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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.

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gibt, weiß ich nicht, zweifle aber. Den Gewin[n] der größern Wol-
feilheit zehrt schon die Reise auf, vollends im deutschen Teufels
Semester, das jetzt anfängt. Wenigstens müßten Sie das schönere
erwarten, wo Ihnen Bayreuth zehnmal mehr geben kann als Sie an
Leipzig verlieren -- nämlich an Gegenden.5

Ich verschweige noch anderes was Sie zu entbehren oder zu erleiden
hätten. Ging' es nach meiner Frau -- die auch eine Frau ist und
also alles um so mehr wünscht, je mehr Schwierigkeiten da sind -- so
wären Sie bei ihr, noch eh' ich dieses Blättchen zu Ende geschrieben.

Meine rechtschaffne und bedachte Meinung ist gesagt, sogar auf10
meine Kosten, nämlich auf den Schein einer Undankbarkeit hin
gegen Ihre vorjährige Willigkeit, uns aufzunehmen.

Was Sie nun thun und was erfolge, gehet von heute nicht mehr
meine Verantwortlichkeit an.

Ich habe nicht alles gesagt.15

Es gehe Ihnen so wol als es Ihre Schwester wünscht! Mehr
kann Ihnen Gott nicht geben.

Richter
420. An Vieweg.

Diesen Einschlag bitt' ich Sie auf die Post zu geben; ein Umweg,20
den verlorne Briefe vorschreiben.

Übrigens scheu' ich mich fast, Ihnen meine Handschrift vors Auge
zu bringen, weil sie -- sonst gegen ihre Gewohnheit bei andern --
bei Ihnen so wie etwas von einem verdrüßlichen Novembertage
erscheinen muß.25

Ich sage daher nichts, sondern blos, daß ich vor 4 Monaten
150 rtl. pr. c. von Ihnen empfangen habe -- und daß der Winter
kommt, der nicht wie die Morgenstunde, Gold im Munde hat
sondern eines hinein haben will.

Nur dieß sag' ich, daß ich auf Sie vertraue. Leben Sie wol!30

Jean Paul Fr. Richter
421. An Graf von der Goltz.

Ihren Dezember-Brief hab' ich empfangen; und hier schick' ich
Ihnen meine verloren gegangene Antwort (mit wenigen Aus-35

gibt, weiß ich nicht, zweifle aber. Den Gewin[n] der größern Wol-
feilheit zehrt ſchon die Reiſe auf, vollends im deutſchen Teufels
Semeſter, das jetzt anfängt. Wenigſtens müßten Sie das ſchönere
erwarten, wo Ihnen Bayreuth zehnmal mehr geben kann als Sie an
Leipzig verlieren — nämlich an Gegenden.5

Ich verſchweige noch anderes was Sie zu entbehren oder zu erleiden
hätten. Ging’ es nach meiner Frau — die auch eine Frau iſt und
alſo alles um ſo mehr wünſcht, je mehr Schwierigkeiten da ſind — ſo
wären Sie bei ihr, noch eh’ ich dieſes Blättchen zu Ende geſchrieben.

Meine rechtſchaffne und bedachte Meinung iſt geſagt, ſogar auf10
meine Koſten, nämlich auf den Schein einer Undankbarkeit hin
gegen Ihre vorjährige Willigkeit, uns aufzunehmen.

Was Sie nun thun und was erfolge, gehet von heute nicht mehr
meine Verantwortlichkeit an.

Ich habe nicht alles geſagt.15

Es gehe Ihnen ſo wol als es Ihre Schweſter wünſcht! Mehr
kann Ihnen Gott nicht geben.

Richter
420. An Vieweg.

Dieſen Einſchlag bitt’ ich Sie auf die Poſt zu geben; ein Umweg,20
den verlorne Briefe vorſchreiben.

Übrigens ſcheu’ ich mich faſt, Ihnen meine Handſchrift vors Auge
zu bringen, weil ſie — ſonſt gegen ihre Gewohnheit bei andern —
bei Ihnen ſo wie etwas von einem verdrüßlichen Novembertage
erſcheinen muß.25

Ich ſage daher nichts, ſondern blos, daß ich vor 4 Monaten
150 rtl. pr. c. von Ihnen empfangen habe — und daß der Winter
kommt, der nicht wie die Morgenſtunde, Gold im Munde hat
ſondern eines hinein haben will.

Nur dieß ſag’ ich, daß ich auf Sie vertraue. Leben Sie wol!30

Jean Paul Fr. Richter
421. An Graf von der Goltz.

Ihren Dezember-Brief hab’ ich empfangen; und hier ſchick’ ich
Ihnen meine verloren gegangene Antwort (mit wenigen Aus-35

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[173/0188] gibt, weiß ich nicht, zweifle aber. Den Gewin[n] der größern Wol- feilheit zehrt ſchon die Reiſe auf, vollends im deutſchen Teufels Semeſter, das jetzt anfängt. Wenigſtens müßten Sie das ſchönere erwarten, wo Ihnen Bayreuth zehnmal mehr geben kann als Sie an Leipzig verlieren — nämlich an Gegenden. 5 Ich verſchweige noch anderes was Sie zu entbehren oder zu erleiden hätten. Ging’ es nach meiner Frau — die auch eine Frau iſt und alſo alles um ſo mehr wünſcht, je mehr Schwierigkeiten da ſind — ſo wären Sie bei ihr, noch eh’ ich dieſes Blättchen zu Ende geſchrieben. Meine rechtſchaffne und bedachte Meinung iſt geſagt, ſogar auf 10 meine Koſten, nämlich auf den Schein einer Undankbarkeit hin gegen Ihre vorjährige Willigkeit, uns aufzunehmen. Was Sie nun thun und was erfolge, gehet von heute nicht mehr meine Verantwortlichkeit an. Ich habe nicht alles geſagt. 15 Es gehe Ihnen ſo wol als es Ihre Schweſter wünſcht! Mehr kann Ihnen Gott nicht geben. Richter 420. An Vieweg. Bayreuth d. 30. Okt. 1807 Dieſen Einſchlag bitt’ ich Sie auf die Poſt zu geben; ein Umweg, 20 den verlorne Briefe vorſchreiben. Übrigens ſcheu’ ich mich faſt, Ihnen meine Handſchrift vors Auge zu bringen, weil ſie — ſonſt gegen ihre Gewohnheit bei andern — bei Ihnen ſo wie etwas von einem verdrüßlichen Novembertage erſcheinen muß. 25 Ich ſage daher nichts, ſondern blos, daß ich vor 4 Monaten 150 rtl. pr. c. von Ihnen empfangen habe — und daß der Winter kommt, der nicht wie die Morgenſtunde, Gold im Munde hat ſondern eines hinein haben will. Nur dieß ſag’ ich, daß ich auf Sie vertraue. Leben Sie wol! 30 Jean Paul Fr. Richter 421. An Graf von der Goltz. [Kopie][Bayreuth, 31. Okt. 1807] Ihren Dezember-Brief hab’ ich empfangen; und hier ſchick’ ich Ihnen meine verloren gegangene Antwort (mit wenigen Aus- 35

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:13:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:13:57Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/188>, abgerufen am 06.05.2024.