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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.

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N. S. Vor den -- im Taschenbuche ziemlich reichlichen -- Druck-
fehlern bewahre doch ein rechter Korrektor den beiliegenden Aufsatz,
worin ein kleiner Fehler großes Misverständnis ausbreiten würde. Ein
Exemplar des Abdrucks bitt' ich Sie mir gelegentlich zu übermachen.

235. An Wilhelmine von Löbel in Weimar.5
[Kopie]

Mein Zögern wird Sie von meiner Antwort mehr erwarten lassen
als sie geben kann. Meine Geschäfte -- die Kürze meiner Zeit verbunden
mit der der Tage -- und der lähmende Verlust etc. etc. <Max> verschieben
und verringern und vernichten was man Briefwechsel nennt. Am10
wenigsten würd' ich bei dem Misverhältnis zwischen meinen Jahren und
meinen Schreibplanen, Zeit und Kraft zu einem Briefwechsel gewinnen,
den Sie wünschen und welchen ich noch mit niemand geführt, weil
monatelanges mündliches Aussprechen sich schwer durch briefliches
ersetzen läßt... Leben Sie froh mit Ihren menschenbeglückenden Ver-15
diensten.

236. An Heinrich Voß in Heidelberg.

Mein geliebter Heinrich! Wie oft wirst du mich seit einem Viertel-
jahre angeklagt -- und entschuldigt -- und wieder angeklagt haben und20
doch wol zuletzt entschuldigt, mich armen Teufel! Ach, ich konnte nicht
anders. Du kannst denken, wie ich gegen alle schweige, da ich gegen dich
schwieg, sogar auf Kosten meiner größten Postfreude, nämlich der
wöchentlichen über deine Blättchen.

25

Gerade heute kam dein erquickendes Blatt. Mein Schweigen ent-
stand aus einer Arbeit für das Morgenblatt*), auf deren Vollendung
alle Briefe warten mußten -- aus dem Hoffen auf den 22ten November
d. h. auf den Nachschein meines Verklärten -- und aus -- -- --
Schmerz. Ich habe keinen Abschnitt sondern einen Durchschnitt meines30
Daseins erlebt und Freude wird mir nun schwer, ausgenommen die

*) Eine allegorische Darstellung der Luth[eraner] und Katholiken, oder viel-
mehr der Lichtfreunde und Lichtfeinde.
10*

N. S. Vor den — im Taſchenbuche ziemlich reichlichen — Druck-
fehlern bewahre doch ein rechter Korrektor den beiliegenden Aufſatz,
worin ein kleiner Fehler großes Misverſtändnis ausbreiten würde. Ein
Exemplar des Abdrucks bitt’ ich Sie mir gelegentlich zu übermachen.

235. An Wilhelmine von Löbel in Weimar.5
[Kopie]

Mein Zögern wird Sie von meiner Antwort mehr erwarten laſſen
als ſie geben kann. Meine Geſchäfte — die Kürze meiner Zeit verbunden
mit der der Tage — und der lähmende Verluſt ꝛc. ꝛc. <Max> verſchieben
und verringern und vernichten was man Briefwechſel nennt. Am10
wenigſten würd’ ich bei dem Misverhältnis zwiſchen meinen Jahren und
meinen Schreibplanen, Zeit und Kraft zu einem Briefwechſel gewinnen,
den Sie wünſchen und welchen ich noch mit niemand geführt, weil
monatelanges mündliches Ausſprechen ſich ſchwer durch briefliches
erſetzen läßt... Leben Sie froh mit Ihren menſchenbeglückenden Ver-15
dienſten.

236. An Heinrich Voß in Heidelberg.

Mein geliebter Heinrich! Wie oft wirſt du mich ſeit einem Viertel-
jahre angeklagt — und entſchuldigt — und wieder angeklagt haben und20
doch wol zuletzt entſchuldigt, mich armen Teufel! Ach, ich konnte nicht
anders. Du kannſt denken, wie ich gegen alle ſchweige, da ich gegen dich
ſchwieg, ſogar auf Koſten meiner größten Poſtfreude, nämlich der
wöchentlichen über deine Blättchen.

25

Gerade heute kam dein erquickendes Blatt. Mein Schweigen ent-
ſtand aus einer Arbeit für das Morgenblatt*), auf deren Vollendung
alle Briefe warten mußten — aus dem Hoffen auf den 22ten November
d. h. auf den Nachſchein meines Verklärten — und aus — — —
Schmerz. Ich habe keinen Abſchnitt ſondern einen Durchſchnitt meines30
Daſeins erlebt und Freude wird mir nun ſchwer, ausgenommen die

*) Eine allegoriſche Darſtellung der Luth[eraner] und Katholiken, oder viel-
mehr der Lichtfreunde und Lichtfeinde.
10*
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[147/0154] N. S. Vor den — im Taſchenbuche ziemlich reichlichen — Druck- fehlern bewahre doch ein rechter Korrektor den beiliegenden Aufſatz, worin ein kleiner Fehler großes Misverſtändnis ausbreiten würde. Ein Exemplar des Abdrucks bitt’ ich Sie mir gelegentlich zu übermachen. 235. An Wilhelmine von Löbel in Weimar. 5 [Bayreuth, 22. Dez. 1821] Mein Zögern wird Sie von meiner Antwort mehr erwarten laſſen als ſie geben kann. Meine Geſchäfte — die Kürze meiner Zeit verbunden mit der der Tage — und der lähmende Verluſt ꝛc. ꝛc. <Max> verſchieben und verringern und vernichten was man Briefwechſel nennt. Am 10 wenigſten würd’ ich bei dem Misverhältnis zwiſchen meinen Jahren und meinen Schreibplanen, Zeit und Kraft zu einem Briefwechſel gewinnen, den Sie wünſchen und welchen ich noch mit niemand geführt, weil monatelanges mündliches Ausſprechen ſich ſchwer durch briefliches erſetzen läßt... Leben Sie froh mit Ihren menſchenbeglückenden Ver- 15 dienſten. 236. An Heinrich Voß in Heidelberg. Baireut d. 22ten Dec. 1821 Mein geliebter Heinrich! Wie oft wirſt du mich ſeit einem Viertel- jahre angeklagt — und entſchuldigt — und wieder angeklagt haben und 20 doch wol zuletzt entſchuldigt, mich armen Teufel! Ach, ich konnte nicht anders. Du kannſt denken, wie ich gegen alle ſchweige, da ich gegen dich ſchwieg, ſogar auf Koſten meiner größten Poſtfreude, nämlich der wöchentlichen über deine Blättchen. d. 23ten 25 Gerade heute kam dein erquickendes Blatt. Mein Schweigen ent- ſtand aus einer Arbeit für das Morgenblatt *), auf deren Vollendung alle Briefe warten mußten — aus dem Hoffen auf den 22ten November d. h. auf den Nachſchein meines Verklärten — und aus — — — Schmerz. Ich habe keinen Abſchnitt ſondern einen Durchſchnitt meines 30 Daſeins erlebt und Freude wird mir nun ſchwer, ausgenommen die *) Eine allegoriſche Darſtellung der Luth[eraner] und Katholiken, oder viel- mehr der Lichtfreunde und Lichtfeinde. 10*

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:22:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:22:18Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/154>, abgerufen am 02.05.2024.