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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.

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Ich komme lieber zum menschlichern Kreise, wo nicht Haß mit Haß
kämpft, sondern Liebe mit der Liebe. Dem Rosenmädchen (dem
ich noch vor 14 Tagen, da sie weinend am Herzen meiner Gattin
lag, den unausbleiblichen Lohn der schönsten Gefühle zusicherte,
sobald es im Universum etwas Höheres gibt als den Teufel und den5
Schmerz) konnte ich einen Theil dieser versicherten Erfüllung geben.

Die große Freude wurde Schmerz -- zumal durch Ihr Wort über
Ihre Zukunft --; und den Schmerz hätte noch sanfter als die Thrä-
nen, eine Zeile an Sie gelöset, wenn sie hätte gedurft, wenn nicht
mich und sie Ein Wort gebunden hätte. Ihr zum Troste und Ihnen10
zur Freude leg' ich Ihnen (ohne Wortbruch) 2 Blätter an meine
C[aroline] bei. Wie könnte diese Blumen-Seele je vergessen, zumal
das erste Lieben? -- Nicht einmal das erste Vergessen könnte sie
vergessen.

Der Krieg oder die That reift den Mann, die Liebe das Mädchen;15
möge das Schicksal die Schmerzen gelinde vertheilen, nach welchen
zwei Seelen gereift sich wiederfinden mit verjüngter Entzückung.

Schreiben Sie bald wieder

304. An Cotta.
20

Dieß ist ja köstlich, daß wider mein Erwarten mein Scherz-
Gedanke Ihr Blatt anfangen konnte. Nur wirft der Teufel -- nicht
der Setzer -- mir in meine Freude wieder verdammte Druckfehler
wie Fliegen in eine Brautsuppe; deren Anzeige ich Sie im nächsten
Blatte zu geben bitte.25

Für das Honorar haben Sie den Maßstab in den vorigen Taschen-
kalendern; nur daß Sie 1 Ld'or weniger zu geben brauchen.

Nächstens bekommen Sie wieder etwas. --

IhrJ. P. Fr. Richter30
305. An Knebel in Jena.

Mein guter alter Jugend-Freund, nämlich der poetischen in
Weimar! Ihr herrlicher Brief war kein bloßer Dreiklang, sondern
auch ein Nach-Klang, eine Echo des Vergangnen. Mir ist jetzt, zumal35

Ich komme lieber zum menſchlichern Kreiſe, wo nicht Haß mit Haß
kämpft, ſondern Liebe mit der Liebe. Dem Rosenmädchen (dem
ich noch vor 14 Tagen, da ſie weinend am Herzen meiner Gattin
lag, den unausbleiblichen Lohn der ſchönſten Gefühle zuſicherte,
ſobald es im Univerſum etwas Höheres gibt als den Teufel und den5
Schmerz) konnte ich einen Theil dieſer verſicherten Erfüllung geben.

Die große Freude wurde Schmerz — zumal durch Ihr Wort über
Ihre Zukunft —; und den Schmerz hätte noch ſanfter als die Thrä-
nen, eine Zeile an Sie gelöſet, wenn ſie hätte gedurft, wenn nicht
mich und ſie Ein Wort gebunden hätte. Ihr zum Troſte und Ihnen10
zur Freude leg’ ich Ihnen (ohne Wortbruch) 2 Blätter an meine
C[aroline] bei. Wie könnte dieſe Blumen-Seele je vergeſſen, zumal
das erſte Lieben? — Nicht einmal das erſte Vergeſſen könnte ſie
vergeſſen.

Der Krieg oder die That reift den Mann, die Liebe das Mädchen;15
möge das Schickſal die Schmerzen gelinde vertheilen, nach welchen
zwei Seelen gereift ſich wiederfinden mit verjüngter Entzückung.

Schreiben Sie bald wieder

304. An Cotta.
20

Dieß iſt ja köſtlich, daß wider mein Erwarten mein Scherz-
Gedanke Ihr Blatt anfangen konnte. Nur wirft der Teufel — nicht
der Setzer — mir in meine Freude wieder verdammte Druckfehler
wie Fliegen in eine Brautſuppe; deren Anzeige ich Sie im nächſten
Blatte zu geben bitte.25

Für das Honorar haben Sie den Maßſtab in den vorigen Taſchen-
kalendern; nur daß Sie 1 Ld’or weniger zu geben brauchen.

Nächſtens bekommen Sie wieder etwas. —

IhrJ. P. Fr. Richter30
305. An Knebel in Jena.

Mein guter alter Jugend-Freund, nämlich der poetiſchen in
Weimar! Ihr herrlicher Brief war kein bloßer Dreiklang, ſondern
auch ein Nach-Klang, eine Echo des Vergangnen. Mir iſt jetzt, zumal35

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[125/0140] Ich komme lieber zum menſchlichern Kreiſe, wo nicht Haß mit Haß kämpft, ſondern Liebe mit der Liebe. Dem Rosenmädchen (dem ich noch vor 14 Tagen, da ſie weinend am Herzen meiner Gattin lag, den unausbleiblichen Lohn der ſchönſten Gefühle zuſicherte, ſobald es im Univerſum etwas Höheres gibt als den Teufel und den 5 Schmerz) konnte ich einen Theil dieſer verſicherten Erfüllung geben. Die große Freude wurde Schmerz — zumal durch Ihr Wort über Ihre Zukunft —; und den Schmerz hätte noch ſanfter als die Thrä- nen, eine Zeile an Sie gelöſet, wenn ſie hätte gedurft, wenn nicht mich und ſie Ein Wort gebunden hätte. Ihr zum Troſte und Ihnen 10 zur Freude leg’ ich Ihnen (ohne Wortbruch) 2 Blätter an meine C[aroline] bei. Wie könnte dieſe Blumen-Seele je vergeſſen, zumal das erſte Lieben? — Nicht einmal das erſte Vergeſſen könnte ſie vergeſſen. Der Krieg oder die That reift den Mann, die Liebe das Mädchen; 15 möge das Schickſal die Schmerzen gelinde vertheilen, nach welchen zwei Seelen gereift ſich wiederfinden mit verjüngter Entzückung. Schreiben Sie bald wieder 304. An Cotta. Bayreuth d. 13. Jenn. 1807 20 Dieß iſt ja köſtlich, daß wider mein Erwarten mein Scherz- Gedanke Ihr Blatt anfangen konnte. Nur wirft der Teufel — nicht der Setzer — mir in meine Freude wieder verdammte Druckfehler wie Fliegen in eine Brautſuppe; deren Anzeige ich Sie im nächſten Blatte zu geben bitte. 25 Für das Honorar haben Sie den Maßſtab in den vorigen Taſchen- kalendern; nur daß Sie 1 Ld’or weniger zu geben brauchen. Nächſtens bekommen Sie wieder etwas. — IhrJ. P. Fr. Richter 30 305. An Knebel in Jena. Bayreuth d. 16 Jenn. 1807. Mein guter alter Jugend-Freund, nämlich der poetiſchen in Weimar! Ihr herrlicher Brief war kein bloßer Dreiklang, ſondern auch ein Nach-Klang, eine Echo des Vergangnen. Mir iſt jetzt, zumal 35

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:13:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:13:57Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/140>, abgerufen am 27.04.2024.