Ein hochlöbliches Königliches Kreis-Kommissariat erlaube mir, die Gründe meiner noch nicht beantworteten Beschwerde, welche ich gegen die Einquartierung Eines Mannes (in meiner Nummer 99) vom 26ten Febr. bis 2ten März bei der Königlichen5 Einquartierungs-Comite angebracht, mit größerer Hoffnung zu wiederholen.
Ich lebe nämlich hier als Fremder, ohne durch Gewerbe oder Besoldung, vom Staate nur so viel einzunehmen als das Papier werth ist, auf welchem ich es versichere. Nur das Ausland gibt mir,10 was ich hier ausgebe.
Daher darf ich wol die liberalen Grundsätze, nach welchen die Königlich-baiersche Regierung von jeher und noch jetzt Fremde be- handelt und beglückt, auch auf mich angewandt zu sehen hoffen.
Einem so entscheidenden Grunde sind kleinere Nebengründe kaum15 beizufügen nöthig: z. B.
-- daß ich, bei dem jetzigen Verfalle des Buchhandels, --
-- und bei einer durchaus übertriebnen Schätzung meines Ver- mögens, der ich gern wenigstens die halbe Wahrheit wünschte, mit einer 1/2 Porzion nach jetzigem Maaßstabe zu hoch an-20 gesetzt bin --
-- oder endlich, daß ich ohnehin als Miethbewohner durch höhern Hauszins den Hausbesitzer für das Gesetz des Königreichs zu ent- schädigen habe, das Miethleute von Einquartierungen freispricht.
In der Hoffnung, nicht in die Alternative zwischen fremder Ein-25 quartierung und eigner Sich-Selbst-Ausquartierung aus der Stadt zu kommen, schließ' ich meine Bitte.
Eines hochlöblichen Königlichen Kreis-Kommissariats gehorsamster Jean Paul Fr. Richter
Baireuth d. 3ten März 1812.30
615. An Emanuel.
[Bayreuth, 3. März 1812]
Guten Morgen, guter Emanuel! -- Wollen Sie die Güte haben, das Klag- und Bittschreiben an die Behörde zu schicken, oder meine Magd zu verständigen? -- Hier ist das Gesangbuch wieder, dessen35 erste Seite wol die beste, wenigstens merkwürdigste ist.
R.
614. An das Kreiskommiſſariat in Bayreuth.
Ein hochlöbliches Königliches Kreis-Kommiſſariat erlaube mir, die Gründe meiner noch nicht beantworteten Beſchwerde, welche ich gegen die Einquartierung Eines Mannes (in meiner Nummer 99) vom 26ten Febr. bis 2ten März bei der Königlichen5 Einquartierungs-Comité angebracht, mit größerer Hoffnung zu wiederholen.
Ich lebe nämlich hier als Fremder, ohne durch Gewerbe oder Beſoldung, vom Staate nur ſo viel einzunehmen als das Papier werth iſt, auf welchem ich es verſichere. Nur das Ausland gibt mir,10 was ich hier ausgebe.
Daher darf ich wol die liberalen Grundſätze, nach welchen die Königlich-baierſche Regierung von jeher und noch jetzt Fremde be- handelt und beglückt, auch auf mich angewandt zu ſehen hoffen.
Einem ſo entſcheidenden Grunde ſind kleinere Nebengründe kaum15 beizufügen nöthig: z. B.
— daß ich, bei dem jetzigen Verfalle des Buchhandels, —
— und bei einer durchaus übertriebnen Schätzung meines Ver- mögens, der ich gern wenigſtens die halbe Wahrheit wünſchte, mit einer ½ Porzion nach jetzigem Maaßſtabe zu hoch an-20 geſetzt bin —
— oder endlich, daß ich ohnehin als Miethbewohner durch höhern Hauszins den Hausbeſitzer für das Geſetz des Königreichs zu ent- ſchädigen habe, das Miethleute von Einquartierungen freiſpricht.
In der Hoffnung, nicht in die Alternative zwiſchen fremder Ein-25 quartierung und eigner Sich-Selbſt-Ausquartierung aus der Stadt zu kommen, ſchließ’ ich meine Bitte.
Eines hochlöblichen Königlichen Kreis-Kommiſſariats gehorſamſter Jean Paul Fr. Richter
Baireuth d. 3ten März 1812.30
615. An Emanuel.
[Bayreuth, 3. März 1812]
Guten Morgen, guter Emanuel! — Wollen Sie die Güte haben, das Klag- und Bittſchreiben an die Behörde zu ſchicken, oder meine Magd zu verſtändigen? — Hier iſt das Geſangbuch wieder, deſſen35 erſte Seite wol die beſte, wenigſtens merkwürdigſte iſt.
R.
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614. An das Kreiskommiſſariat in Bayreuth.
Ein hochlöbliches Königliches Kreis-Kommiſſariat
erlaube mir, die Gründe meiner noch nicht beantworteten Beſchwerde,
welche ich gegen die Einquartierung Eines Mannes (in meiner
Nummer 99) vom 26ten Febr. bis 2ten März bei der Königlichen 5
Einquartierungs-Comité angebracht, mit größerer Hoffnung zu
wiederholen.
Ich lebe nämlich hier als Fremder, ohne durch Gewerbe oder
Beſoldung, vom Staate nur ſo viel einzunehmen als das Papier
werth iſt, auf welchem ich es verſichere. Nur das Ausland gibt mir, 10
was ich hier ausgebe.
Daher darf ich wol die liberalen Grundſätze, nach welchen die
Königlich-baierſche Regierung von jeher und noch jetzt Fremde be-
handelt und beglückt, auch auf mich angewandt zu ſehen hoffen.
Einem ſo entſcheidenden Grunde ſind kleinere Nebengründe kaum 15
beizufügen nöthig: z. B.
— daß ich, bei dem jetzigen Verfalle des Buchhandels, —
— und bei einer durchaus übertriebnen Schätzung meines Ver-
mögens, der ich gern wenigſtens die halbe Wahrheit wünſchte,
mit einer ½ Porzion nach jetzigem Maaßſtabe zu hoch an- 20
geſetzt bin —
— oder endlich, daß ich ohnehin als Miethbewohner durch höhern
Hauszins den Hausbeſitzer für das Geſetz des Königreichs zu ent-
ſchädigen habe, das Miethleute von Einquartierungen freiſpricht.
In der Hoffnung, nicht in die Alternative zwiſchen fremder Ein- 25
quartierung und eigner Sich-Selbſt-Ausquartierung aus der Stadt
zu kommen, ſchließ’ ich meine Bitte.
Eines hochlöblichen Königlichen Kreis-Kommiſſariats
gehorſamſter
Jean Paul Fr. Richter Baireuth d. 3ten März
1812. 30
615. An Emanuel.
[Bayreuth, 3. März 1812]
Guten Morgen, guter Emanuel! — Wollen Sie die Güte haben,
das Klag- und Bittſchreiben an die Behörde zu ſchicken, oder meine
Magd zu verſtändigen? — Hier iſt das Geſangbuch wieder, deſſen 35
erſte Seite wol die beſte, wenigſtens merkwürdigſte iſt.
R.
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/267>, abgerufen am 16.02.2025.
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