwurzeln. In Salzburg müſſen die Lehrer des Lyzeums erſt in Wien die Erlaubnis zum Leſen aller Stellen 25 in den —— Alten einholen. — Baader ſagte ihm, daß 3 verſchiedene Somnamb[ülen] dieſes Jahr als revoluzionär geweiſſagt; und dunkel genug zieht es am Himmel auf. Grüße Daub und ſag’ ihm, daß Baader meinem Sohne aus freier Liebe über ihn Vorleſungen gehalten. — Schelling beſuchte mich; es war aber ein vierſtündiger Krieg. Ich hatte 30 ihn tiefer und reicher vermuthet. Künftig mehr! — Frau von Hellwig 〈Imhof〉 iſt hier. Ich wollte, ich ſähe kein ſchönes Geſicht wieder, das ich vor 15, 20 Jahren geſehen; mit ihm aber eben ſo lange zuſammen- leben will ich, weil es hier unter dem Schutze der Allmähligkeit weniger

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:22:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:22:18Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/72>, abgerufen am 19.04.2024.