strahlungen der Selbersonne zu dem armen Herzen kommt, welches die Selbersonne näher in sich finden könnte, nur aber, wie des Cartes die Erde nannte, als soleil encroute. --
d. 24. Mai
Welche Deutschen waren besser, die von 1770--80, 90, oder die5 jetzigen? Ich sage die jetzigen, alles Nebenwerk von Unglück, das eben so gut Erdbeben, Hungernoth, Seuchen könnten gestiftet haben, überwiegt den Gewinn der Erweckung und Stärkung nicht.
Hast du meine Traumdichtungen im 1ten Blatte des dießjährigen Morgenblattes gelesen? Wider meine Absicht wie jeder Prophet,10 bin ich einer gewesen.
Wollen wir lieber die ganze Erde, und nicht ein Stückchen an- schauen, damit wir sehen, daß mehr Länder im Sonnenschein des Friedens liegen als unter den Wolken des Kriegs; so wie zwar in jeder Sekunde 1 Mensch stirbt, aber auch in jeder 1 geboren15 wird, welches also Überschuß der Liebe- und Elternfreuden gibt.
Der Krieg, der alles steigert und zusammen drängt, steigert auch die Hoffnungen zu einem Grade hinauf, der nie im Frieden statt hätte, wo man alles schwächer und später erwartet; und doch klagt man die Vorsehung über Fehlschlagen unmäßiger und vorschneller20 Hoffnungen an.
In meiner eben erschienenen Aesthetik sind außer kleinern Ein- webungen folgende größere ganz neu (die unterstrichnen betreffen dich namentlich): Vorrede zur 2ten Auflage -- in der zur ersten S. XXXI -- § 4 -- § 22 -- 30 -- 67 -- 72 -- 73 -- 74 -- XIII. Pro-25 gramm -- Nachlese über Schiller -- Nachvorlesung an die Dich- tinnen -- Im 3ten Band K. 4. 5. 7. p. 910 etc. etc. 919 926 931 938 956 etc. 962.
Ich bitte dich noch einmal, lies doch meine neue Corday im Katzenberger, damit ich in meiner Ansicht der heroischen und kühnen30 Tugend entweder berichtigt oder bestärkt werde.
Anmerkungen zu deinem Hume hab' ich mehre gemacht; aber ich zögerte mit der Absendung, weil doch du und der Krieg wie ich voraussah die Herausgabe verzögern würden. Könnt' ich dich, Guter, nur dahin bringen, daß du einen ganzen Dreiviertelband35 blos mit deinem hingeworfnen Diamanten-Sande fülltest, welcher
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ſtrahlungen der Selberſonne zu dem armen Herzen kommt, welches die Selberſonne näher in ſich finden könnte, nur aber, wie des Cartes die Erde nannte, als soleil encrouté. —
d. 24. Mai
Welche Deutſchen waren beſſer, die von 1770—80, 90, oder die5 jetzigen? Ich ſage die jetzigen, alles Nebenwerk von Unglück, das eben ſo gut Erdbeben, Hungernoth, Seuchen könnten geſtiftet haben, überwiegt den Gewinn der Erweckung und Stärkung nicht.
Haſt du meine Traumdichtungen im 1ten Blatte des dießjährigen Morgenblattes geleſen? Wider meine Abſicht wie jeder Prophet,10 bin ich einer geweſen.
Wollen wir lieber die ganze Erde, und nicht ein Stückchen an- ſchauen, damit wir ſehen, daß mehr Länder im Sonnenſchein des Friedens liegen als unter den Wolken des Kriegs; ſo wie zwar in jeder Sekunde 1 Menſch ſtirbt, aber auch in jeder 1⅒ geboren15 wird, welches alſo ⅒ Überſchuß der Liebe- und Elternfreuden gibt.
Der Krieg, der alles ſteigert und zuſammen drängt, ſteigert auch die Hoffnungen zu einem Grade hinauf, der nie im Frieden ſtatt hätte, wo man alles ſchwächer und ſpäter erwartet; und doch klagt man die Vorſehung über Fehlſchlagen unmäßiger und vorſchneller20 Hoffnungen an.
In meiner eben erſchienenen Aeſthetik ſind außer kleinern Ein- webungen folgende größere ganz neu (die unterſtrichnen betreffen dich namentlich): Vorrede zur 2ten Auflage — in der zur erſten S. XXXI — § 4 — § 22 — 30 — 67 — 72 — 73 — 74 — XIII. Pro-25 gramm — Nachleſe über Schiller — Nachvorleſung an die Dich- tinnen — Im 3ten Band K. 4. 5. 7. p. 910 ꝛc. ꝛc. 919 926 931 938 956 ꝛc. 962.
Ich bitte dich noch einmal, lies doch meine neue Corday im Katzenberger, damit ich in meiner Anſicht der heroiſchen und kühnen30 Tugend entweder berichtigt oder beſtärkt werde.
Anmerkungen zu deinem Hume hab’ ich mehre gemacht; aber ich zögerte mit der Abſendung, weil doch du und der Krieg wie ich vorausſah die Herausgabe verzögern würden. Könnt’ ich dich, Guter, nur dahin bringen, daß du einen ganzen Dreiviertelband35 blos mit deinem hingeworfnen Diamanten-Sande füllteſt, welcher
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ſtrahlungen der Selberſonne zu dem armen Herzen kommt, welches
die Selberſonne näher in ſich finden könnte, nur aber, wie des
Cartes die Erde nannte, als soleil encrouté. —
d. 24. Mai
Welche Deutſchen waren beſſer, die von 1770—80, 90, oder die 5
jetzigen? Ich ſage die jetzigen, alles Nebenwerk von Unglück, das
eben ſo gut Erdbeben, Hungernoth, Seuchen könnten geſtiftet
haben, überwiegt den Gewinn der Erweckung und Stärkung nicht.
Haſt du meine Traumdichtungen im 1ten Blatte des dießjährigen
Morgenblattes geleſen? Wider meine Abſicht wie jeder Prophet, 10
bin ich einer geweſen.
Wollen wir lieber die ganze Erde, und nicht ein Stückchen an-
ſchauen, damit wir ſehen, daß mehr Länder im Sonnenſchein des
Friedens liegen als unter den Wolken des Kriegs; ſo wie zwar in
jeder Sekunde 1 Menſch ſtirbt, aber auch in jeder 1⅒ geboren 15
wird, welches alſo ⅒ Überſchuß der Liebe- und Elternfreuden gibt.
Der Krieg, der alles ſteigert und zuſammen drängt, ſteigert auch
die Hoffnungen zu einem Grade hinauf, der nie im Frieden ſtatt
hätte, wo man alles ſchwächer und ſpäter erwartet; und doch klagt
man die Vorſehung über Fehlſchlagen unmäßiger und vorſchneller 20
Hoffnungen an.
In meiner eben erſchienenen Aeſthetik ſind außer kleinern Ein-
webungen folgende größere ganz neu (die unterſtrichnen betreffen
dich namentlich): Vorrede zur 2ten Auflage — in der zur erſten
S. XXXI — § 4 — § 22 — 30 — 67 — 72 — 73 — 74 — XIII. Pro- 25
gramm — Nachleſe über Schiller — Nachvorleſung an die Dich-
tinnen — Im 3ten Band K. 4. 5. 7. p. 910 ꝛc. ꝛc. 919 926 931 938
956 ꝛc. 962.
Ich bitte dich noch einmal, lies doch meine neue Corday im
Katzenberger, damit ich in meiner Anſicht der heroiſchen und kühnen 30
Tugend entweder berichtigt oder beſtärkt werde.
Anmerkungen zu deinem Hume hab’ ich mehre gemacht; aber
ich zögerte mit der Abſendung, weil doch du und der Krieg wie ich
vorausſah die Herausgabe verzögern würden. Könnt’ ich dich,
Guter, nur dahin bringen, daß du einen ganzen Dreiviertelband 35
blos mit deinem hingeworfnen Diamanten-Sande füllteſt, welcher
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/338>, abgerufen am 19.07.2024.
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