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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.

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Hier hat sich denn die Seele einem Fürst-Geistlichen geöffnet,
in der furchtsamen Hoffnung Seines Vergebens vor dem Geben,
wie Er denn (ist diese Anspielung nicht zu kühn) auch im höhern
heiligern Sinne zugleich die Absoluzion und das Brod austheilt.

Seelig und selten ist der dichterische Fürst, der als Widerspiel der5
pariser Welt, welche mitten im Frühling der lebendigen Blumen
todt-seidne trägt, sogar im Froste der Zeit und Politik die lebendigen
der Dichtkunst bei sich und andern pflegt.

Mit alter und neu verjüngter Verehrung des auf dem Thron undParnasse verehrten Fürsten bin ich --10

583. An Emanuel.

Guten Morgen und Dank! Ich hatte eben zwei (selbst erzeugte)
Boten darnach zu Otto geschickt. -- Nachmittags wollen wir ein
vernünftiges Wort darüber reden, wenn Sie früh genug oder spät15
genug kommen. -- Die fatale Minna brachte mich leider so sehr
aus meiner Geldrechnung -- welche mit Einschluß der November
Zinsen bis zur Jenner-Ankunft der neuen Summe gegolten hätte --
daß ich Sie leider um 100 fl. rh. bitten muß.

584. An Cotta.20

Die Verspätung meiner Antwort ist eine Bejahung Ihres Brief-
chens über den eingesperrten Schmelzle. Jetzt aber wünscht' ich --
Ihres Vortheils wegen --, daß er zur Neujahrsmesse erschiene; und
dieß darum, weil ich zur O[ster] M[esse] mit 2 Bändchen vermischten25
Schriften und noch mit einem Werke erscheine. Mich dünkt, jetzt
werden doch an die Stelle fremder Truppen wieder einheimische
Werke treten.

Ich wünschte wol, Sie bekämen einmal ein Stündchen Musse zur
Auseinanderlegung Ihres Vorschlags unserer örtlichen Annäherung.30
Sie brauchen ja nur halbe Winke und keine Gründe; denn Ihr Karak-
ter ist so gut als jeder Grund. Auch sehnt' ich mich längst den Alpen
näher. Jede Ausführung wird mir leicht, insofern sie keine Ein-
schränkung meiner literarischen Arbeits-Freiheit ist; denn ich habe
noch lange Bücher zu schreiben in meinem kurzen Leben.35

16 Jean Paul Briefe. V.

Hier hat ſich denn die Seele einem Fürſt-Geiſtlichen geöffnet,
in der furchtſamen Hoffnung Seines Vergebens vor dem Geben,
wie Er denn (iſt dieſe Anſpielung nicht zu kühn) auch im höhern
heiligern Sinne zugleich die Abſoluzion und das Brod austheilt.

Seelig und ſelten iſt der dichteriſche Fürſt, der als Widerſpiel der5
pariſer Welt, welche mitten im Frühling der lebendigen Blumen
todt-ſeidne trägt, ſogar im Froſte der Zeit und Politik die lebendigen
der Dichtkunſt bei ſich und andern pflegt.

Mit alter und neu verjüngter Verehrung des auf dem Thron undParnaſſe verehrten Fürſten bin ich —10

583. An Emanuel.

Guten Morgen und Dank! Ich hatte eben zwei (ſelbſt erzeugte)
Boten darnach zu Otto geſchickt. — Nachmittags wollen wir ein
vernünftiges Wort darüber reden, wenn Sie früh genug oder ſpät15
genug kommen. — Die fatale Minna brachte mich leider ſo ſehr
aus meiner Geldrechnung — welche mit Einſchluß der November
Zinſen bis zur Jenner-Ankunft der neuen Summe gegolten hätte —
daß ich Sie leider um 100 fl. rh. bitten muß.

584. An Cotta.20

Die Verſpätung meiner Antwort iſt eine Bejahung Ihres Brief-
chens über den eingeſperrten Schmelzle. Jetzt aber wünſcht’ ich —
Ihres Vortheils wegen —, daß er zur Neujahrsmeſſe erſchiene; und
dieß darum, weil ich zur O[ſter] M[eſſe] mit 2 Bändchen vermiſchten25
Schriften und noch mit einem Werke erſcheine. Mich dünkt, jetzt
werden doch an die Stelle fremder Truppen wieder einheimiſche
Werke treten.

Ich wünſchte wol, Sie bekämen einmal ein Stündchen Muſſe zur
Auseinanderlegung Ihres Vorſchlags unſerer örtlichen Annäherung.30
Sie brauchen ja nur halbe Winke und keine Gründe; denn Ihr Karak-
ter iſt ſo gut als jeder Grund. Auch ſehnt’ ich mich längſt den Alpen
näher. Jede Ausführung wird mir leicht, inſofern ſie keine Ein-
ſchränkung meiner literariſchen Arbeits-Freiheit iſt; denn ich habe
noch lange Bücher zu ſchreiben in meinem kurzen Leben.35

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[241/0258] Hier hat ſich denn die Seele einem Fürſt-Geiſtlichen geöffnet, in der furchtſamen Hoffnung Seines Vergebens vor dem Geben, wie Er denn (iſt dieſe Anſpielung nicht zu kühn) auch im höhern heiligern Sinne zugleich die Abſoluzion und das Brod austheilt. Seelig und ſelten iſt der dichteriſche Fürſt, der als Widerſpiel der 5 pariſer Welt, welche mitten im Frühling der lebendigen Blumen todt-ſeidne trägt, ſogar im Froſte der Zeit und Politik die lebendigen der Dichtkunſt bei ſich und andern pflegt. Mit alter und neu verjüngter Verehrung des auf dem Thron undParnaſſe verehrten Fürſten bin ich — 10 583. An Emanuel. [Bayreuth, 15. Okt. 1808] Guten Morgen und Dank! Ich hatte eben zwei (ſelbſt erzeugte) Boten darnach zu Otto geſchickt. — Nachmittags wollen wir ein vernünftiges Wort darüber reden, wenn Sie früh genug oder ſpät 15 genug kommen. — Die fatale Minna brachte mich leider ſo ſehr aus meiner Geldrechnung — welche mit Einſchluß der November Zinſen bis zur Jenner-Ankunft der neuen Summe gegolten hätte — daß ich Sie leider um 100 fl. rh. bitten muß. 584. An Cotta. 20 Bayreuth d. 24. Okt. 1808. Die Verſpätung meiner Antwort iſt eine Bejahung Ihres Brief- chens über den eingeſperrten Schmelzle. Jetzt aber wünſcht’ ich — Ihres Vortheils wegen —, daß er zur Neujahrsmeſſe erſchiene; und dieß darum, weil ich zur O[ſter] M[eſſe] mit 2 Bändchen vermiſchten 25 Schriften und noch mit einem Werke erſcheine. Mich dünkt, jetzt werden doch an die Stelle fremder Truppen wieder einheimiſche Werke treten. Ich wünſchte wol, Sie bekämen einmal ein Stündchen Muſſe zur Auseinanderlegung Ihres Vorſchlags unſerer örtlichen Annäherung. 30 Sie brauchen ja nur halbe Winke und keine Gründe; denn Ihr Karak- ter iſt ſo gut als jeder Grund. Auch ſehnt’ ich mich längſt den Alpen näher. Jede Ausführung wird mir leicht, inſofern ſie keine Ein- ſchränkung meiner literariſchen Arbeits-Freiheit iſt; denn ich habe noch lange Bücher zu ſchreiben in meinem kurzen Leben. 35 16 Jean Paul Briefe. V.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:13:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:13:57Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/258>, abgerufen am 10.05.2024.