Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.Vergnügen und sehr wenig Plage. Unsere Abreise wird in der 2ten Und ferner, daß ich schon aus Gewissen nicht im Stande wäre, den Vergnügen und ſehr wenig Plage. Unſere Abreiſe wird in der 2ten Und ferner, daß ich ſchon aus Gewiſſen nicht im Stande wäre, den <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0316" n="304"/> Vergnügen und ſehr wenig Plage. Unſere Abreiſe wird in der 2<hi rendition="#sup">ten</hi><lb/> Woche des Auguſts (den Datum erhalten Sie noch) einfallen, weil der<lb/> drohende Regen kommen und ſeinen Feſtungsgraben um uns ziehen<lb/> wird. Ich wollte, mir würde von der ehrſamen Bierbräumeiſterei ein<lb/> Deputatus mit einem Schleifkännchen entgegengeſchickt auf halben<lb n="5"/> Weg, um mich zu empfangen, ſo lechz’ ich. — <hi rendition="#aq">Max</hi> iſt jetzt der ge-<lb/> fährlichſte Nebenbuhler <hi rendition="#aq">Emmas</hi> und kann ſie ſtürzen; ſo ruhig ver-<lb/> ſitzt er ſeinen ganzen Tag auf ſeiner Stube, ſtudiert was er ſieht, hat<lb/> größte Geiſtes- und Leibes Elaſtizität, hat ſtets ein ſeeliges Lächeln bei<lb/> der Hand und will außer ſich kommen vor Luſt, wenn man nur thut<lb n="10"/> als wenn er da wäre. Nun leuchtet mir die Aehnlichkeit, die er mit mir<lb/> haben ſollte, endlich auch ein. — Unbeſchreiblich freu’ ich mich auf<lb/> Thieriot und auf das Komiſche, das ich an ihm genießen werde.<lb/><hi rendition="#aq">Wangenheim</hi> ſchrieb mir von ſeinem Beifalle in <hi rendition="#aq">Wien</hi> und von dem<lb/> neuen <hi rendition="#aq">crescendo</hi> ſeines Spiels, das wieder in die alte, aber in Paris<lb n="15"/> verklärte Originalität zurükgekehret ſei. — Sagen Sie <hi rendition="#aq">Otto, Meusel</hi><lb/> will für das <hi rendition="#aq">bullarium</hi> (4 Okt[av]bände) 3½ rtl.; will er? —</p><lb/> <p>Und ferner, daß ich ſchon aus Gewiſſen nicht im Stande wäre, den<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd4_338">[338]</ref></note>guten <hi rendition="#aq">Holzapfel,</hi> ob dieſer gleich den ganzen Zankapfel reif gemacht,<lb/> zu verklagen; denn ich bin mir bewußt, daß ich ohne ihn den Wechſel<lb n="20"/> noch länger hätte liegen laſſen. — Ich habe oft geſagt, meine Bio-<lb/> graphien kopierten nicht mein Leben, ſondern dieſes jene. Seit den<lb/> Notars Flegeljahren hab’ ich mit Notarien zu thun, die theils prote-<lb/> ſtieren, theils reproteſtieren theils wie vor einigen Tagen nur mich<lb/> zu Zeugen zitieren, nämlich im Palais des Feldmarſchall’s, in welches<lb n="25"/> der Herzog wenig mehr Leute hineinläſſet. Letzterer ſchickte nämlich<lb/> (nach dem Zeitungs Inſerat der Prinzen) einen eigenhändigen Verbot<lb/> an ſeine Dienerſchaft, mit dem Prinzen zu eſſen oder umzugehen. Die<lb/> Auſſage eines Bedienten und ſeines Hofmarſchalls, die das Nein der<lb/> Dienerſchaft auf die Einladung zurückgebracht, wurde nun vor 2 Zeu-<lb n="30"/> gen, (ein öſterreichiſcher Offizier war der 2<hi rendition="#sup">te</hi>) protokolliert. Jetzt zieht<lb/> ſich der Krieg auf die Thronen hinauf oder Fürſtenſeſſel. — Ich hatte<lb/> noch 100 Dinge zu ſchreiben und das Blatt iſt ſchon aus. — Sie oder<lb/> Otto können mich ſogleich für den Auguſt in den Zeitungs-Zirkel<lb/> einrammen. — Die beiden <hi rendition="#aq">Pakhofs</hi> haben für mich mehr Reitz als<lb n="35"/> die ſchönſten Weiber, die ich ſeit vielen Jahren geſehen; ſolche Stim-<lb/> men und ſeelenvolle Phyſiognomien und Seelen gehören dazu zur<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [304/0316]
Vergnügen und ſehr wenig Plage. Unſere Abreiſe wird in der 2ten
Woche des Auguſts (den Datum erhalten Sie noch) einfallen, weil der
drohende Regen kommen und ſeinen Feſtungsgraben um uns ziehen
wird. Ich wollte, mir würde von der ehrſamen Bierbräumeiſterei ein
Deputatus mit einem Schleifkännchen entgegengeſchickt auf halben 5
Weg, um mich zu empfangen, ſo lechz’ ich. — Max iſt jetzt der ge-
fährlichſte Nebenbuhler Emmas und kann ſie ſtürzen; ſo ruhig ver-
ſitzt er ſeinen ganzen Tag auf ſeiner Stube, ſtudiert was er ſieht, hat
größte Geiſtes- und Leibes Elaſtizität, hat ſtets ein ſeeliges Lächeln bei
der Hand und will außer ſich kommen vor Luſt, wenn man nur thut 10
als wenn er da wäre. Nun leuchtet mir die Aehnlichkeit, die er mit mir
haben ſollte, endlich auch ein. — Unbeſchreiblich freu’ ich mich auf
Thieriot und auf das Komiſche, das ich an ihm genießen werde.
Wangenheim ſchrieb mir von ſeinem Beifalle in Wien und von dem
neuen crescendo ſeines Spiels, das wieder in die alte, aber in Paris 15
verklärte Originalität zurükgekehret ſei. — Sagen Sie Otto, Meusel
will für das bullarium (4 Okt[av]bände) 3½ rtl.; will er? —
Und ferner, daß ich ſchon aus Gewiſſen nicht im Stande wäre, den
guten Holzapfel, ob dieſer gleich den ganzen Zankapfel reif gemacht,
zu verklagen; denn ich bin mir bewußt, daß ich ohne ihn den Wechſel 20
noch länger hätte liegen laſſen. — Ich habe oft geſagt, meine Bio-
graphien kopierten nicht mein Leben, ſondern dieſes jene. Seit den
Notars Flegeljahren hab’ ich mit Notarien zu thun, die theils prote-
ſtieren, theils reproteſtieren theils wie vor einigen Tagen nur mich
zu Zeugen zitieren, nämlich im Palais des Feldmarſchall’s, in welches 25
der Herzog wenig mehr Leute hineinläſſet. Letzterer ſchickte nämlich
(nach dem Zeitungs Inſerat der Prinzen) einen eigenhändigen Verbot
an ſeine Dienerſchaft, mit dem Prinzen zu eſſen oder umzugehen. Die
Auſſage eines Bedienten und ſeines Hofmarſchalls, die das Nein der
Dienerſchaft auf die Einladung zurückgebracht, wurde nun vor 2 Zeu- 30
gen, (ein öſterreichiſcher Offizier war der 2te) protokolliert. Jetzt zieht
ſich der Krieg auf die Thronen hinauf oder Fürſtenſeſſel. — Ich hatte
noch 100 Dinge zu ſchreiben und das Blatt iſt ſchon aus. — Sie oder
Otto können mich ſogleich für den Auguſt in den Zeitungs-Zirkel
einrammen. — Die beiden Pakhofs haben für mich mehr Reitz als 35
die ſchönſten Weiber, die ich ſeit vielen Jahren geſehen; ſolche Stim-
men und ſeelenvolle Phyſiognomien und Seelen gehören dazu zur
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(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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