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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.

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möchte wol einmal sehen, wie dir das Alter stände. Und überhaupt möcht'
ich dich gern sehen, alter lieber Ahlefeldt, der du früher so manche Launen
von mir -- obgleich für dich gutgemeinte in der Sache der Grf. S. --
mit solcher Liebe ertragen. Schreibe mir ja recht viel von Ausgängen,
Liebhabereien und Freuden. Siehst du Matzdorf, an dessen früheren5
eigennützigen Misbrauch meiner merkantilischen Unwissenheit unter
Freundes Decke ich ungern denke? Es gehe dir wohl. Meine Frau grüßt
dich liebend.

Dein
alter etc.10
410. An Cotta.

Endlich nach einem ganzen Jahre hab' ich, mein guter Cotta, doch
wieder an Sie zu schreiben. Hier kommt ein Aufsatz für das Morgen-
blatt. Meine sonst so schwere Arbeit für einen, der das Neujahr mit15
anfangen hilft, nahm mir der Frühling ab. Vieweg in Braunschweig
wollte nämlich ein neues Taschenbuch heraus geben und beredete mich
zu einem Beitrage. Es wurde aber aus allem -- zu meiner Freude --
nichts als mein Beitrag. Diesen in vier Hauptstücke abgetheilten bitt'
ich Sie nun ins Morgenblatt zu lassen, und zwar so, daß die drei ersten20
Abtheilungen ins alte Jahr, die vierte oder letzte (über die Zeitlichkeit
des Lebens) an den Anfang des neuen komme. Der Ernst der letzten paßt
genauer dazu als die poetischen Hoffnungen, womit ich sonst immer
meine Neujahranfänge schloß.

Mit dem Freiexemplare des Abdrucks bitt' ich Sie zugleich den Betrag25
der kleinen Rechnung -- für den Aufsatz "die Vermählung der beiden
höchsten Mächte der Erde" und für diesen zweiten dießjährigen -- in
einer Anweisung nach Frankfurt nach unserer alten 16 Ld'or-Taxe
zu übermachen.

An meiner "Selina, oder über die Unsterblichkeit der Seele" arbeit'30
ich unausgesetzt, werde sie aber -- un[ge]achtet oder vielmehr wegen der
vielen Vorarbeiten -- schwerlich vor Michaelis durch Sie geben können;
und doch wird alles nicht viel über 1 Alphabet betragen.

Ist bei Ihnen des trefflichen Schuberts Astronomie noch nicht voll-
endet? Ich kann sie für mich und meine Töchter kaum erwarten.35

möchte wol einmal ſehen, wie dir das Alter ſtände. Und überhaupt möcht’
ich dich gern ſehen, alter lieber Ahlefeldt, der du früher ſo manche Launen
von mir — obgleich für dich gutgemeinte in der Sache der Grf. S. —
mit ſolcher Liebe ertragen. Schreibe mir ja recht viel von Ausgängen,
Liebhabereien und Freuden. Siehſt du Matzdorf, an deſſen früheren5
eigennützigen Misbrauch meiner merkantiliſchen Unwiſſenheit unter
Freundes Decke ich ungern denke? Es gehe dir wohl. Meine Frau grüßt
dich liebend.

Dein
alter ꝛc.10
410. An Cotta.

Endlich nach einem ganzen Jahre hab’ ich, mein guter Cotta, doch
wieder an Sie zu ſchreiben. Hier kommt ein Aufſatz für das Morgen-
blatt. Meine ſonſt ſo ſchwere Arbeit für einen, der das Neujahr mit15
anfangen hilft, nahm mir der Frühling ab. Vieweg in Braunſchweig
wollte nämlich ein neues Taſchenbuch heraus geben und beredete mich
zu einem Beitrage. Es wurde aber aus allem — zu meiner Freude —
nichts als mein Beitrag. Dieſen in vier Hauptſtücke abgetheilten bitt’
ich Sie nun ins Morgenblatt zu laſſen, und zwar ſo, daß die drei erſten20
Abtheilungen ins alte Jahr, die vierte oder letzte (über die Zeitlichkeit
des Lebens) an den Anfang des neuen komme. Der Ernſt der letzten paßt
genauer dazu als die poetiſchen Hoffnungen, womit ich ſonſt immer
meine Neujahranfänge ſchloß.

Mit dem Freiexemplare des Abdrucks bitt’ ich Sie zugleich den Betrag25
der kleinen Rechnung — für den Aufſatz „die Vermählung der beiden
höchſten Mächte der Erde“ und für dieſen zweiten dießjährigen — in
einer Anweiſung nach Frankfurt nach unſerer alten 16 Ld’or-Taxe
zu übermachen.

An meiner „Selina, oder über die Unſterblichkeit der Seele“ arbeit’30
ich unausgeſetzt, werde ſie aber — un[ge]achtet oder vielmehr wegen der
vielen Vorarbeiten — ſchwerlich vor Michaelis durch Sie geben können;
und doch wird alles nicht viel über 1 Alphabet betragen.

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endet? Ich kann ſie für mich und meine Töchter kaum erwarten.35

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[246/0255] möchte wol einmal ſehen, wie dir das Alter ſtände. Und überhaupt möcht’ ich dich gern ſehen, alter lieber Ahlefeldt, der du früher ſo manche Launen von mir — obgleich für dich gutgemeinte in der Sache der Grf. S. — mit ſolcher Liebe ertragen. Schreibe mir ja recht viel von Ausgängen, Liebhabereien und Freuden. Siehſt du Matzdorf, an deſſen früheren 5 eigennützigen Misbrauch meiner merkantiliſchen Unwiſſenheit unter Freundes Decke ich ungern denke? Es gehe dir wohl. Meine Frau grüßt dich liebend. Dein alter ꝛc. 10 410. An Cotta. Baireut d. 12. Dec. 1823 Endlich nach einem ganzen Jahre hab’ ich, mein guter Cotta, doch wieder an Sie zu ſchreiben. Hier kommt ein Aufſatz für das Morgen- blatt. Meine ſonſt ſo ſchwere Arbeit für einen, der das Neujahr mit 15 anfangen hilft, nahm mir der Frühling ab. Vieweg in Braunſchweig wollte nämlich ein neues Taſchenbuch heraus geben und beredete mich zu einem Beitrage. Es wurde aber aus allem — zu meiner Freude — nichts als mein Beitrag. Dieſen in vier Hauptſtücke abgetheilten bitt’ ich Sie nun ins Morgenblatt zu laſſen, und zwar ſo, daß die drei erſten 20 Abtheilungen ins alte Jahr, die vierte oder letzte (über die Zeitlichkeit des Lebens) an den Anfang des neuen komme. Der Ernſt der letzten paßt genauer dazu als die poetiſchen Hoffnungen, womit ich ſonſt immer meine Neujahranfänge ſchloß. Mit dem Freiexemplare des Abdrucks bitt’ ich Sie zugleich den Betrag 25 der kleinen Rechnung — für den Aufſatz „die Vermählung der beiden höchſten Mächte der Erde“ und für dieſen zweiten dießjährigen — in einer Anweiſung nach Frankfurt nach unſerer alten 16 Ld’or-Taxe zu übermachen. An meiner „Selina, oder über die Unſterblichkeit der Seele“ arbeit’ 30 ich unausgeſetzt, werde ſie aber — un[ge]achtet oder vielmehr wegen der vielen Vorarbeiten — ſchwerlich vor Michaelis durch Sie geben können; und doch wird alles nicht viel über 1 Alphabet betragen. Iſt bei Ihnen des trefflichen Schuberts Aſtronomie noch nicht voll- endet? Ich kann ſie für mich und meine Töchter kaum erwarten. 35

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:22:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:22:18Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/255>, abgerufen am 03.05.2024.