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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.

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den Schmerzen wird sie für diese belohnt durch die Zartheit und Schön-
heit, welche ihrer Physiognomie das Dulden gibt. -- -- Da ich für mich
fast nie, aber desto öfter für andere bitte, so bitt' ich Sie -- der Sie in
demselben Falle bei der Königin sind -- auch hier für andere. Eine
Jugendfreundin von mir, Md. Otto -- deren Mann schon lange mit der5
Tabak-Regie quießiert geworden -- bedarf für ihre Enkelin Aline,
deren Mutter meine Taufpathe ist und welche von der Natur gar keine
andern Güter erhalten als die eines schönen Herzens, Ihrer gütigen
Hand zur Nachhülfe. Sie gaben ihr zwar, wie mir die Mutter sagte, die
Hoffnung, nach 4 Jahren ins "Institut der Königin" aufgenommen zu10
werden; da sie aber schon 8 Jahre zählt: so würde das Glück ihrer
Bildung erst ins 12te Jahr, also verspätet fallen. Ich setze nichts dazu,
da ich durch Emanuel und durch Baireut weiß, wie schön Sie Bitten der
Noth erfüllen und erfüllen lassen. Gewähren Sie die meinige für die
Tochter meiner Taufpathe: so haben Sie mir ein schönes Schmerzen-15
geld für den Umsturz auf meiner ersten Fahrt nach Nymphenburg aus-
gezahlt -- und Gott segne Sie und die Königin dafür! -- Dieser unter
Einpacken und Besuchannehmen geschriebne Brief und meine Bitte
selber mögen durch das Vertrauen, das ich auf Ihre Güte und Ihr Ver-
zeihen und auf Ihr Harmonieren mit meinen bessern Wünschen äußere,20
die Achtung aussprechen, womit ich schon früher in Baireut [von] Ihrem
schönen Wirkkreise Ihres Beglückens wie Ihres Erleuchtens mich
angezogen gefühlt. -- Leben Sie froh!

Ihr ergebenster etc.
75. An Karoline Richter.25

Meine geliebte Karoline! Obgleich dieser Brief mit mir an Einem
Tage (Mittwoch) ankommen wird: so muß ich dir doch für deinen so
lieblichen und herzrührenden danken, da ich gestern in einer Stube voll
Männer und Arbeiten nicht schreiben konnte und da Max vielleicht30
meinen Wunsch des Fenstermachens nicht freundlich genug aus Eile
ausgedrückt. -- Der arme Junge ist mein ewiger Läufer. Nach Geld
fragt er fast zu wenig, er sperrt es nicht einmal gegen seine 2 Kameraden
ein. Neulich fand ich sein Beutelchen leer, da ich bei ihm war, ohne daß
er mir etwas davon gesagt. Da im Seminarium stets 4 der ausgezeich-35

den Schmerzen wird ſie für dieſe belohnt durch die Zartheit und Schön-
heit, welche ihrer Phyſiognomie das Dulden gibt. — — Da ich für mich
faſt nie, aber deſto öfter für andere bitte, ſo bitt’ ich Sie — der Sie in
demſelben Falle bei der Königin ſind — auch hier für andere. Eine
Jugendfreundin von mir, Md. Otto — deren Mann ſchon lange mit der5
Tabak-Regie quieſziert geworden — bedarf für ihre Enkelin Aline,
deren Mutter meine Taufpathe iſt und welche von der Natur gar keine
andern Güter erhalten als die eines ſchönen Herzens, Ihrer gütigen
Hand zur Nachhülfe. Sie gaben ihr zwar, wie mir die Mutter ſagte, die
Hoffnung, nach 4 Jahren ins „Inſtitut der Königin“ aufgenommen zu10
werden; da ſie aber ſchon 8 Jahre zählt: ſo würde das Glück ihrer
Bildung erſt ins 12te Jahr, alſo verſpätet fallen. Ich ſetze nichts dazu,
da ich durch Emanuel und durch Baireut weiß, wie ſchön Sie Bitten der
Noth erfüllen und erfüllen laſſen. Gewähren Sie die meinige für die
Tochter meiner Taufpathe: ſo haben Sie mir ein ſchönes Schmerzen-15
geld für den Umſturz auf meiner erſten Fahrt nach Nymphenburg aus-
gezahlt — und Gott ſegne Sie und die Königin dafür! — Dieſer unter
Einpacken und Beſuchannehmen geſchriebne Brief und meine Bitte
ſelber mögen durch das Vertrauen, das ich auf Ihre Güte und Ihr Ver-
zeihen und auf Ihr Harmonieren mit meinen beſſern Wünſchen äußere,20
die Achtung ausſprechen, womit ich ſchon früher in Baireut [von] Ihrem
ſchönen Wirkkreiſe Ihres Beglückens wie Ihres Erleuchtens mich
angezogen gefühlt. — Leben Sie froh!

Ihr ergebenſter ꝛc.
75. An Karoline Richter.25

Meine geliebte Karoline! Obgleich dieſer Brief mit mir an Einem
Tage (Mittwoch) ankommen wird: ſo muß ich dir doch für deinen ſo
lieblichen und herzrührenden danken, da ich geſtern in einer Stube voll
Männer und Arbeiten nicht ſchreiben konnte und da Max vielleicht30
meinen Wunſch des Fenſtermachens nicht freundlich genug aus Eile
ausgedrückt. — Der arme Junge iſt mein ewiger Läufer. Nach Geld
fragt er faſt zu wenig, er ſperrt es nicht einmal gegen ſeine 2 Kameraden
ein. Neulich fand ich ſein Beutelchen leer, da ich bei ihm war, ohne daß
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[53/0059] den Schmerzen wird ſie für dieſe belohnt durch die Zartheit und Schön- heit, welche ihrer Phyſiognomie das Dulden gibt. — — Da ich für mich faſt nie, aber deſto öfter für andere bitte, ſo bitt’ ich Sie — der Sie in demſelben Falle bei der Königin ſind — auch hier für andere. Eine Jugendfreundin von mir, Md. Otto — deren Mann ſchon lange mit der 5 Tabak-Regie quieſziert geworden — bedarf für ihre Enkelin Aline, deren Mutter meine Taufpathe iſt und welche von der Natur gar keine andern Güter erhalten als die eines ſchönen Herzens, Ihrer gütigen Hand zur Nachhülfe. Sie gaben ihr zwar, wie mir die Mutter ſagte, die Hoffnung, nach 4 Jahren ins „Inſtitut der Königin“ aufgenommen zu 10 werden; da ſie aber ſchon 8 Jahre zählt: ſo würde das Glück ihrer Bildung erſt ins 12te Jahr, alſo verſpätet fallen. Ich ſetze nichts dazu, da ich durch Emanuel und durch Baireut weiß, wie ſchön Sie Bitten der Noth erfüllen und erfüllen laſſen. Gewähren Sie die meinige für die Tochter meiner Taufpathe: ſo haben Sie mir ein ſchönes Schmerzen- 15 geld für den Umſturz auf meiner erſten Fahrt nach Nymphenburg aus- gezahlt — und Gott ſegne Sie und die Königin dafür! — Dieſer unter Einpacken und Beſuchannehmen geſchriebne Brief und meine Bitte ſelber mögen durch das Vertrauen, das ich auf Ihre Güte und Ihr Ver- zeihen und auf Ihr Harmonieren mit meinen beſſern Wünſchen äußere, 20 die Achtung ausſprechen, womit ich ſchon früher in Baireut [von] Ihrem ſchönen Wirkkreiſe Ihres Beglückens wie Ihres Erleuchtens mich angezogen gefühlt. — Leben Sie froh! Ihr ergebenſter ꝛc. 75. An Karoline Richter. 25 München d. 8ten Jul. 1820 [Sonnabend] Meine geliebte Karoline! Obgleich dieſer Brief mit mir an Einem Tage (Mittwoch) ankommen wird: ſo muß ich dir doch für deinen ſo lieblichen und herzrührenden danken, da ich geſtern in einer Stube voll Männer und Arbeiten nicht ſchreiben konnte und da Max vielleicht 30 meinen Wunſch des Fenſtermachens nicht freundlich genug aus Eile ausgedrückt. — Der arme Junge iſt mein ewiger Läufer. Nach Geld fragt er faſt zu wenig, er ſperrt es nicht einmal gegen ſeine 2 Kameraden ein. Neulich fand ich ſein Beutelchen leer, da ich bei ihm war, ohne daß er mir etwas davon geſagt. Da im Seminarium ſtets 4 der ausgezeich- 35

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:22:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:22:18Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/59>, abgerufen am 23.04.2024.