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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.

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Manuskripte nur den Werth des Abschreibens. Je größer du einen vor-
lügst, desto mehr Porto. -- Aus diesem Briefe theile nur vorlesend mit.
-- An Otto hab ich noch nicht geschrieben; wir sind nicht mehr die
Alten; ein hartes Wort! -- Übrigens, mein theuerster Sohn, glaube ja
nicht, weil ich manches Rügewort habe sagen müssen, daß meine Liebe5
gegen dich nicht im Wachsen ist, da ja dein Herz und deine Kraft und
dein Lernen noch immer auch darin sich befinden. Habe nur recht heitere
Stunden in der Zeit die allein die schönste des Lebens ist. Grüße Voß
und seine Lieben -- den sanften Creuzer -- Daub -- Paulus -- und
Sophie Dapping und die Thiedemannschen.10

Dein treuer Vater
Richter

Sage Henne übrigens, daß ich mich recht auf seine persönliche Er-
scheinung im Herbste freue. -- Zu schreiben hab' ich ihm vergessen, daß
ich die alten Gedichte aus Mangel an Zeit, an Lust, an Wörterkenntnis15
etc. nicht durchstudieren können.

198. An Emanuel.

Guten Abend, mein Emanuel! Ich hungere und dürste und seufze
in Einem fort nach Lichtenbergs erster Lieferung. Oder soll ich meine20
Bitte bei W. selber übernehmen? -- Oder könnten Sie nicht, wenn dieser
etwa das Heft verliehen, sie bei Krause anbringen? -- Es ist fatal mit
mir, wenn es Bücher betrifft.

199. An Georg Reimer in Berlin.
[Kopie]25

(Ich erlaube ihm statt 1000 Exempl. 1250 zu drucken --) Ich setzte
voraus, daß Sie den Druck schon hätten bei der Gewißheit anfangen
lassen, wie wir beide ja Metalle sind, die sich leicht einander schmelzen
und saturieren. -- Übrigens ... das stoßweise Bessern außerhalb des
Zusammenhangs, das keine Flammen des steigenden Enthusiasmus30
erlaubt und welches für jedes Wort eine neue Anspannung fodert, wird
mir eine sauere Arbeit und das freie Erschaffen ist dagegen Festzeit.

Manuſkripte nur den Werth des Abſchreibens. Je größer du einen vor-
lügſt, deſto mehr Porto. — Aus dieſem Briefe theile nur vorleſend mit.
— An Otto hab ich noch nicht geſchrieben; wir ſind nicht mehr die
Alten; ein hartes Wort! — Übrigens, mein theuerſter Sohn, glaube ja
nicht, weil ich manches Rügewort habe ſagen müſſen, daß meine Liebe5
gegen dich nicht im Wachſen iſt, da ja dein Herz und deine Kraft und
dein Lernen noch immer auch darin ſich befinden. Habe nur recht heitere
Stunden in der Zeit die allein die ſchönſte des Lebens iſt. Grüße Voß
und ſeine Lieben — den ſanften Creuzer — Daub — Paulus — und
Sophie Dapping und die Thiedemannschen.10

Dein treuer Vater
Richter

Sage Henne übrigens, daß ich mich recht auf ſeine perſönliche Er-
ſcheinung im Herbſte freue. — Zu ſchreiben hab’ ich ihm vergeſſen, daß
ich die alten Gedichte aus Mangel an Zeit, an Luſt, an Wörterkenntnis15
ꝛc. nicht durchſtudieren können.

198. An Emanuel.

Guten Abend, mein Emanuel! Ich hungere und dürſte und ſeufze
in Einem fort nach Lichtenbergs erſter Lieferung. Oder ſoll ich meine20
Bitte bei W. ſelber übernehmen? — Oder könnten Sie nicht, wenn dieſer
etwa das Heft verliehen, ſie bei Krause anbringen? — Es iſt fatal mit
mir, wenn es Bücher betrifft.

199. An Georg Reimer in Berlin.
[Kopie]25

(Ich erlaube ihm ſtatt 1000 Exempl. 1250 zu drucken —) Ich ſetzte
voraus, daß Sie den Druck ſchon hätten bei der Gewißheit anfangen
laſſen, wie wir beide ja Metalle ſind, die ſich leicht einander ſchmelzen
und ſaturieren. — Übrigens ... das ſtoßweiſe Beſſern außerhalb des
Zuſammenhangs, das keine Flammen des ſteigenden Enthuſiaſmus30
erlaubt und welches für jedes Wort eine neue Anſpannung fodert, wird
mir eine ſauere Arbeit und das freie Erſchaffen iſt dagegen Feſtzeit.

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[128/0134] Manuſkripte nur den Werth des Abſchreibens. Je größer du einen vor- lügſt, deſto mehr Porto. — Aus dieſem Briefe theile nur vorleſend mit. — An Otto hab ich noch nicht geſchrieben; wir ſind nicht mehr die Alten; ein hartes Wort! — Übrigens, mein theuerſter Sohn, glaube ja nicht, weil ich manches Rügewort habe ſagen müſſen, daß meine Liebe 5 gegen dich nicht im Wachſen iſt, da ja dein Herz und deine Kraft und dein Lernen noch immer auch darin ſich befinden. Habe nur recht heitere Stunden in der Zeit die allein die ſchönſte des Lebens iſt. Grüße Voß und ſeine Lieben — den ſanften Creuzer — Daub — Paulus — und Sophie Dapping und die Thiedemannschen. 10 Dein treuer Vater Richter Sage Henne übrigens, daß ich mich recht auf ſeine perſönliche Er- ſcheinung im Herbſte freue. — Zu ſchreiben hab’ ich ihm vergeſſen, daß ich die alten Gedichte aus Mangel an Zeit, an Luſt, an Wörterkenntnis 15 ꝛc. nicht durchſtudieren können. 198. An Emanuel. [Bayreuth, 17. Juli 1821] Guten Abend, mein Emanuel! Ich hungere und dürſte und ſeufze in Einem fort nach Lichtenbergs erſter Lieferung. Oder ſoll ich meine 20 Bitte bei W. ſelber übernehmen? — Oder könnten Sie nicht, wenn dieſer etwa das Heft verliehen, ſie bei Krause anbringen? — Es iſt fatal mit mir, wenn es Bücher betrifft. 199. An Georg Reimer in Berlin. [Bayreuth, 28. Juli 1821] 25 (Ich erlaube ihm ſtatt 1000 Exempl. 1250 zu drucken —) Ich ſetzte voraus, daß Sie den Druck ſchon hätten bei der Gewißheit anfangen laſſen, wie wir beide ja Metalle ſind, die ſich leicht einander ſchmelzen und ſaturieren. — Übrigens ... das ſtoßweiſe Beſſern außerhalb des Zuſammenhangs, das keine Flammen des ſteigenden Enthuſiaſmus 30 erlaubt und welches für jedes Wort eine neue Anſpannung fodert, wird mir eine ſauere Arbeit und das freie Erſchaffen iſt dagegen Feſtzeit.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:22:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:22:18Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/134>, abgerufen am 03.05.2024.