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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954.

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548. An Gräfin Chassepot in Löbichau.

-- Und hier ist meine Hand, aber leider nur die, die ich schreibe,
nicht die andere, womit ich die Ihrige drücken würde für Ihren so
schönen Brief. Meine Reise nach Stuttgart ließ mich so lange5
schweigen. Und diese lange nimmt mir auch die kurze zu Ihrer ge-
liebten und verehrten Herzogin. Wenn ein Autor so viele Freuden
genossen: so muß er nicht größere suchen, sondern erst die vorigen
durch Fleis verdienen. Aber wär' es denn ganz unmöglich, daß ein
Zugparadiesvogel -- wenn der kühne Ausdruck erlaubt ist -- auf10
seinem Fluge nach Paris sich für einige Tage in Baireut niedersenkte?
Werden die Freundinnen Ihrer Herzogin denn ein Paar seelige
Tage für einen dürftigen Autor nicht entbehren können, der in
Baireut -- die Gegend ausgenommen -- wenig Zauberisches findet
und dem sogar in Stuttgart mehr die Erde als der Himmel, welcher15
ihm überall seine Wolkenmauern entgegenstellte, günstig gewesen? --

Herzlich würd' ich mich freuen, wenn ich ein Paar Tage lang Zeit
bekäme, Ihnen für Ihre Güte zu danken.

Meine Frau und ich bitten Sie, die Frau Herzogin unserer innig-
sten Verehrung zu versichern. Die Frau v. Ende, die nun bei Ihnen20
sein wird, grüßen wir herzlich; ihr geht es, wie sich gehört, sie wird
täglich gesünder und froher.

Leben Sie wol und machen Sie, daß ich auch wol lebe durch Ihre
Antwort.25

Ihr
ergebenster
Jean Paul Fr. Richter
549. An Emanuel.
30

Guten Morgen, mein guter Emanuel! Die beiliegenden Blättchen
hatte Otto noch nicht. Im Schattenriß steht mein Ponto schwarz;
-- und möglich, daß er schon bei den Schatten ist; denn gestern abends
verlor ich ihn -- vielleicht durch den Keulenschlag.

Mein Schwiegervater ist gestern gesünder als ich hoffte, ange-

548. An Gräfin Chaſſepot in Löbichau.

— Und hier iſt meine Hand, aber leider nur die, die ich ſchreibe,
nicht die andere, womit ich die Ihrige drücken würde für Ihren ſo
ſchönen Brief. Meine Reiſe nach Stuttgart ließ mich ſo lange5
ſchweigen. Und dieſe lange nimmt mir auch die kurze zu Ihrer ge-
liebten und verehrten Herzogin. Wenn ein Autor ſo viele Freuden
genoſſen: ſo muß er nicht größere ſuchen, ſondern erſt die vorigen
durch Fleis verdienen. Aber wär’ es denn ganz unmöglich, daß ein
Zugparadiesvogel — wenn der kühne Ausdruck erlaubt iſt — auf10
ſeinem Fluge nach Paris ſich für einige Tage in Baireut niederſenkte?
Werden die Freundinnen Ihrer Herzogin denn ein Paar ſeelige
Tage für einen dürftigen Autor nicht entbehren können, der in
Baireut — die Gegend ausgenommen — wenig Zauberiſches findet
und dem ſogar in Stuttgart mehr die Erde als der Himmel, welcher15
ihm überall ſeine Wolkenmauern entgegenſtellte, günſtig geweſen? —

Herzlich würd’ ich mich freuen, wenn ich ein Paar Tage lang Zeit
bekäme, Ihnen für Ihre Güte zu danken.

Meine Frau und ich bitten Sie, die Frau Herzogin unſerer innig-
ſten Verehrung zu verſichern. Die Frau v. Ende, die nun bei Ihnen20
ſein wird, grüßen wir herzlich; ihr geht es, wie ſich gehört, ſie wird
täglich geſünder und froher.

Leben Sie wol und machen Sie, daß ich auch wol lebe durch Ihre
Antwort.25

Ihr
ergebenſter
Jean Paul Fr. Richter
549. An Emanuel.
30

Guten Morgen, mein guter Emanuel! Die beiliegenden Blättchen
hatte Otto noch nicht. Im Schattenriß ſteht mein Ponto ſchwarz;
— und möglich, daß er ſchon bei den Schatten iſt; denn geſtern abends
verlor ich ihn — vielleicht durch den Keulenſchlag.

Mein Schwiegervater iſt geſtern geſünder als ich hoffte, ange-

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[285/0293] 548. An Gräfin Chaſſepot in Löbichau. Baireut d. 22. Jul. 1819 — Und hier iſt meine Hand, aber leider nur die, die ich ſchreibe, nicht die andere, womit ich die Ihrige drücken würde für Ihren ſo ſchönen Brief. Meine Reiſe nach Stuttgart ließ mich ſo lange 5 ſchweigen. Und dieſe lange nimmt mir auch die kurze zu Ihrer ge- liebten und verehrten Herzogin. Wenn ein Autor ſo viele Freuden genoſſen: ſo muß er nicht größere ſuchen, ſondern erſt die vorigen durch Fleis verdienen. Aber wär’ es denn ganz unmöglich, daß ein Zugparadiesvogel — wenn der kühne Ausdruck erlaubt iſt — auf 10 ſeinem Fluge nach Paris ſich für einige Tage in Baireut niederſenkte? Werden die Freundinnen Ihrer Herzogin denn ein Paar ſeelige Tage für einen dürftigen Autor nicht entbehren können, der in Baireut — die Gegend ausgenommen — wenig Zauberiſches findet und dem ſogar in Stuttgart mehr die Erde als der Himmel, welcher 15 ihm überall ſeine Wolkenmauern entgegenſtellte, günſtig geweſen? — Herzlich würd’ ich mich freuen, wenn ich ein Paar Tage lang Zeit bekäme, Ihnen für Ihre Güte zu danken. Meine Frau und ich bitten Sie, die Frau Herzogin unſerer innig- ſten Verehrung zu verſichern. Die Frau v. Ende, die nun bei Ihnen 20 ſein wird, grüßen wir herzlich; ihr geht es, wie ſich gehört, ſie wird täglich geſünder und froher. Leben Sie wol und machen Sie, daß ich auch wol lebe durch Ihre Antwort. 25 Ihr ergebenſter Jean Paul Fr. Richter 549. An Emanuel. [Bayreuth, 24. Juli 1819] 30 Guten Morgen, mein guter Emanuel! Die beiliegenden Blättchen hatte Otto noch nicht. Im Schattenriß ſteht mein Ponto ſchwarz; — und möglich, daß er ſchon bei den Schatten iſt; denn geſtern abends verlor ich ihn — vielleicht durch den Keulenſchlag. Mein Schwiegervater iſt geſtern geſünder als ich hoffte, ange-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:19:52Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:19:52Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/293>, abgerufen am 11.05.2024.