Aus Sehnsucht nach Ihnen schick' ich Ihnen ein Pack Briefe und meinen neuesten Siebenkäs. Ich hatte mir Ihre Entfernung5 von hier viel schöner und öfter unterbrochen gedacht. Meine Baireuter Einsamkeit wächst denn so jährlich. -- Gebe Sie uns doch der Herbst, und nicht erst der Winter wieder. -- In diesem Jahre hat das Wetter einen solchen Gang nach Regeln genommen, daß ein Prophet, der die schwerern kennt, solches wunderbar trifft: so10 wird es z. B. noch diesen halben Monat lang schön; erst dann Regen, aber nicht mehr im September. -- In meinem Hause ist alles wol und froh und grüßt das Ihrige, um dessen Nachrichten ich Sie bitte.
Jetzo arbeit' ich an der Beschreibung meines Lebens; ich bin aber durch die Romane so sehr ans Lügen gewöhnt, daß ich zehnmal lieber15 jedes andere beschriebe. -- Es geh' Ihnen wol und leicht, mein guter Emanuel, von mehr als einer Ernte beladen Gedrückter! -- Ich grüße und küsse noch besonders Frau und Kind!
Richter
451. An Otto.20
[Bayreuth, 8. Aug. 1818]
Guten Morgen, lieber Otto! Hier ist endlich das Geld in 40 L. und in 2 Anweisungen nach Frankfurt gekommen. Könntest du sie nicht zu 36 kr. gebrauchen: so will ich dir Silbergeld zusammen- suchen.25
452. An Friedrich Waehner in Wien.
Baireut d. 12. Aug. 1818
Die liebevollen Äußerungen Ihres Briefs so wie die wolthätigen Zwecke Ihres literarischen Plans haben mich sehr erfreuet. Nur kann ich letzte nicht mit erreichen helfen. Jede neue Wochenschrift30 erwirbt mir vielleicht einen kältern Freund an ihrem Herausgeber, weil ich Beiträge abschlagen muß, zu welchen mir Zeit, Kraft und Spielraum fehlen; und nur für das Morgenblatt mach' ich aus vielen Gründen eine Ausnahme, unter welchen auch seine Zensur-
*450. An Emanuel in Weiher bei Holfeld.
Baireut d. 3. Auguſt 1818
Mein geliebter Emanuel!
Aus Sehnſucht nach Ihnen ſchick’ ich Ihnen ein Pack Briefe und meinen neueſten Siebenkäs. Ich hatte mir Ihre Entfernung5 von hier viel ſchöner und öfter unterbrochen gedacht. Meine Baireuter Einſamkeit wächſt denn ſo jährlich. — Gebe Sie uns doch der Herbſt, und nicht erſt der Winter wieder. — In dieſem Jahre hat das Wetter einen ſolchen Gang nach Regeln genommen, daß ein Prophet, der die ſchwerern kennt, ſolches wunderbar trifft: ſo10 wird es z. B. noch dieſen halben Monat lang ſchön; erſt dann Regen, aber nicht mehr im September. — In meinem Hauſe iſt alles wol und froh und grüßt das Ihrige, um deſſen Nachrichten ich Sie bitte.
Jetzo arbeit’ ich an der Beſchreibung meines Lebens; ich bin aber durch die Romane ſo ſehr ans Lügen gewöhnt, daß ich zehnmal lieber15 jedes andere beſchriebe. — Es geh’ Ihnen wol und leicht, mein guter Emanuel, von mehr als einer Ernte beladen Gedrückter! — Ich grüße und küſſe noch beſonders Frau und Kind!
Richter
451. An Otto.20
[Bayreuth, 8. Aug. 1818]
Guten Morgen, lieber Otto! Hier iſt endlich das Geld in 40 L. und in 2 Anweiſungen nach Frankfurt gekommen. Könnteſt du ſie nicht zu 36 kr. gebrauchen: ſo will ich dir Silbergeld zuſammen- ſuchen.25
452. An Friedrich Waehner in Wien.
Baireut d. 12. Aug. 1818
Die liebevollen Äußerungen Ihres Briefs ſo wie die wolthätigen Zwecke Ihres literariſchen Plans haben mich ſehr erfreuet. Nur kann ich letzte nicht mit erreichen helfen. Jede neue Wochenſchrift30 erwirbt mir vielleicht einen kältern Freund an ihrem Herausgeber, weil ich Beiträge abſchlagen muß, zu welchen mir Zeit, Kraft und Spielraum fehlen; und nur für das Morgenblatt mach’ ich aus vielen Gründen eine Ausnahme, unter welchen auch ſeine Zenſur-
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[224/0231]
*450. An Emanuel in Weiher bei Holfeld.
Baireut d. 3. Auguſt 1818
Mein geliebter Emanuel!
Aus Sehnſucht nach Ihnen ſchick’ ich Ihnen ein Pack Briefe
und meinen neueſten Siebenkäs. Ich hatte mir Ihre Entfernung 5
von hier viel ſchöner und öfter unterbrochen gedacht. Meine
Baireuter Einſamkeit wächſt denn ſo jährlich. — Gebe Sie uns doch
der Herbſt, und nicht erſt der Winter wieder. — In dieſem Jahre
hat das Wetter einen ſolchen Gang nach Regeln genommen, daß
ein Prophet, der die ſchwerern kennt, ſolches wunderbar trifft: ſo 10
wird es z. B. noch dieſen halben Monat lang ſchön; erſt dann Regen,
aber nicht mehr im September. — In meinem Hauſe iſt alles wol
und froh und grüßt das Ihrige, um deſſen Nachrichten ich Sie bitte.
Jetzo arbeit’ ich an der Beſchreibung meines Lebens; ich bin aber
durch die Romane ſo ſehr ans Lügen gewöhnt, daß ich zehnmal lieber 15
jedes andere beſchriebe. — Es geh’ Ihnen wol und leicht, mein guter
Emanuel, von mehr als einer Ernte beladen Gedrückter! — Ich
grüße und küſſe noch beſonders Frau und Kind!
Richter
451. An Otto. 20
[Bayreuth, 8. Aug. 1818]
Guten Morgen, lieber Otto! Hier iſt endlich das Geld in 40 L.
und in 2 Anweiſungen nach Frankfurt gekommen. Könnteſt du ſie
nicht zu 36 kr. gebrauchen: ſo will ich dir Silbergeld zuſammen-
ſuchen. 25
452. An Friedrich Waehner in Wien.
Baireut d. 12. Aug. 1818
Die liebevollen Äußerungen Ihres Briefs ſo wie die wolthätigen
Zwecke Ihres literariſchen Plans haben mich ſehr erfreuet. Nur
kann ich letzte nicht mit erreichen helfen. Jede neue Wochenſchrift 30
erwirbt mir vielleicht einen kältern Freund an ihrem Herausgeber,
weil ich Beiträge abſchlagen muß, zu welchen mir Zeit, Kraft und
Spielraum fehlen; und nur für das Morgenblatt mach’ ich aus
vielen Gründen eine Ausnahme, unter welchen auch ſeine Zenſur-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/231>, abgerufen am 16.02.2025.
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