einen andern? -- zu schreiben verhoffe. Einmal mus doch nicht mehr beantwortet werden; sonst gäb' es ein ewiges Echo des Echo. Auch ist es leichter, eine Antwort zu geben als zu veranlassen brieflich. --
Doch sol heute Ihr Brief und dessen beiliegende Kopie von C. hier vor mir liegen, damit ich beantworte.5
Thieriot -- -- Seine und Ihre Briefe ... es ist Herzens-Wollust, den Jüngling und Man so scharf und schön neben einander zu finden, so harmonisch ohne Ein-Klang. Auch lieb' ich Th. am meisten wenn er an Sie schreibt. Es ist die Frage, ob Sie nicht das originelste Leben -- und folglich Herz -- führen, das je erwärmet hat; ich meine, ein10 blosses lauteres Leben der Liebe, so extensiv, als sagten Sie den 4 etc. Welttheilen Höflichkeiten, so intensiv, als hätten Sie Kinder und Frau. Bedenken Sie, daß Sie recht glüklich sind; und Gott erhalte[307] Ihnen -- welche Liebe Ihnen auch vergehe -- nur Ihre. Wer lieben kan, braucht nichts, im Nothfal, kaum einen Menschen, denn der15 verhülte Geber der Liebe bleibt ihm doch. -- Aber für den guten Thier[i]ot wünsch' ich Ihr ernstes Wort. Die Gebrüder Gugel -- von ihm an mich empfohlne grosse Waldhornisten -- sagten mir, daß er in München durch sein Betragen sehr misfallen, 1) daß er erst nach 3 Wochen zu den Musizis gegangen, da doch da grosse sind, 2) daß20 er sie alle zu leicht behandelt und beleidigt, da doch München wegen grosser berühmt ist und ein grosser Violinist doch einen elenden achten mus, der ein grosser Hornist oder des etwas ist, 3) daß er das Publikum gerade so falsch behandelte als ich ihm hier vorwarf. Er kündigte nämlich im Museum an, daß er die Spiele verschiedener Meister25 geben wolte -- welches a) eine kleine Unbescheidenheit war, sich als einen Chrestomathen von Meistern zu geben, folglich als deren Über- Seher, b) eine Verrechnung beim Publikum, das nun die ältere Viottische Manier und die neuern hören muste -- als blosse Studien --, indes dasselbe weder die Originale dieser Kopien kent noch an den30 Kopien [sich] erfreuen kan und wil -- es wil reine dilettantische Lust. Wer wird Geigern geigen? Man sol ungemein unzufrieden mit seinen Worten und Wahlen gewesen sein. Jene musikalischen Studien und Akademien könt' er ja geben, wenn er fixiert wäre als Direktor für 1 Publikum. Am Ende wird ers noch hier; denn in Wien wird er mit35 seinem Verachten und Verstehen noch schlimmer fahren. -- Überhaupt warum sezt er denn überal das Minimum der Musik voraus, und in
18*
einen andern? — zu ſchreiben verhoffe. Einmal mus doch nicht mehr beantwortet werden; ſonſt gäb’ es ein ewiges Echo des Echo. Auch iſt es leichter, eine Antwort zu geben als zu veranlaſſen brieflich. —
Doch ſol heute Ihr Brief und deſſen beiliegende Kopie von C. hier vor mir liegen, damit ich beantworte.5
Thieriot — — Seine und Ihre Briefe ... es iſt Herzens-Wolluſt, den Jüngling und Man ſo ſcharf und ſchön neben einander zu finden, ſo harmoniſch ohne Ein-Klang. Auch lieb’ ich Th. am meiſten wenn er an Sie ſchreibt. Es iſt die Frage, ob Sie nicht das originelſte Leben — und folglich Herz — führen, das je erwärmet hat; ich meine, ein10 bloſſes lauteres Leben der Liebe, ſo extenſiv, als ſagten Sie den 4 ꝛc. Welttheilen Höflichkeiten, ſo intenſiv, als hätten Sie Kinder und Frau. Bedenken Sie, daß Sie recht glüklich ſind; und Gott erhalte[307] Ihnen — welche Liebe Ihnen auch vergehe — nur Ihre. Wer lieben kan, braucht nichts, im Nothfal, kaum einen Menſchen, denn der15 verhülte Geber der Liebe bleibt ihm doch. — Aber für den guten Thier[i]ot wünſch’ ich Ihr ernſtes Wort. Die Gebrüder Gugel — von ihm an mich empfohlne groſſe Waldhorniſten — ſagten mir, daß er in München durch ſein Betragen ſehr misfallen, 1) daß er erſt nach 3 Wochen zu den Muſizis gegangen, da doch da groſſe ſind, 2) daß20 er ſie alle zu leicht behandelt und beleidigt, da doch München wegen groſſer berühmt iſt und ein groſſer Violiniſt doch einen elenden achten mus, der ein groſſer Horniſt oder des etwas iſt, 3) daß er das Publikum gerade ſo falſch behandelte als ich ihm hier vorwarf. Er kündigte nämlich im Muſeum an, daß er die Spiele verſchiedener Meiſter25 geben wolte — welches a) eine kleine Unbeſcheidenheit war, ſich als einen Chreſtomathen von Meiſtern zu geben, folglich als deren Über- Seher, b) eine Verrechnung beim Publikum, das nun die ältere Viottiſche Manier und die neuern hören muſte — als bloſſe Studien —, indes daſſelbe weder die Originale dieſer Kopien kent noch an den30 Kopien [ſich] erfreuen kan und wil — es wil reine dilettantiſche Luſt. Wer wird Geigern geigen? Man ſol ungemein unzufrieden mit ſeinen Worten und Wahlen geweſen ſein. Jene muſikaliſchen Studien und Akademien könt’ er ja geben, wenn er fixiert wäre als Direktor für 1 Publikum. Am Ende wird ers noch hier; denn in Wien wird er mit35 ſeinem Verachten und Verſtehen noch ſchlimmer fahren. — Überhaupt warum ſezt er denn überal das Minimum der Muſik voraus, und in
18*
<TEI><text><body><divtype="letter"n="1"><p><pbfacs="#f0287"n="275"/>
einen andern? — zu ſchreiben verhoffe. Einmal mus doch nicht mehr<lb/>
beantwortet werden; ſonſt gäb’ es ein ewiges Echo des Echo. Auch<lb/>
iſt es leichter, eine Antwort zu geben als zu veranlaſſen brieflich. —</p><lb/><p>Doch ſol heute Ihr Brief und deſſen beiliegende Kopie von <hirendition="#aq">C.</hi><lb/>
hier vor mir liegen, damit ich beantworte.<lbn="5"/></p><p><hirendition="#aq">Thieriot</hi>—— Seine und Ihre Briefe ... es iſt Herzens-Wolluſt,<lb/>
den Jüngling und Man ſo ſcharf und ſchön neben einander zu finden,<lb/>ſo harmoniſch ohne <hirendition="#g">Ein</hi>-Klang. Auch lieb’ ich Th. am meiſten wenn<lb/>
er an Sie ſchreibt. Es iſt die Frage, ob Sie nicht das originelſte Leben<lb/>— und folglich Herz — führen, das je erwärmet hat; ich meine, ein<lbn="10"/>
bloſſes lauteres Leben der Liebe, ſo extenſiv, als ſagten Sie den 4 ꝛc.<lb/>
Welttheilen Höflichkeiten, ſo intenſiv, als hätten Sie Kinder und<lb/>
Frau. Bedenken Sie, daß Sie recht glüklich ſind; und Gott erhalte<noteplace="right"><reftarget="1922_Bd4_307">[307]</ref></note><lb/>
Ihnen — welche Liebe Ihnen auch vergehe — nur Ihre. Wer lieben<lb/>
kan, braucht nichts, im Nothfal, kaum einen Menſchen, denn der<lbn="15"/>
verhülte Geber der Liebe bleibt ihm doch. — Aber für den guten<lb/>
Thier[i]ot wünſch’ ich Ihr ernſtes Wort. Die Gebrüder Gugel — von<lb/>
ihm an mich empfohlne groſſe Waldhorniſten —ſagten mir, daß er<lb/>
in München durch ſein Betragen ſehr misfallen, 1) daß er erſt nach<lb/>
3 Wochen zu den Muſizis gegangen, da doch da groſſe ſind, 2) daß<lbn="20"/>
er ſie alle zu leicht behandelt und beleidigt, da doch <hirendition="#aq">München</hi> wegen<lb/>
groſſer berühmt iſt und ein groſſer Violiniſt doch einen elenden achten<lb/>
mus, der ein groſſer Horniſt oder des etwas iſt, 3) daß er das Publikum<lb/>
gerade ſo falſch behandelte als ich ihm hier vorwarf. Er kündigte<lb/>
nämlich im Muſeum an, daß er die Spiele verſchiedener Meiſter<lbn="25"/>
geben wolte — welches <hirendition="#aq">a)</hi> eine kleine Unbeſcheidenheit war, ſich als<lb/>
einen Chreſtomathen von Meiſtern zu geben, folglich als deren Über-<lb/>
Seher, <hirendition="#aq">b)</hi> eine Verrechnung beim Publikum, das nun die ältere<lb/>
Viottiſche Manier und die neuern hören muſte — als bloſſe Studien —,<lb/>
indes daſſelbe weder die Originale dieſer Kopien kent noch an den<lbn="30"/>
Kopien [ſich] erfreuen kan und wil — es wil reine dilettantiſche Luſt.<lb/>
Wer wird Geigern geigen? Man ſol ungemein unzufrieden mit ſeinen<lb/>
Worten und Wahlen geweſen ſein. Jene muſikaliſchen Studien und<lb/>
Akademien könt’ er ja geben, wenn er fixiert wäre als Direktor für<lb/>
1 Publikum. Am Ende wird ers noch <hirendition="#g">hier;</hi> denn in Wien wird er mit<lbn="35"/>ſeinem Verachten und Verſtehen noch ſchlimmer fahren. — Überhaupt<lb/>
warum ſezt er denn überal das <hirendition="#aq">Minimum</hi> der Muſik voraus, und in<lb/><fwplace="bottom"type="sig">18*</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[275/0287]
einen andern? — zu ſchreiben verhoffe. Einmal mus doch nicht mehr
beantwortet werden; ſonſt gäb’ es ein ewiges Echo des Echo. Auch
iſt es leichter, eine Antwort zu geben als zu veranlaſſen brieflich. —
Doch ſol heute Ihr Brief und deſſen beiliegende Kopie von C.
hier vor mir liegen, damit ich beantworte. 5
Thieriot — — Seine und Ihre Briefe ... es iſt Herzens-Wolluſt,
den Jüngling und Man ſo ſcharf und ſchön neben einander zu finden,
ſo harmoniſch ohne Ein-Klang. Auch lieb’ ich Th. am meiſten wenn
er an Sie ſchreibt. Es iſt die Frage, ob Sie nicht das originelſte Leben
— und folglich Herz — führen, das je erwärmet hat; ich meine, ein 10
bloſſes lauteres Leben der Liebe, ſo extenſiv, als ſagten Sie den 4 ꝛc.
Welttheilen Höflichkeiten, ſo intenſiv, als hätten Sie Kinder und
Frau. Bedenken Sie, daß Sie recht glüklich ſind; und Gott erhalte
Ihnen — welche Liebe Ihnen auch vergehe — nur Ihre. Wer lieben
kan, braucht nichts, im Nothfal, kaum einen Menſchen, denn der 15
verhülte Geber der Liebe bleibt ihm doch. — Aber für den guten
Thier[i]ot wünſch’ ich Ihr ernſtes Wort. Die Gebrüder Gugel — von
ihm an mich empfohlne groſſe Waldhorniſten — ſagten mir, daß er
in München durch ſein Betragen ſehr misfallen, 1) daß er erſt nach
3 Wochen zu den Muſizis gegangen, da doch da groſſe ſind, 2) daß 20
er ſie alle zu leicht behandelt und beleidigt, da doch München wegen
groſſer berühmt iſt und ein groſſer Violiniſt doch einen elenden achten
mus, der ein groſſer Horniſt oder des etwas iſt, 3) daß er das Publikum
gerade ſo falſch behandelte als ich ihm hier vorwarf. Er kündigte
nämlich im Muſeum an, daß er die Spiele verſchiedener Meiſter 25
geben wolte — welches a) eine kleine Unbeſcheidenheit war, ſich als
einen Chreſtomathen von Meiſtern zu geben, folglich als deren Über-
Seher, b) eine Verrechnung beim Publikum, das nun die ältere
Viottiſche Manier und die neuern hören muſte — als bloſſe Studien —,
indes daſſelbe weder die Originale dieſer Kopien kent noch an den 30
Kopien [ſich] erfreuen kan und wil — es wil reine dilettantiſche Luſt.
Wer wird Geigern geigen? Man ſol ungemein unzufrieden mit ſeinen
Worten und Wahlen geweſen ſein. Jene muſikaliſchen Studien und
Akademien könt’ er ja geben, wenn er fixiert wäre als Direktor für
1 Publikum. Am Ende wird ers noch hier; denn in Wien wird er mit 35
ſeinem Verachten und Verſtehen noch ſchlimmer fahren. — Überhaupt
warum ſezt er denn überal das Minimum der Muſik voraus, und in
[307]
18*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/287>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.