Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.kommt. Die Schwefelbäder -- wozu meine Emma alles auf das R. kommt. Die Schwefelbäder — wozu meine Emma alles auf das R. <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0275" n="263"/> kommt. Die Schwefelbäder — wozu meine <hi rendition="#aq">Emma</hi> alles auf das<lb/> Pünktlichſte beſorgt — wirken trefflich, nur aber noch nicht unmittelbar<lb/> auf die Augen. Das linke gewinnt durch den Rheinwein wöchentlich; die<lb/> Augenblendungen nehmen etwas ab. Aber das Leſen und noch mehr<lb/> das Schreiben beſſern ſich träge, weil die Beleuchtung nicht ſtrenge<lb n="5"/> genug auszuwählen iſt. In dieſem traurigſten Halbjahr meines Lebens<lb/> — ach die vorigen Tage der Armuth und Verachtung waren Sonntage<lb/> dagegen — wo mir ſo viel genommen und auferlegt wurde, alle<lb/> Freuden genommen, Reiſe-, Garten-, Harmonie-, Arbeit- und Schreib-<lb/> freuden und innere, und ſo viel auferlegt von fremden Herreiſen in mein<lb n="10"/> Haus an bis zu deinem Wegreiſen aus ihm, hatt ich am 14<hi rendition="#sup">ten</hi> Abends<lb/> durch Walter den erſten frohen Sonnenblick in eine verſchönerte<lb/> Zukunft, indem er mir den innern Feind meines Körpers — Walter<lb/> fand mich abgefallen und den Puls ⅓ ſchwächer als ſonſt 〈vor<lb/> ½ Jahre〉 — aufdeckte, nämlich meine irrige Diät, indem ich bisher<lb n="15"/> ⅔ Wein, Bier, Roſoli ſo wie Eſſen weniger genommen. In 4 Wochen,<lb/> ſagte er, würd ich an den Augen den Vortheil des ſtärkern Trinkens<lb/> finden. Seit einigen Wochen hab ich mehr Appetit; und jetzo vollends.<lb/> Ich erwarte ſeit dem 14<hi rendition="#sup">ten</hi> eine viel ſchönere Zukunft, zumal in Rück-<lb/> ſicht meiner Melancholie; und es wird euch allen von mir Geplagten<lb n="20"/> wohlthun. — Ich fürchte, du wirſt zu wenig geſchont; wozu iſt denn<lb/> Minona da? Ich kann daher niemand grüßen. — Reiſen könnt’ ich<lb/> jetzo, ſogar bei ſchönſtem Wetter, ſchon wegen der Kur nicht, wozu ich<lb/> keinen Kapfer brauche. <hi rendition="#aq">Emma</hi> iſt die trefflichſte <hi rendition="#g">Hausmutter</hi> — eine<lb/> beſſere als ſogar <hi rendition="#aq">Odilie</hi> wird wegen ihrer Laune und wegen ihrer durch<lb n="25"/> unthätiges Liegen gewonnenen Schwerfälligkeit — bring ihr etwas<lb/> Beſonderes mit; ſo wünſcht ich für die gute <hi rendition="#aq">Luise</hi> Welden von mir eine<lb/> Galanterie zu 1 fl. — Mit deiner Abreiſe warte <hi rendition="#g">und ſinne</hi> auf eine<lb/><hi rendition="#g">bequeme</hi> Dresdner Gelegenheit; nur fleh ich dich an, bringe nach ſo<lb/> vielen Opfern von dir und mir, der Familie nicht noch auch Geldopfer,<lb n="30"/> wie ich aus der <hi rendition="#aq">Ende</hi> Beſorgnis wegen ihrer Geſchenke vermuthe. Mir<lb/> bringe ein Beißzängelchen und eine 12 Zoll lange Säge und <hi rendition="#g">mehre<lb/> Arten Schreibpapier</hi> mit. Vergiß der Mauth wegen deinen Paß<lb/> nicht. Genieße für deine opfernden Tage wenigſtens frohe Stunden.<lb/> Für uns 3 Kerngeſunde ſorge nicht: Frau v. <hi rendition="#aq">Ende</hi> und <hi rendition="#aq">Reck</hi> grüße<lb n="35"/> recht. Beſuche ja abends die Terraſſe. Lebe wohl, wohl!</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#right">R.</hi> </salute> </closer> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [263/0275]
kommt. Die Schwefelbäder — wozu meine Emma alles auf das
Pünktlichſte beſorgt — wirken trefflich, nur aber noch nicht unmittelbar
auf die Augen. Das linke gewinnt durch den Rheinwein wöchentlich; die
Augenblendungen nehmen etwas ab. Aber das Leſen und noch mehr
das Schreiben beſſern ſich träge, weil die Beleuchtung nicht ſtrenge 5
genug auszuwählen iſt. In dieſem traurigſten Halbjahr meines Lebens
— ach die vorigen Tage der Armuth und Verachtung waren Sonntage
dagegen — wo mir ſo viel genommen und auferlegt wurde, alle
Freuden genommen, Reiſe-, Garten-, Harmonie-, Arbeit- und Schreib-
freuden und innere, und ſo viel auferlegt von fremden Herreiſen in mein 10
Haus an bis zu deinem Wegreiſen aus ihm, hatt ich am 14ten Abends
durch Walter den erſten frohen Sonnenblick in eine verſchönerte
Zukunft, indem er mir den innern Feind meines Körpers — Walter
fand mich abgefallen und den Puls ⅓ ſchwächer als ſonſt 〈vor
½ Jahre〉 — aufdeckte, nämlich meine irrige Diät, indem ich bisher 15
⅔ Wein, Bier, Roſoli ſo wie Eſſen weniger genommen. In 4 Wochen,
ſagte er, würd ich an den Augen den Vortheil des ſtärkern Trinkens
finden. Seit einigen Wochen hab ich mehr Appetit; und jetzo vollends.
Ich erwarte ſeit dem 14ten eine viel ſchönere Zukunft, zumal in Rück-
ſicht meiner Melancholie; und es wird euch allen von mir Geplagten 20
wohlthun. — Ich fürchte, du wirſt zu wenig geſchont; wozu iſt denn
Minona da? Ich kann daher niemand grüßen. — Reiſen könnt’ ich
jetzo, ſogar bei ſchönſtem Wetter, ſchon wegen der Kur nicht, wozu ich
keinen Kapfer brauche. Emma iſt die trefflichſte Hausmutter — eine
beſſere als ſogar Odilie wird wegen ihrer Laune und wegen ihrer durch 25
unthätiges Liegen gewonnenen Schwerfälligkeit — bring ihr etwas
Beſonderes mit; ſo wünſcht ich für die gute Luise Welden von mir eine
Galanterie zu 1 fl. — Mit deiner Abreiſe warte und ſinne auf eine
bequeme Dresdner Gelegenheit; nur fleh ich dich an, bringe nach ſo
vielen Opfern von dir und mir, der Familie nicht noch auch Geldopfer, 30
wie ich aus der Ende Beſorgnis wegen ihrer Geſchenke vermuthe. Mir
bringe ein Beißzängelchen und eine 12 Zoll lange Säge und mehre
Arten Schreibpapier mit. Vergiß der Mauth wegen deinen Paß
nicht. Genieße für deine opfernden Tage wenigſtens frohe Stunden.
Für uns 3 Kerngeſunde ſorge nicht: Frau v. Ende und Reck grüße 35
recht. Beſuche ja abends die Terraſſe. Lebe wohl, wohl!
R.
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(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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