Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.bis die Möglichkeit des Einspruchs weggenommen ist. Für Romanen- Die Verlobung der Gräfin Schlabrendorff, die ich hier sehr achten [70] Die kleine Bek heirathet ein wenig zu bald nach dem ersten Abendmal. Die Maria Stuart gefiel hier nicht so, wie man Ihnen geschrieben, Die russische Gesandtin v. Krüdner, die oft bei mir ist wie ich bei10 Richter Büri legt Herzens-Grüsse bei. Sein Portrait der russischen Fürstin15 112. An Jacobi. Berlin d. 9. Apr. 1801.20Geliebter Bruder! Ich schweige über dein Schweigen auf meinen Endlich bekam ich Reinholds 1ten Beitrag von Fichte selber, der mir25 *) Denn es ist die Frage, ob je ein Mensch von einem Irthum überzeugt ge-
wesen; von den wahren Ingredienzien desselben war ers nur; man solte nur auf das leise Gewissen der Überzeugung recht hören. Es verdamt viel früher als jeder35 Syllogismus. bis die Möglichkeit des Einſpruchs weggenommen iſt. Für Romanen- Die Verlobung der Gräfin Schlabrendorff, die ich hier ſehr achten [70] Die kleine Bek heirathet ein wenig zu bald nach dem erſten Abendmal. Die Maria Stuart gefiel hier nicht ſo, wie man Ihnen geſchrieben, Die ruſſiſche Geſandtin v. Krüdner, die oft bei mir iſt wie ich bei10 Richter Büri legt Herzens-Grüſſe bei. Sein Portrait der ruſſiſchen Fürſtin15 112. An Jacobi. Berlin d. 9. Apr. 1801.20Geliebter Bruder! Ich ſchweige über dein Schweigen auf meinen Endlich bekam ich Reinholds 1ten Beitrag von Fichte ſelber, der mir25 *) Denn es iſt die Frage, ob je ein Menſch von einem Irthum überzeugt ge-
weſen; von den wahren Ingredienzien deſſelben war ers nur; man ſolte nur auf das leiſe Gewiſſen der Überzeugung recht hören. Es verdamt viel früher als jeder35 Syllogiſmus. <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0068" n="62"/> bis die Möglichkeit des Einſpruchs weggenommen iſt. Für Romanen-<lb/> ſchreiber iſt ein ſolches Geſez nicht überflüſſig.</p><lb/> <p>Die Verlobung der Gräfin <hi rendition="#aq">Schlabrendorff,</hi> die ich hier ſehr achten<lb/> lernte, iſt <hi rendition="#g">ohne ihre Schuld</hi> zerriſſen und ſie jezt in Leipzig, künftig<lb/> in Meinungen.<lb n="5"/> </p> <p><note place="left"><ref target="1922_Bd4_70">[70]</ref></note> Die kleine <hi rendition="#aq">Bek</hi> heirathet ein wenig zu bald nach dem erſten Abendmal.</p><lb/> <p>Die Maria Stuart gefiel hier nicht ſo, wie man Ihnen geſchrieben,<lb/> ob man ihr gleich ein Halstuch umgethan und das Schlimſte weg-<lb/> gelaſſen.</p><lb/> <p>Die ruſſiſche Geſandtin <hi rendition="#aq">v. Krüdner,</hi> die oft bei mir iſt wie ich bei<lb n="10"/> ihr, komt im Frühling nach <hi rendition="#aq">Weimar,</hi> blos um unſern <hi rendition="#aq">Herder</hi> zu<lb/> ſehen. — Bringen Sie dem Dichter des Aeons den Grus des wärmſten<lb/> Herzens und allen lieben Seelen um Sie. Leben Sie froh!</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#right">Richter</hi> </salute> </closer><lb/> <postscript> <p>Büri legt Herzens-Grüſſe bei. Sein Portrait der ruſſiſchen Fürſtin<lb n="15"/> übertrift ſchon nach der poetiſchen Anordnung alle ſeine, wie er ſelber<lb/> ſagt. Die 2<hi rendition="#sup">te</hi> Auflage des <hi rendition="#aq">Fixleins</hi> ſamt dem <hi rendition="#aq">Titan</hi> und noch einem<lb/> Werklein bring’ ich Ihnen ſelber.</p> </postscript> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>112. An <hi rendition="#g">Jacobi.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Berlin</hi> d. 9. Apr. 1801.</hi> </dateline> <lb n="20"/> <p>Geliebter Bruder! Ich ſchweige über dein Schweigen auf meinen<lb/> Jenner-Brief, da ich leider in der wilden Zeit ſo viele Fäuſte ſehe, die<lb/> dir keine Feder laſſen. Mögeſt du nicht zu traurig ſein und möge der<lb/> Frühling dich an ſeiner blumigen Bruſt ausheilen!</p><lb/> <p>Endlich bekam ich Reinholds 1<hi rendition="#sup">ten</hi> Beitrag von Fichte ſelber, der mir<lb n="25"/> geſtand, R. ſtehe jezt höher als je. Die Heavtogonie und vorn die<lb/> Geſchichte find’ ich herlich und faſt alles. Fichte, der gegen ihn ſchreiben<lb/> wil, bleibt dabei, „das Denken als Denken“ ſei ſeine „intellektuelle<lb/> Anſchauung.“ Ich bin über Bardili’s Epitomator froh. Aber aus dem<lb/> reinen Denken weis ich nicht was damit oder daran für ein Urding<lb n="30"/> herausgedacht werden ſol; etwas noch höheres iſt das verhülte Ding<lb/> „die Überzeugung“<note place="foot" n="*)">Denn es iſt die Frage, ob je ein Menſch von einem Irthum überzeugt ge-<lb/> weſen; von den wahren Ingredienzien deſſelben war ers nur; man ſolte nur auf<lb/> das leiſe Gewiſſen der Überzeugung recht hören. Es verdamt viel früher als jeder<lb n="35"/> Syllogiſmus.</note>, die ja darüber oder darin richtet und die ſo<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [62/0068]
bis die Möglichkeit des Einſpruchs weggenommen iſt. Für Romanen-
ſchreiber iſt ein ſolches Geſez nicht überflüſſig.
Die Verlobung der Gräfin Schlabrendorff, die ich hier ſehr achten
lernte, iſt ohne ihre Schuld zerriſſen und ſie jezt in Leipzig, künftig
in Meinungen. 5
Die kleine Bek heirathet ein wenig zu bald nach dem erſten Abendmal.
[70]
Die Maria Stuart gefiel hier nicht ſo, wie man Ihnen geſchrieben,
ob man ihr gleich ein Halstuch umgethan und das Schlimſte weg-
gelaſſen.
Die ruſſiſche Geſandtin v. Krüdner, die oft bei mir iſt wie ich bei 10
ihr, komt im Frühling nach Weimar, blos um unſern Herder zu
ſehen. — Bringen Sie dem Dichter des Aeons den Grus des wärmſten
Herzens und allen lieben Seelen um Sie. Leben Sie froh!
Richter
Büri legt Herzens-Grüſſe bei. Sein Portrait der ruſſiſchen Fürſtin 15
übertrift ſchon nach der poetiſchen Anordnung alle ſeine, wie er ſelber
ſagt. Die 2te Auflage des Fixleins ſamt dem Titan und noch einem
Werklein bring’ ich Ihnen ſelber.
112. An Jacobi.
Berlin d. 9. Apr. 1801. 20
Geliebter Bruder! Ich ſchweige über dein Schweigen auf meinen
Jenner-Brief, da ich leider in der wilden Zeit ſo viele Fäuſte ſehe, die
dir keine Feder laſſen. Mögeſt du nicht zu traurig ſein und möge der
Frühling dich an ſeiner blumigen Bruſt ausheilen!
Endlich bekam ich Reinholds 1ten Beitrag von Fichte ſelber, der mir 25
geſtand, R. ſtehe jezt höher als je. Die Heavtogonie und vorn die
Geſchichte find’ ich herlich und faſt alles. Fichte, der gegen ihn ſchreiben
wil, bleibt dabei, „das Denken als Denken“ ſei ſeine „intellektuelle
Anſchauung.“ Ich bin über Bardili’s Epitomator froh. Aber aus dem
reinen Denken weis ich nicht was damit oder daran für ein Urding 30
herausgedacht werden ſol; etwas noch höheres iſt das verhülte Ding
„die Überzeugung“ *), die ja darüber oder darin richtet und die ſo
*) Denn es iſt die Frage, ob je ein Menſch von einem Irthum überzeugt ge-
weſen; von den wahren Ingredienzien deſſelben war ers nur; man ſolte nur auf
das leiſe Gewiſſen der Überzeugung recht hören. Es verdamt viel früher als jeder 35
Syllogiſmus.
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(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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