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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952.

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624. An Ludwig von Oertel in Regensburg.
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-- wußte, daß die 217 Pfund Bier von deinen Händen ein-
geschenkt und geschenkt waren. Das Faß kam so voll an als nur
einer werden kann, der daraus anders trinkt als ich, und hat so viel5
Geist, daß er leicht den eignen bannen könnte. Daher darf ich nicht
wie ein Preßbyterianer auf diesem Fasse predigen sondern ich will
es theils zu Arzeneien für mich theils für andere verwenden und so
als ein großer Wolthäter allen denen erscheinen, die du durch mich
beschenkst. Prozente von seinen frohen Stunden bei Fibel. -- In dieser10
Zeit, wo alle Glocken so auf einmal in einander schlagen, daß man
nicht weiß, welche Zeit sie ausschlagen. -- Die wenigen reellen (Ein-
sichten), die mir noch geblieben, laufen in d[ie] 3 Weissagungen zu-
sammen, daß entweder die eine Partei siegt oder die entgegengesetzte
oder keine sondern eine Art von Gleichgewicht beider, und du sollst15
dich nach einem J[ahre] wundern, wie pünktlich eine von diesen
3 Prophezeiungen eingetroffen. -- -- Leider macht mein Leib auch
verstärkte Auflagen von sich und ich verdicke mich täglich. Wohin
sind die seeligen Tage geflogen, da ich noch so dünn war wie ein
Blaserohr, oder die noch seeligern, da ich gar durch eines fahren20
konnte. O tempi passati! -- Alle Meinige sind gesund und ich
gehöre auch zu den Meinigen.

625. An Professor Schweigger in Nürnberg.
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Dank für den beigelegten Küchenzettel, oder Register von Ge-25
richten (in seinen phys. Annalen), für welche ich leider mehr den
Gaumen als die Zähne und den Magen habe. Glücklich wohnen
wir beide auf unserm Indifferenzpunkt -- auf welchem uns die
Wissenschaft zur Sicherheit einquartiert hat --, indeß Nord und
Süd einander polarisch suchen und anziehen zum -- Feuer geben. --30
Den Erlanger Nachfrühling will ich zu meinem Nürnberger Nach-
frühling machen und in der "guten" Stadt Nürnberg unter deutschen
Antiken über der Erde drei Wochen lang 10 000 Dinge vergessen
-- er soll mir ein Schwalbennest aussuchen, wohinein ich Sperling

624. An Ludwig von Oertel in Regensburg.
[Kopie]

— wußte, daß die 217 Pfund Bier von deinen Händen ein-
geſchenkt und geſchenkt waren. Das Faß kam ſo voll an als nur
einer werden kann, der daraus anders trinkt als ich, und hat ſo viel5
Geiſt, daß er leicht den eignen bannen könnte. Daher darf ich nicht
wie ein Preßbyterianer auf dieſem Faſſe predigen ſondern ich will
es theils zu Arzeneien für mich theils für andere verwenden und ſo
als ein großer Wolthäter allen denen erſcheinen, die du durch mich
beſchenkſt. Prozente von ſeinen frohen Stunden bei Fibel. — In dieſer10
Zeit, wo alle Glocken ſo auf einmal in einander ſchlagen, daß man
nicht weiß, welche Zeit ſie ausſchlagen. — Die wenigen reellen (Ein-
ſichten), die mir noch geblieben, laufen in d[ie] 3 Weiſſagungen zu-
ſammen, daß entweder die eine Partei ſiegt oder die entgegengeſetzte
oder keine ſondern eine Art von Gleichgewicht beider, und du ſollſt15
dich nach einem J[ahre] wundern, wie pünktlich eine von dieſen
3 Prophezeiungen eingetroffen. — — Leider macht mein Leib auch
verſtärkte Auflagen von ſich und ich verdicke mich täglich. Wohin
ſind die ſeeligen Tage geflogen, da ich noch ſo dünn war wie ein
Blaſerohr, oder die noch ſeeligern, da ich gar durch eines fahren20
konnte. O tempi passati! — Alle Meinige ſind geſund und ich
gehöre auch zu den Meinigen.

625. An Profeſſor Schweigger in Nürnberg.
[Kopie]

Dank für den beigelegten Küchenzettel, oder Regiſter von Ge-25
richten (in ſeinen phyſ. Annalen), für welche ich leider mehr den
Gaumen als die Zähne und den Magen habe. Glücklich wohnen
wir beide auf unſerm Indifferenzpunkt — auf welchem uns die
Wiſſenſchaft zur Sicherheit einquartiert hat —, indeß Nord und
Süd einander polariſch ſuchen und anziehen zum — Feuer geben. —30
Den Erlanger Nachfrühling will ich zu meinem Nürnberger Nach-
frühling machen und in der „guten“ Stadt Nürnberg unter deutſchen
Antiken über der Erde drei Wochen lang 10 000 Dinge vergeſſen
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[256/0270] 624. An Ludwig von Oertel in Regensburg. [Bayreuth, 15. März 1812] — wußte, daß die 217 Pfund Bier von deinen Händen ein- geſchenkt und geſchenkt waren. Das Faß kam ſo voll an als nur einer werden kann, der daraus anders trinkt als ich, und hat ſo viel 5 Geiſt, daß er leicht den eignen bannen könnte. Daher darf ich nicht wie ein Preßbyterianer auf dieſem Faſſe predigen ſondern ich will es theils zu Arzeneien für mich theils für andere verwenden und ſo als ein großer Wolthäter allen denen erſcheinen, die du durch mich beſchenkſt. Prozente von ſeinen frohen Stunden bei Fibel. — In dieſer 10 Zeit, wo alle Glocken ſo auf einmal in einander ſchlagen, daß man nicht weiß, welche Zeit ſie ausſchlagen. — Die wenigen reellen (Ein- ſichten), die mir noch geblieben, laufen in d[ie] 3 Weiſſagungen zu- ſammen, daß entweder die eine Partei ſiegt oder die entgegengeſetzte oder keine ſondern eine Art von Gleichgewicht beider, und du ſollſt 15 dich nach einem J[ahre] wundern, wie pünktlich eine von dieſen 3 Prophezeiungen eingetroffen. — — Leider macht mein Leib auch verſtärkte Auflagen von ſich und ich verdicke mich täglich. Wohin ſind die ſeeligen Tage geflogen, da ich noch ſo dünn war wie ein Blaſerohr, oder die noch ſeeligern, da ich gar durch eines fahren 20 konnte. O tempi passati! — Alle Meinige ſind geſund und ich gehöre auch zu den Meinigen. 625. An Profeſſor Schweigger in Nürnberg. [Bayreuth, 19. März 1812] Dank für den beigelegten Küchenzettel, oder Regiſter von Ge- 25 richten (in ſeinen phyſ. Annalen), für welche ich leider mehr den Gaumen als die Zähne und den Magen habe. Glücklich wohnen wir beide auf unſerm Indifferenzpunkt — auf welchem uns die Wiſſenſchaft zur Sicherheit einquartiert hat —, indeß Nord und Süd einander polariſch ſuchen und anziehen zum — Feuer geben. — 30 Den Erlanger Nachfrühling will ich zu meinem Nürnberger Nach- frühling machen und in der „guten“ Stadt Nürnberg unter deutſchen Antiken über der Erde drei Wochen lang 10 000 Dinge vergeſſen — er ſoll mir ein Schwalbenneſt ausſuchen, wohinein ich Sperling

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:17:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:17:09Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/270>, abgerufen am 22.11.2024.