Ists denn ganz wahr, Heinrich, daß du im März als Akademiker nach München gehst? Dann ists mir unmöglich, an dich zu schreiben,5 weil vor der Hoffnung, dich zu hören und zu sprechen, jede Schreiberei ihren Glanz und Werth verliert. -- Du mußt mich dann entweder im Durchschneiden unseres fränkischen Kreises unterwegs besuchen, oder ich dich in München, wohin ich sehr leicht als Radius aus meinem Kreise und Umkreise hinreisen kann. Bei Gott, ich muß dich lebendig10 haben, der Jüngere muß sich am Ältern stärken, indeß es sich physisch im Bette umkehrt oder in der Schulstube. Nur dieß sage oder lasse sagen, wo und wie wir uns sehen, ja wo möglich die Terzie der Ankunft. Schwäche mich ja nicht, wenn du erscheinst; sonst werd' ich jenseits verdammt. Und wie herrlich würde meine15 Frau deinen Schwestern zusagen und dir auch! Und mein köstliches frisch-grünes Kinder-Kleeblatt! Vom Stengel, vom Vater, ver- sprech' ich mir eben nicht viel; und es ist auch genug, wenn er mehr sich als andern verspricht. Lebe wol, Bruder!
Dein20 Richter
68. An Emanuel.
[Bayreuth, 23. Febr. 1805]
Guten Morgen, Liebender! Sie war froh genug da und tanzte zweimal. Ich selber bin auf Bällen nichts als ein Steiß oder ein25 Paar Fußsohlen, um zum Tanze zu sitzen und zu stehen. -- Heute bring' ich Ihnen die Bittschrift an den König, damit sie auf die königliche Post komme.
69. An König Friedrich WilhelmIII.von Preußen.
Allerdurchlauchtigster Großmächtigster König30 Allergnädigster König und Herr,
Der Unterschriebene wagt es, die Augen Ihrer koeniglichen Majestät einen Augenblick von großen Gegenständen auf einen kleinen und vom Glücke der Länder auf das Glück eines Einzelnen
67. An Friedrich Heinrich Jacobi in Eutin.
Bayreuth d. 21 Febr. 1805
Billet.
Iſts denn ganz wahr, Heinrich, daß du im März als Akademiker nach München gehſt? Dann iſts mir unmöglich, an dich zu ſchreiben,5 weil vor der Hoffnung, dich zu hören und zu ſprechen, jede Schreiberei ihren Glanz und Werth verliert. — Du mußt mich dann entweder im Durchſchneiden unſeres fränkiſchen Kreiſes unterwegs beſuchen, oder ich dich in München, wohin ich ſehr leicht als Radius aus meinem Kreiſe und Umkreiſe hinreiſen kann. Bei Gott, ich muß dich lebendig10 haben, der Jüngere muß ſich am Ältern ſtärken, indeß es ſich phyſiſch im Bette umkehrt oder in der Schulſtube. Nur dieß ſage oder laſſe ſagen, wo und wie wir uns ſehen, ja wo möglich die Terzie der Ankunft. Schwäche mich ja nicht, wenn du erſcheinſt; ſonſt werd’ ich jenſeits verdammt. Und wie herrlich würde meine15 Frau deinen Schweſtern zuſagen und dir auch! Und mein köſtliches friſch-grünes Kinder-Kleeblatt! Vom Stengel, vom Vater, ver- ſprech’ ich mir eben nicht viel; und es iſt auch genug, wenn er mehr ſich als andern verſpricht. Lebe wol, Bruder!
Dein20 Richter
68. An Emanuel.
[Bayreuth, 23. Febr. 1805]
Guten Morgen, Liebender! Sie war froh genug da und tanzte zweimal. Ich ſelber bin auf Bällen nichts als ein Steiß oder ein25 Paar Fußſohlen, um zum Tanze zu ſitzen und zu ſtehen. — Heute bring’ ich Ihnen die Bittſchrift an den König, damit ſie auf die königliche Poſt komme.
69. An König Friedrich WilhelmIII.von Preußen.
Allerdurchlauchtigſter Großmächtigſter König30 Allergnädigſter König und Herr,
Der Unterſchriebene wagt es, die Augen Ihrer koeniglichen Majeſtät einen Augenblick von großen Gegenſtänden auf einen kleinen und vom Glücke der Länder auf das Glück eines Einzelnen
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67. An Friedrich Heinrich Jacobi in Eutin.
Bayreuth d. 21 Febr. 1805
Billet.
Iſts denn ganz wahr, Heinrich, daß du im März als Akademiker
nach München gehſt? Dann iſts mir unmöglich, an dich zu ſchreiben, 5
weil vor der Hoffnung, dich zu hören und zu ſprechen, jede Schreiberei
ihren Glanz und Werth verliert. — Du mußt mich dann entweder
im Durchſchneiden unſeres fränkiſchen Kreiſes unterwegs beſuchen,
oder ich dich in München, wohin ich ſehr leicht als Radius aus meinem
Kreiſe und Umkreiſe hinreiſen kann. Bei Gott, ich muß dich lebendig 10
haben, der Jüngere muß ſich am Ältern ſtärken, indeß es ſich
phyſiſch im Bette umkehrt oder in der Schulſtube. Nur dieß ſage
oder laſſe ſagen, wo und wie wir uns ſehen, ja wo möglich die
Terzie der Ankunft. Schwäche mich ja nicht, wenn du erſcheinſt;
ſonſt werd’ ich jenſeits verdammt. Und wie herrlich würde meine 15
Frau deinen Schweſtern zuſagen und dir auch! Und mein köſtliches
friſch-grünes Kinder-Kleeblatt! Vom Stengel, vom Vater, ver-
ſprech’ ich mir eben nicht viel; und es iſt auch genug, wenn er mehr
ſich als andern verſpricht. Lebe wol, Bruder!
Dein 20
Richter
68. An Emanuel.
[Bayreuth, 23. Febr. 1805]
Guten Morgen, Liebender! Sie war froh genug da und tanzte
zweimal. Ich ſelber bin auf Bällen nichts als ein Steiß oder ein 25
Paar Fußſohlen, um zum Tanze zu ſitzen und zu ſtehen. — Heute
bring’ ich Ihnen die Bittſchrift an den König, damit ſie auf die
königliche Poſt komme.
69. An König Friedrich Wilhelm III. von Preußen.
Allerdurchlauchtigſter Großmächtigſter König 30
Allergnädigſter König und Herr,
Der Unterſchriebene wagt es, die Augen Ihrer koeniglichen
Majeſtät einen Augenblick von großen Gegenſtänden auf einen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:13:57Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:13:57Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/37>, abgerufen am 27.07.2024.
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