Vorgestern bin ich aus München wieder angekommen. Ich kann also die Freude haben, -- auf welche ich mich herzlich freue -- Sie, mein guter treuer Reimer, schon auf der Bahn, nicht am Ziele zu sehen; und5 der vorvorjährige Abend mit Ihnen soll bei mir mit längerem Abend- rothe wiederkehren. -- Ich danke Ihnen für die zwei übersandten An- weisungen, wovon nur noch die zweite von 768 fl. zu realisieren ist. Sie senden -- in mehr als Einem Sinne als Gegenfüßler anderer Buch- händler -- leichter Geld als Bücher; denn noch immer sind die nach-10 gewünschten Hesperus-Exemplare der ersten und zweiten Abtheilung blos auf dem Wege, folglich auf keinem guten Wege, sondern auf einem chursächsischen.
15ten Jul.
Hier kommt die Vorrede zum zweiten Theile des Kometen. Die Neuig-15 keit der komischen Einkleidung bestimmte mich, sie zu gleicher Zeit für unser Buch und für das Morgenblatt auszuarbeiten und eiligst aus Furcht eines Zuvorläufers mitzutheilen. Nun trägt die Redakzion einiges Bedenken über die berliner Zensuraufnahme dieser Satire. Jetzo sollen Sie und Ihre Freunde oder wärs zu machen, Ihr Zensor ent-20 scheiden, ob die Vorrede dem "Kometen", dessen Schweif wenigstens keine politische Strafruthe ist, nicht etwa gar in seinem parabolischen Umlaufe durch das lange Preußen hinderlich sei; oder man bestimme wenigstens, was von ihr deßhalb aufzuopfern ist. Übrigens möge ein Zensor bedenken, daß man das, was man zu einer satirischen Einkleidung25 benützt, nicht darum selber verspotte. Hab' ich doch sogar den Magnetis- mus, den ich glaube und achte, mehrmals zu komischen Formen ge- braucht. -- Ich bitte Sie in jedem Falle um die Zurücksendung des Manuskripts. -- Übrigens werden Sie, hoff' ich, als Verleger nichts gegen die Mittheilung des Aufsatzes einwenden, da sie dem Vertriebe30 nur helfen kann. Auch dem guten, mir immer treuen Cotta war ich für die Entziehung eines so lange erwarteten Werkes diese Höflichkeit schuldig. Das freudige Urtheil meines Freundes Voß schon über den ersten Theil ist mir auch in Rücksicht Ihrer als Verlegers erfreulich.
Geh' es Ihnen gut und immer besser! Mit alter Liebe35
Ihr Jean Paul Fr. Richter
77. An Georg Reimer in Berlin.
Baireut d. 14ten Jul. 1820
Vorgeſtern bin ich aus München wieder angekommen. Ich kann alſo die Freude haben, — auf welche ich mich herzlich freue — Sie, mein guter treuer Reimer, ſchon auf der Bahn, nicht am Ziele zu ſehen; und5 der vorvorjährige Abend mit Ihnen ſoll bei mir mit längerem Abend- rothe wiederkehren. — Ich danke Ihnen für die zwei überſandten An- weiſungen, wovon nur noch die zweite von 768 fl. zu realiſieren iſt. Sie ſenden — in mehr als Einem Sinne als Gegenfüßler anderer Buch- händler — leichter Geld als Bücher; denn noch immer ſind die nach-10 gewünſchten Heſperus-Exemplare der erſten und zweiten Abtheilung blos auf dem Wege, folglich auf keinem guten Wege, ſondern auf einem churſächſiſchen.
15ten Jul.
Hier kommt die Vorrede zum zweiten Theile des Kometen. Die Neuig-15 keit der komiſchen Einkleidung beſtimmte mich, ſie zu gleicher Zeit für unſer Buch und für das Morgenblatt auszuarbeiten und eiligſt aus Furcht eines Zuvorläufers mitzutheilen. Nun trägt die Redakzion einiges Bedenken über die berliner Zenſuraufnahme dieſer Satire. Jetzo ſollen Sie und Ihre Freunde oder wärs zu machen, Ihr Zenſor ent-20 ſcheiden, ob die Vorrede dem „Kometen“, deſſen Schweif wenigſtens keine politiſche Strafruthe iſt, nicht etwa gar in ſeinem paraboliſchen Umlaufe durch das lange Preußen hinderlich ſei; oder man beſtimme wenigſtens, was von ihr deßhalb aufzuopfern iſt. Übrigens möge ein Zenſor bedenken, daß man das, was man zu einer ſatiriſchen Einkleidung25 benützt, nicht darum ſelber verſpotte. Hab’ ich doch ſogar den Magnetiſ- mus, den ich glaube und achte, mehrmals zu komiſchen Formen ge- braucht. — Ich bitte Sie in jedem Falle um die Zurückſendung des Manuſkripts. — Übrigens werden Sie, hoff’ ich, als Verleger nichts gegen die Mittheilung des Aufſatzes einwenden, da ſie dem Vertriebe30 nur helfen kann. Auch dem guten, mir immer treuen Cotta war ich für die Entziehung eines ſo lange erwarteten Werkes dieſe Höflichkeit ſchuldig. Das freudige Urtheil meines Freundes Voß ſchon über den erſten Theil iſt mir auch in Rückſicht Ihrer als Verlegers erfreulich.
Geh’ es Ihnen gut und immer beſſer! Mit alter Liebe35
Ihr Jean Paul Fr. Richter
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[55/0061]
77. An Georg Reimer in Berlin.
Baireut d. 14ten Jul. 1820
Vorgeſtern bin ich aus München wieder angekommen. Ich kann alſo
die Freude haben, — auf welche ich mich herzlich freue — Sie, mein
guter treuer Reimer, ſchon auf der Bahn, nicht am Ziele zu ſehen; und 5
der vorvorjährige Abend mit Ihnen ſoll bei mir mit längerem Abend-
rothe wiederkehren. — Ich danke Ihnen für die zwei überſandten An-
weiſungen, wovon nur noch die zweite von 768 fl. zu realiſieren iſt. Sie
ſenden — in mehr als Einem Sinne als Gegenfüßler anderer Buch-
händler — leichter Geld als Bücher; denn noch immer ſind die nach- 10
gewünſchten Heſperus-Exemplare der erſten und zweiten Abtheilung
blos auf dem Wege, folglich auf keinem guten Wege, ſondern auf einem
churſächſiſchen.
15ten Jul.
Hier kommt die Vorrede zum zweiten Theile des Kometen. Die Neuig- 15
keit der komiſchen Einkleidung beſtimmte mich, ſie zu gleicher Zeit für
unſer Buch und für das Morgenblatt auszuarbeiten und eiligſt aus
Furcht eines Zuvorläufers mitzutheilen. Nun trägt die Redakzion
einiges Bedenken über die berliner Zenſuraufnahme dieſer Satire. Jetzo
ſollen Sie und Ihre Freunde oder wärs zu machen, Ihr Zenſor ent- 20
ſcheiden, ob die Vorrede dem „Kometen“, deſſen Schweif wenigſtens
keine politiſche Strafruthe iſt, nicht etwa gar in ſeinem paraboliſchen
Umlaufe durch das lange Preußen hinderlich ſei; oder man beſtimme
wenigſtens, was von ihr deßhalb aufzuopfern iſt. Übrigens möge ein
Zenſor bedenken, daß man das, was man zu einer ſatiriſchen Einkleidung 25
benützt, nicht darum ſelber verſpotte. Hab’ ich doch ſogar den Magnetiſ-
mus, den ich glaube und achte, mehrmals zu komiſchen Formen ge-
braucht. — Ich bitte Sie in jedem Falle um die Zurückſendung des
Manuſkripts. — Übrigens werden Sie, hoff’ ich, als Verleger nichts
gegen die Mittheilung des Aufſatzes einwenden, da ſie dem Vertriebe 30
nur helfen kann. Auch dem guten, mir immer treuen Cotta war ich für
die Entziehung eines ſo lange erwarteten Werkes dieſe Höflichkeit
ſchuldig. Das freudige Urtheil meines Freundes Voß ſchon über den
erſten Theil iſt mir auch in Rückſicht Ihrer als Verlegers erfreulich.
Geh’ es Ihnen gut und immer beſſer! Mit alter Liebe 35
Ihr Jean Paul Fr. Richter
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/61>, abgerufen am 17.07.2024.
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