Guten Morgen, mein Emanuel! Ihr Brief an Krause verdient durch Sprache und Sachen den Druck, für welchen Sie überhaupt ein- mal nach meinem so alten Wunsche zu arbeiten Zeit gewinnen sollten.5 Ihr Korrespondent Krause und wol die meisten männlichen können leider Ihren witzig-kurzen Stil nicht erwiedern. -- Gegen O[tto] hat Kr. Recht zweimal für mich: ist O. der wahre Freund meines Gegners, von dessen moralischem Werthe er mir nie sehr lobend sprach, desto schlimmer für mich und für sein langes Schweigen. Ist er10 nur der vorgebliche, so darf sich K. wieder beklagen. -- In Ihren offiziellen Antworten sprechen Sie das Beste leicht und bestimmt, aber für Münchner Köpfe gewiß zu kurz aus. Ich fürchte nur (schon wegen der Zwei), daß Sie, da niemand Sie ersetzen kann, zuletzt ohne Frage angenommen werden; was auch schon bei allem Langgehen das Weiter-15 schreiten verspricht -- Und dann sitz' ich in meinem Bauer auf dem -- Boden.
190. An Emanuel.
[Bayreuth, 26. Juni 1821]
Guten Abend, mein alter Emanuel! Da Sie Vorreden gern lesen:20 so haben Sie hier diese zur unsichtbaren Loge oder den Mumien, die morgen abends nach Berlin abfährt. Die verbessernden Zusätze zur Loge konnt' ich Ihnen, ohne Zumuthung der Lesung des ganzen Buchs, nicht schicken. -- Morgen wird ein schöner Tag.
191. An Emanuel.25
[Bayreuth, 27. Juni 1821]
Besten Morgen, mein geliebter Emanuel! Am heutigen Sieben- schläfertag hab' ich wachend den schönsten Traum. -- Mir wird mein Emanuel wieder geboren jedes mal, wenn ich ihn sehe. Hab' er doch an jedem Tage sein Wiegenfest, das ihn sanft bewege wie es die Mutter30 mit dem Kinde thut! -- Aber das schönste geb' ich Ihnen durch Ihr Kinderzwei, wenn dieses sich an dem Vögelchen durch Geben und Aetzen (wie der Vater sich an andern) erfreuet, das ich selber zu dieser
189. An Emanuel.
[Bayreuth, 23. Juni 1821]
Guten Morgen, mein Emanuel! Ihr Brief an Krause verdient durch Sprache und Sachen den Druck, für welchen Sie überhaupt ein- mal nach meinem ſo alten Wunſche zu arbeiten Zeit gewinnen ſollten.5 Ihr Korreſpondent Krause und wol die meiſten männlichen können leider Ihren witzig-kurzen Stil nicht erwiedern. — Gegen O[tto] hat Kr. Recht zweimal für mich: iſt O. der wahre Freund meines Gegners, von deſſen moraliſchem Werthe er mir nie ſehr lobend ſprach, deſto ſchlimmer für mich und für ſein langes Schweigen. Iſt er10 nur der vorgebliche, ſo darf ſich K. wieder beklagen. — In Ihren offiziellen Antworten ſprechen Sie das Beſte leicht und beſtimmt, aber für Münchner Köpfe gewiß zu kurz aus. Ich fürchte nur (ſchon wegen der Zwei), daß Sie, da niemand Sie erſetzen kann, zuletzt ohne Frage angenommen werden; was auch ſchon bei allem Langgehen das Weiter-15 ſchreiten verſpricht — Und dann ſitz’ ich in meinem Bauer auf dem — Boden.
190. An Emanuel.
[Bayreuth, 26. Juni 1821]
Guten Abend, mein alter Emanuel! Da Sie Vorreden gern leſen:20 ſo haben Sie hier dieſe zur unſichtbaren Loge oder den Mumien, die morgen abends nach Berlin abfährt. Die verbeſſernden Zuſätze zur Loge konnt’ ich Ihnen, ohne Zumuthung der Leſung des ganzen Buchs, nicht ſchicken. — Morgen wird ein ſchöner Tag.
191. An Emanuel.25
[Bayreuth, 27. Juni 1821]
Beſten Morgen, mein geliebter Emanuel! Am heutigen Sieben- ſchläfertag hab’ ich wachend den ſchönſten Traum. — Mir wird mein Emanuel wieder geboren jedes mal, wenn ich ihn ſehe. Hab’ er doch an jedem Tage ſein Wiegenfeſt, das ihn ſanft bewege wie es die Mutter30 mit dem Kinde thut! — Aber das ſchönſte geb’ ich Ihnen durch Ihr Kinderzwei, wenn dieſes ſich an dem Vögelchen durch Geben und Aetzen (wie der Vater ſich an andern) erfreuet, das ich ſelber zu dieſer
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189. An Emanuel.
[Bayreuth, 23. Juni 1821]
Guten Morgen, mein Emanuel! Ihr Brief an Krause verdient
durch Sprache und Sachen den Druck, für welchen Sie überhaupt ein-
mal nach meinem ſo alten Wunſche zu arbeiten Zeit gewinnen ſollten. 5
Ihr Korreſpondent Krause und wol die meiſten männlichen können
leider Ihren witzig-kurzen Stil nicht erwiedern. — Gegen O[tto] hat
Kr. Recht zweimal für mich: iſt O. der wahre Freund meines
Gegners, von deſſen moraliſchem Werthe er mir nie ſehr lobend
ſprach, deſto ſchlimmer für mich und für ſein langes Schweigen. Iſt er 10
nur der vorgebliche, ſo darf ſich K. wieder beklagen. — In Ihren
offiziellen Antworten ſprechen Sie das Beſte leicht und beſtimmt, aber
für Münchner Köpfe gewiß zu kurz aus. Ich fürchte nur (ſchon wegen
der Zwei), daß Sie, da niemand Sie erſetzen kann, zuletzt ohne Frage
angenommen werden; was auch ſchon bei allem Langgehen das Weiter- 15
ſchreiten verſpricht — Und dann ſitz’ ich in meinem Bauer auf dem —
Boden.
190. An Emanuel.
[Bayreuth, 26. Juni 1821]
Guten Abend, mein alter Emanuel! Da Sie Vorreden gern leſen: 20
ſo haben Sie hier dieſe zur unſichtbaren Loge oder den Mumien, die
morgen abends nach Berlin abfährt. Die verbeſſernden Zuſätze zur
Loge konnt’ ich Ihnen, ohne Zumuthung der Leſung des ganzen Buchs,
nicht ſchicken. — Morgen wird ein ſchöner Tag.
191. An Emanuel. 25
[Bayreuth, 27. Juni 1821]
Beſten Morgen, mein geliebter Emanuel! Am heutigen Sieben-
ſchläfertag hab’ ich wachend den ſchönſten Traum. — Mir wird mein
Emanuel wieder geboren jedes mal, wenn ich ihn ſehe. Hab’ er doch
an jedem Tage ſein Wiegenfeſt, das ihn ſanft bewege wie es die Mutter 30
mit dem Kinde thut! — Aber das ſchönſte geb’ ich Ihnen durch Ihr
Kinderzwei, wenn dieſes ſich an dem Vögelchen durch Geben und
Aetzen (wie der Vater ſich an andern) erfreuet, das ich ſelber zu dieſer
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/127>, abgerufen am 16.02.2025.
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