Charakter gespießt wie einen Türken oder Käfer fest uns vor; wozu noch Ihre schöne dichterische, wenn auch schneidende Unparteilichkeit gegen alle kommt, z. B. gegen Frank, Waller, die Dolores. -- Ungeachtet der ziemlich auseinander laufenden Oberfläche der Erzählung (nach Meisters Lehrjahren) erhebt sie sich doch zuletzt5 zur Bergspitze eines zusammen fassenden dramatischen Ausgangs. Auch die Gedichte scheinen zuweilen zu weit und seicht auseinander zu rinnen. -- Der Sprache sind Sie Herr und Meister, aber gar nicht (oder absichtlich) der unbedeutenden Interpunkzion.
Verzeihen Sie die Offenherzigkeit meines Lobes und meines10 Tadels. Kostete mich förmliches Rezensieren nicht nach meiner Kunst-Gewissenhaftigkeit zehn mal mehr Zeit als eignes Arbeiten: so rezensierte ich diese Dolores; aber meine d. h. diese Meinung kann ich ja leichter öffentlich sagen, wenn ich mir vornehme, im Morgenblatte unter meinem Namen ein fortlaufendes Protokoll15 dessen zu geben, was wider oder für meinen Geschmack gewesen, blos als Meinung; wenigstens der Verwandte des meinigen weiß dann, was er fliehen oder suchen soll.
Leben Sie wol! Bleiben Sie der Muse treu!
Ihr20 Jean Paul Fr. Richter
312. An Emanuel.
[Bayreuth, 22. Juli 1810]
Guten Tag, lieber ungedruckter Kinderfreund! Nur um Eine Zeile bitt' ich, um den Namen des Verlegers der Dolores, da ich25 heute an den Verf. geschrieben.
313. An Graf Münster in Bayreuth.
[Kopie][Bayreuth, 22. (?) Juli 1810]
Da Taschenbücher für Damen und Liebe fast noch flüchtiger sind als ihre Gegenstände: so fehlen mir etc.30
314. An Friedrich Heinrich Jacobi in München.
Bayreuth d. 22. Jul. 1810
Guter Heinrich! Mehr ein Blättchen als ein Blatt hier! Der alte gute Eisenhammermeister Cloeter -- den ich beinahe begleitet
Charakter geſpießt wie einen Türken oder Käfer feſt uns vor; wozu noch Ihre ſchöne dichteriſche, wenn auch ſchneidende Unparteilichkeit gegen alle kommt, z. B. gegen Frank, Waller, die Dolores. — Ungeachtet der ziemlich auseinander laufenden Oberfläche der Erzählung (nach Meiſters Lehrjahren) erhebt ſie ſich doch zuletzt5 zur Bergſpitze eines zuſammen faſſenden 〈dramatiſchen〉 Ausgangs. Auch die Gedichte ſcheinen zuweilen zu weit und ſeicht auseinander zu rinnen. — Der Sprache ſind Sie Herr und Meiſter, aber gar nicht (oder abſichtlich) der unbedeutenden Interpunkzion.
Verzeihen Sie die Offenherzigkeit meines Lobes und meines10 Tadels. Koſtete mich förmliches Rezenſieren nicht nach meiner Kunſt-Gewiſſenhaftigkeit zehn mal mehr Zeit als eignes Arbeiten: ſo rezenſierte ich dieſe Dolores; aber meine d. h. dieſe Meinung kann ich ja leichter öffentlich ſagen, wenn ich mir vornehme, im Morgenblatte unter meinem Namen ein fortlaufendes Protokoll15 deſſen zu geben, was wider oder für meinen Geſchmack geweſen, blos als Meinung; wenigſtens der Verwandte des meinigen weiß dann, was er fliehen oder ſuchen ſoll.
Leben Sie wol! Bleiben Sie der Muſe treu!
Ihr20 Jean Paul Fr. Richter
312. An Emanuel.
[Bayreuth, 22. Juli 1810]
Guten Tag, lieber ungedruckter Kinderfreund! Nur um Eine Zeile bitt’ ich, um den Namen des Verlegers der Dolores, da ich25 heute an den Verf. geſchrieben.
313. An Graf Münſter in Bayreuth.
[Kopie][Bayreuth, 22. (?) Juli 1810]
Da Taſchenbücher für Damen und Liebe faſt noch flüchtiger ſind als ihre Gegenſtände: ſo fehlen mir ꝛc.30
314. An Friedrich Heinrich Jacobi in München.
Bayreuth d. 22. Jul. 1810
Guter Heinrich! Mehr ein Blättchen als ein Blatt hier! Der alte gute Eiſenhammermeiſter Cloeter — den ich beinahe begleitet
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Charakter geſpießt wie einen Türken oder Käfer feſt uns vor; wozu
noch Ihre ſchöne dichteriſche, wenn auch ſchneidende Unparteilichkeit
gegen alle kommt, z. B. gegen Frank, Waller, die Dolores. —
Ungeachtet der ziemlich auseinander laufenden Oberfläche der
Erzählung (nach Meiſters Lehrjahren) erhebt ſie ſich doch zuletzt 5
zur Bergſpitze eines zuſammen faſſenden 〈dramatiſchen〉 Ausgangs.
Auch die Gedichte ſcheinen zuweilen zu weit und ſeicht auseinander
zu rinnen. — Der Sprache ſind Sie Herr und Meiſter, aber gar
nicht (oder abſichtlich) der unbedeutenden Interpunkzion.
Verzeihen Sie die Offenherzigkeit meines Lobes und meines 10
Tadels. Koſtete mich förmliches Rezenſieren nicht nach meiner
Kunſt-Gewiſſenhaftigkeit zehn mal mehr Zeit als eignes Arbeiten:
ſo rezenſierte ich dieſe Dolores; aber meine d. h. dieſe Meinung
kann ich ja leichter öffentlich ſagen, wenn ich mir vornehme, im
Morgenblatte unter meinem Namen ein fortlaufendes Protokoll 15
deſſen zu geben, was wider oder für meinen Geſchmack geweſen,
blos als Meinung; wenigſtens der Verwandte des meinigen weiß
dann, was er fliehen oder ſuchen ſoll.
Leben Sie wol! Bleiben Sie der Muſe treu!
Ihr 20
Jean Paul Fr. Richter
312. An Emanuel.
[Bayreuth, 22. Juli 1810]
Guten Tag, lieber ungedruckter Kinderfreund! Nur um Eine
Zeile bitt’ ich, um den Namen des Verlegers der Dolores, da ich 25
heute an den Verf. geſchrieben.
313. An Graf Münſter in Bayreuth.
[Bayreuth, 22. (?) Juli 1810]
Da Taſchenbücher für Damen und Liebe faſt noch flüchtiger ſind
als ihre Gegenſtände: ſo fehlen mir ꝛc. 30
314. An Friedrich Heinrich Jacobi in München.
Bayreuth d. 22. Jul. 1810
Guter Heinrich! Mehr ein Blättchen als ein Blatt hier! Der
alte gute Eiſenhammermeiſter Cloeter — den ich beinahe begleitet
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/135>, abgerufen am 16.07.2024.
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