aber Ihre ganze Schalkhaftigkeit. Das sämmtliche Haus findet es ähnlich; nur Odilie (die immer gesünder wird) will an dem Munde vermissen. Das Gesicht des Malers verspricht, daß er jedes andere trifft.
Eben bittet meine Frau, Sie möchten doch zur Vergleichung das5 Mißbild auf einen Augenblick ablassen.
65. An Emanuel.
[Bayreuth, 18. Juni 1815]
C[aroline] schauderte ordentlich zurück vor der zerfloßnen Un- gestalt. Er greift bei Ihnen, wie bei mir, gleich Raubvögeln die10 Augen an; ordentlich lebendig zerfaulen und zerfließen läßt er das Gesicht. Ich weiß daher nicht, ob Sie meines in die Schweiz schicken sollen.
[Von Karolinens Hand:]
Wenn man sich in Sie verlieben soll, so muß man beide Gemälde sehen, weil einem das ähnliche liebenswürdige Ge-15 sicht ordentlich zum Mitleid bewegt, daß es zu einer solchen Verunstal- tung gemisbraucht wurde. Also thun Sie sehr wohl es nicht zu zeigen, weil Sie sonst das ganze weibliche Geschlecht unglücklich machen, denn nur Eine kann Sie besitzen.
66. An Emanuel.20
[Bayreuth, 20. Juni 1815]
Guten Morgen, lieber Emanuel! Der Malers Brief ist freilich gemein; aber Ihre zarte Empfindlichkeit für Recht und Ehre wird immer so beleidigt werden, weil die wenigsten eine solche ahnen und wirklich auch bei den meisten nicht voraus zu setzen brauchen. Der25 Jüdin Brief ist etwas dumm und unnütz. Vom Schatze aber, dessen Stelle Sie nicht zu finden schreiben, besitzen Sie schon 2/3 selber in Ihre[n] eignen Kräften; Sie brauchen nur noch das dritte Drittel zu suchen.30
67. An Emanuel.
[Bayreuth, 24. Juni 1815]
Guten Morgen, mein Emanuel! Eine fast schmerzhafte Empfin- dung unserer allgemeinen Flucht über die Erde geben mir solche Briefe an Vermeintlich-Lebende, worin noch dazu diesen Dahin-
aber Ihre ganze Schalkhaftigkeit. Das ſämmtliche Haus findet es ähnlich; nur Odilie (die immer geſünder wird) will an dem Munde vermiſſen. Das Geſicht des Malers verſpricht, daß er jedes andere trifft.
Eben bittet meine Frau, Sie möchten doch zur Vergleichung das5 Mißbild auf einen Augenblick ablaſſen.
65. An Emanuel.
[Bayreuth, 18. Juni 1815]
C[aroline] ſchauderte ordentlich zurück vor der zerfloßnen Un- geſtalt. Er greift bei Ihnen, wie bei mir, gleich Raubvögeln die10 Augen an; ordentlich lebendig zerfaulen und zerfließen läßt er das Geſicht. Ich weiß daher nicht, ob Sie meines in die Schweiz ſchicken ſollen.
[Von Karolinens Hand:]
Wenn man ſich in Sie verlieben ſoll, ſo muß man beide Gemälde ſehen, weil einem das ähnliche liebenswürdige Ge-15 ſicht ordentlich zum Mitleid bewegt, daß es zu einer ſolchen Verunſtal- tung gemisbraucht wurde. Alſo thun Sie ſehr wohl es nicht zu zeigen, weil Sie ſonſt das ganze weibliche Geſchlecht unglücklich machen, denn nur Eine kann Sie beſitzen.
66. An Emanuel.20
[Bayreuth, 20. Juni 1815]
Guten Morgen, lieber Emanuel! Der Malers Brief iſt freilich gemein; aber Ihre zarte Empfindlichkeit für Recht und Ehre wird immer ſo beleidigt werden, weil die wenigſten eine ſolche ahnen und wirklich auch bei den meiſten nicht voraus zu ſetzen brauchen. Der25 Jüdin Brief iſt etwas dumm und unnütz. Vom Schatze aber, deſſen Stelle Sie nicht zu finden ſchreiben, beſitzen Sie ſchon 2/3 ſelber in Ihre[n] eignen Kräften; Sie brauchen nur noch das dritte Drittel zu ſuchen.30
67. An Emanuel.
[Bayreuth, 24. Juni 1815]
Guten Morgen, mein Emanuel! Eine faſt ſchmerzhafte Empfin- dung unſerer allgemeinen Flucht über die Erde geben mir ſolche Briefe an Vermeintlich-Lebende, worin noch dazu dieſen Dahin-
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aber Ihre ganze Schalkhaftigkeit. Das ſämmtliche Haus findet es
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vermiſſen. Das Geſicht des Malers verſpricht, daß er jedes andere
trifft.
Eben bittet meine Frau, Sie möchten doch zur Vergleichung das 5
Mißbild auf einen Augenblick ablaſſen.
65. An Emanuel.
[Bayreuth, 18. Juni 1815]
C[aroline] ſchauderte ordentlich zurück vor der zerfloßnen Un-
geſtalt. Er greift bei Ihnen, wie bei mir, gleich Raubvögeln die 10
Augen an; ordentlich lebendig zerfaulen und zerfließen läßt er das
Geſicht. Ich weiß daher nicht, ob Sie meines in die Schweiz
ſchicken ſollen.
Wenn man ſich in Sie verlieben ſoll, ſo muß
man beide Gemälde ſehen, weil einem das ähnliche liebenswürdige Ge- 15
ſicht ordentlich zum Mitleid bewegt, daß es zu einer ſolchen Verunſtal-
tung gemisbraucht wurde. Alſo thun Sie ſehr wohl es nicht zu zeigen,
weil Sie ſonſt das ganze weibliche Geſchlecht unglücklich machen, denn nur
Eine kann Sie beſitzen.
66. An Emanuel. 20
[Bayreuth, 20. Juni 1815]
Guten Morgen, lieber Emanuel! Der Malers Brief iſt freilich
gemein; aber Ihre zarte Empfindlichkeit für Recht und Ehre wird
immer ſo beleidigt werden, weil die wenigſten eine ſolche ahnen und
wirklich auch bei den meiſten nicht voraus zu ſetzen brauchen. Der 25
Jüdin Brief iſt etwas dumm und unnütz. Vom Schatze aber, deſſen
Stelle Sie nicht zu finden ſchreiben, beſitzen Sie ſchon 2/3 ſelber in
Ihre[n] eignen Kräften; Sie brauchen nur noch das dritte Drittel
zu ſuchen. 30
67. An Emanuel.
[Bayreuth, 24. Juni 1815]
Guten Morgen, mein Emanuel! Eine faſt ſchmerzhafte Empfin-
dung unſerer allgemeinen Flucht über die Erde geben mir ſolche
Briefe an Vermeintlich-Lebende, worin noch dazu dieſen Dahin-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/30>, abgerufen am 22.07.2024.
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