Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.

Bild:
<< vorherige Seite

gedankt hatt' er sogleich in der 1. Konferenz. Ein geheim. Rath Lang
vom Prinzen v. Leining sol ihm succedieren. So stehts; und dieser
Brief sol bald fort, damit ich nicht mehr zu schreiben bekomme, was
ich ja lieber mündlich gebe, wenn ich es noch weis. -- Ein Duel ist
sehr nahe. Die Stadt ist gespant und glühend und darf reden. -- W.5
bekam von der Bayr[euther] Regierung, von der er in der kurzen
1/2 Stunde seiner Einsezung im Namen der hiesigen eine Antwort über
die Eintaxierung von Erkersreuth begehrte, eine herliche und von
Voelderndorf sogar wahre wizige Noten dazu, die ich nicht erwartet
hätte. -- Indes gehört K.'s möglicher Sturz so gut unter meine10
Schmerzen als Wünsche, weil man dem Talent bei allem seinem
Misbrauche, sich doch moralisch zugeneigt fühlt. -- Sein Sie ver-
sichert, daß ich Ihnen nicht 1/8 erzählt habe und daß noch ein paar 1/8
mich Bogen und Tage kosten müsten. Vielleicht aber wird die hiesige
Despotie gedrukt. Man vergiebt Ich vergab diese zulezt bisher15
der Kraft und dem -- Bekanten viel zu sehr, der sie gerade an uns
nicht üben kan. Der Ehrgeiz ist eine fressende Parze der Menschheit.


Heute wird geendigt, obs gleich erst übermorgen fortgeht. Jezt ist
eine Rechnungs Kommission niedergesezt -- indes alles noch unent-20
schieden und K. blüht noch am Thron Gipfel. -- Die neue Magd
schlug treflich ein. Aber C. erkante nach dem Abzuge der alten deren
Vorzüge und meine im Urtheilen sehr. -- Max Schönheit überscheint
beinahe schon die der Emma; ein kostbares, kräftiges, unendlich
liebendes Gesicht von schönster Haut. Jezt wil man schon wieder an-25
fangen, Aehnlichkeiten mit dem Vater auszuwittern. -- Von den
3 Stichen gehört 1 Ihnen, 1 Otto, und 1 der Person, der Sie ihn
schenken; denn Ihnen kan man kein grösseres Geschenk machen als
eines mit einem zum Verschenken. Die Zeichnung ist aber richtiger als
der Stich. -- Einen Meerman Regierungsadvokat aus Bayreuth30
sprach ich öffentlich, einen Tropf, den ich mit Mühe aus seiner feinen
Dumheit erst herausbrachte als ich lange genug über die Vakanz der[312]
Vaccaturkasse gespasset. -- Welchem Fürsten sol ich meine ästhetischen
Untersuchungen zueignen? Ich mus einen haben oder eine Fürstin.
Ihrem König? Die Theorie des Schönen dem Man, den Titan der35
Frau? dic! -- Haben Sie den 4ten Titan gelesen: so bitt' ich Sie um

gedankt hatt’ er ſogleich in der 1. Konferenz. Ein geheim. Rath Lang
vom Prinzen v. Leining ſol ihm ſuccedieren. So ſtehts; und dieſer
Brief ſol bald fort, damit ich nicht mehr zu ſchreiben bekomme, was
ich ja lieber mündlich gebe, wenn ich es noch weis. — Ein Duel iſt
ſehr nahe. Die Stadt iſt geſpant und glühend und darf reden. — W.5
bekam von der Bayr[euther] Regierung, von der er in der kurzen
½ Stunde ſeiner Einſezung im Namen der hieſigen eine Antwort über
die Eintaxierung von Erkersreuth begehrte, eine herliche und von
Voelderndorf ſogar wahre wizige Noten dazu, die ich nicht erwartet
hätte. — Indes gehört K.’s möglicher Sturz ſo gut unter meine10
Schmerzen als Wünſche, weil man dem Talent bei allem ſeinem
Misbrauche, ſich doch moraliſch zugeneigt fühlt. — Sein Sie ver-
ſichert, daß ich Ihnen nicht ⅛ erzählt habe und daß noch ein paar ⅛
mich Bogen und Tage koſten müſten. Vielleicht aber wird die hieſige
Deſpotie gedrukt. Man vergiebt 〈Ich vergab〉 dieſe zulezt 〈bisher〉15
der Kraft und dem — Bekanten viel zu ſehr, der ſie gerade an uns
nicht üben kan. Der Ehrgeiz iſt eine freſſende Parze der Menſchheit.


Heute wird geendigt, obs gleich erſt übermorgen fortgeht. Jezt iſt
eine Rechnungs Kommiſſion niedergeſezt — indes alles noch unent-20
ſchieden und K. blüht noch am Thron Gipfel. — Die neue Magd
ſchlug treflich ein. Aber C. erkante nach dem Abzuge der alten deren
Vorzüge und meine im Urtheilen ſehr. — Max Schönheit überſcheint
beinahe ſchon die der Emma; ein koſtbares, kräftiges, unendlich
liebendes Geſicht von ſchönſter Haut. Jezt wil man ſchon wieder an-25
fangen, Aehnlichkeiten mit dem Vater auszuwittern. — Von den
3 Stichen gehört 1 Ihnen, 1 Otto, und 1 der Perſon, der Sie ihn
ſchenken; denn Ihnen kan man kein gröſſeres Geſchenk machen als
eines mit einem zum Verſchenken. Die Zeichnung iſt aber richtiger als
der Stich. — Einen Meerman Regierungsadvokat aus Bayreuth30
ſprach ich öffentlich, einen Tropf, den ich mit Mühe aus ſeiner feinen
Dumheit erſt herausbrachte als ich lange genug über die Vakanz der[312]
Vaccaturkaſſe geſpaſſet. — Welchem Fürſten ſol ich meine äſthetiſchen
Unterſuchungen zueignen? Ich mus einen haben oder eine Fürſtin.
Ihrem König? Die Theorie des Schönen dem Man, den Titan der35
Frau? dic! — Haben Sie den 4ten Titan geleſen: ſo bitt’ ich Sie um

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <div>
          <p><pb facs="#f0291" n="279"/>
gedankt hatt&#x2019; er &#x017F;ogleich in der 1. Konferenz. Ein geheim. Rath <hi rendition="#aq">Lang</hi><lb/>
vom Prinzen v. <hi rendition="#aq">Leining</hi> &#x017F;ol ihm &#x017F;uccedieren. So &#x017F;tehts; und die&#x017F;er<lb/>
Brief &#x017F;ol bald fort, damit ich nicht mehr zu &#x017F;chreiben bekomme, was<lb/>
ich ja lieber mündlich gebe, wenn ich es noch weis. &#x2014; Ein Duel i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ehr nahe. Die Stadt i&#x017F;t ge&#x017F;pant und glühend und darf reden. &#x2014; <hi rendition="#aq">W.</hi><lb n="5"/>
bekam von der <hi rendition="#aq">Bayr[euther]</hi> Regierung, von der er in der kurzen<lb/>
½ Stunde &#x017F;einer Ein&#x017F;ezung im Namen der hie&#x017F;igen eine Antwort über<lb/>
die Eintaxierung von <hi rendition="#aq">Erkersreuth</hi> begehrte, eine herliche und von<lb/><hi rendition="#aq">Voelderndorf</hi> &#x017F;ogar wahre wizige Noten dazu, die ich nicht erwartet<lb/>
hätte. &#x2014; Indes gehört <hi rendition="#aq">K.&#x2019;s</hi> möglicher Sturz &#x017F;o gut unter meine<lb n="10"/>
Schmerzen als Wün&#x017F;che, weil man dem Talent bei allem &#x017F;einem<lb/>
Misbrauche, &#x017F;ich doch morali&#x017F;ch zugeneigt fühlt. &#x2014; Sein Sie ver-<lb/>
&#x017F;ichert, daß ich Ihnen nicht &#x215B; erzählt habe und daß noch ein paar &#x215B;<lb/>
mich Bogen und Tage ko&#x017F;ten mü&#x017F;ten. Vielleicht aber wird die hie&#x017F;ige<lb/>
De&#x017F;potie gedrukt. Man vergiebt &#x2329;Ich vergab&#x232A; die&#x017F;e zulezt &#x2329;bisher&#x232A;<lb n="15"/>
der Kraft und dem &#x2014; Bekanten viel zu &#x017F;ehr, der &#x017F;ie gerade an uns<lb/>
nicht üben kan. Der Ehrgeiz i&#x017F;t eine fre&#x017F;&#x017F;ende Parze der Men&#x017F;chheit.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <dateline> <hi rendition="#right">Sontags 26.</hi> </dateline><lb/>
          <p>Heute wird geendigt, obs gleich er&#x017F;t übermorgen fortgeht. Jezt i&#x017F;t<lb/>
eine Rechnungs Kommi&#x017F;&#x017F;ion niederge&#x017F;ezt &#x2014; indes alles noch unent-<lb n="20"/>
&#x017F;chieden und <hi rendition="#aq">K.</hi> blüht noch am Thron Gipfel. &#x2014; Die neue Magd<lb/>
&#x017F;chlug treflich ein. Aber <hi rendition="#aq">C.</hi> erkante nach dem Abzuge der alten deren<lb/>
Vorzüge und meine im Urtheilen &#x017F;ehr. &#x2014; <hi rendition="#aq">Max</hi> Schönheit über&#x017F;cheint<lb/>
beinahe &#x017F;chon die der <hi rendition="#aq">Emma;</hi> ein ko&#x017F;tbares, kräftiges, unendlich<lb/>
liebendes Ge&#x017F;icht von &#x017F;chön&#x017F;ter Haut. Jezt wil man &#x017F;chon wieder an-<lb n="25"/>
fangen, Aehnlichkeiten mit dem Vater auszuwittern. &#x2014; Von den<lb/>
3 Stichen gehört 1 Ihnen, 1 Otto, und 1 der Per&#x017F;on, der Sie ihn<lb/>
&#x017F;chenken; denn Ihnen kan man kein grö&#x017F;&#x017F;eres Ge&#x017F;chenk machen als<lb/>
eines mit einem zum Ver&#x017F;chenken. Die Zeichnung i&#x017F;t aber richtiger als<lb/>
der Stich. &#x2014; Einen <hi rendition="#aq">Meerman</hi> Regierungsadvokat aus <hi rendition="#aq">Bayreuth</hi><lb n="30"/>
&#x017F;prach ich öffentlich, einen Tropf, den ich mit Mühe aus &#x017F;einer feinen<lb/>
Dumheit er&#x017F;t herausbrachte als ich lange genug über die Vakanz der<note place="right"><ref target="1922_Bd4_312">[312]</ref></note><lb/>
Vaccaturka&#x017F;&#x017F;e ge&#x017F;pa&#x017F;&#x017F;et. &#x2014; Welchem Für&#x017F;ten &#x017F;ol ich meine ä&#x017F;theti&#x017F;chen<lb/>
Unter&#x017F;uchungen zueignen? Ich mus einen haben oder eine Für&#x017F;tin.<lb/>
Ihrem König? Die Theorie des Schönen dem Man, den Titan der<lb n="35"/>
Frau? <hi rendition="#aq">dic!</hi> &#x2014; Haben Sie den 4<hi rendition="#sup">ten</hi> Titan gele&#x017F;en: &#x017F;o bitt&#x2019; ich Sie um<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0291] gedankt hatt’ er ſogleich in der 1. Konferenz. Ein geheim. Rath Lang vom Prinzen v. Leining ſol ihm ſuccedieren. So ſtehts; und dieſer Brief ſol bald fort, damit ich nicht mehr zu ſchreiben bekomme, was ich ja lieber mündlich gebe, wenn ich es noch weis. — Ein Duel iſt ſehr nahe. Die Stadt iſt geſpant und glühend und darf reden. — W. 5 bekam von der Bayr[euther] Regierung, von der er in der kurzen ½ Stunde ſeiner Einſezung im Namen der hieſigen eine Antwort über die Eintaxierung von Erkersreuth begehrte, eine herliche und von Voelderndorf ſogar wahre wizige Noten dazu, die ich nicht erwartet hätte. — Indes gehört K.’s möglicher Sturz ſo gut unter meine 10 Schmerzen als Wünſche, weil man dem Talent bei allem ſeinem Misbrauche, ſich doch moraliſch zugeneigt fühlt. — Sein Sie ver- ſichert, daß ich Ihnen nicht ⅛ erzählt habe und daß noch ein paar ⅛ mich Bogen und Tage koſten müſten. Vielleicht aber wird die hieſige Deſpotie gedrukt. Man vergiebt 〈Ich vergab〉 dieſe zulezt 〈bisher〉 15 der Kraft und dem — Bekanten viel zu ſehr, der ſie gerade an uns nicht üben kan. Der Ehrgeiz iſt eine freſſende Parze der Menſchheit. Sontags 26. Heute wird geendigt, obs gleich erſt übermorgen fortgeht. Jezt iſt eine Rechnungs Kommiſſion niedergeſezt — indes alles noch unent- 20 ſchieden und K. blüht noch am Thron Gipfel. — Die neue Magd ſchlug treflich ein. Aber C. erkante nach dem Abzuge der alten deren Vorzüge und meine im Urtheilen ſehr. — Max Schönheit überſcheint beinahe ſchon die der Emma; ein koſtbares, kräftiges, unendlich liebendes Geſicht von ſchönſter Haut. Jezt wil man ſchon wieder an- 25 fangen, Aehnlichkeiten mit dem Vater auszuwittern. — Von den 3 Stichen gehört 1 Ihnen, 1 Otto, und 1 der Perſon, der Sie ihn ſchenken; denn Ihnen kan man kein gröſſeres Geſchenk machen als eines mit einem zum Verſchenken. Die Zeichnung iſt aber richtiger als der Stich. — Einen Meerman Regierungsadvokat aus Bayreuth 30 ſprach ich öffentlich, einen Tropf, den ich mit Mühe aus ſeiner feinen Dumheit erſt herausbrachte als ich lange genug über die Vakanz der Vaccaturkaſſe geſpaſſet. — Welchem Fürſten ſol ich meine äſthetiſchen Unterſuchungen zueignen? Ich mus einen haben oder eine Fürſtin. Ihrem König? Die Theorie des Schönen dem Man, den Titan der 35 Frau? dic! — Haben Sie den 4ten Titan geleſen: ſo bitt’ ich Sie um [312]

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:08:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:08:29Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/291
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/291>, abgerufen am 01.05.2024.