Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.viel klüger aus als sein Vater, aber nicht so angenehm. Emma hat Unserem guten Herder bin ich leider die Antwort schuldig. Ich Richter viel klüger aus als ſein Vater, aber nicht ſo angenehm. Emma hat Unſerem guten Herder bin ich leider die Antwort ſchuldig. Ich Richter <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0266" n="254"/> viel klüger aus als ſein Vater, aber nicht ſo angenehm. <hi rendition="#aq">Emma</hi> hat<lb/> die Geſtalt eines reizenden Genius und ich werde ihr am Ende noch<lb/> eine Wolke anziehen und ein wenig Regenbogen umbinden. Sie iſt<lb/> gar zu lieblich; und lief gerade an <hi rendition="#aq">Maxens</hi> Geburtstage ganz für<lb/> ſich.<lb n="5"/> </p> <p>Unſerem guten <hi rendition="#aq">Herder</hi> bin ich leider die Antwort ſchuldig. Ich<lb/> werde überhaupt jezt ein zweiter <hi rendition="#aq">Herder,</hi> im Schreiben leider nicht,<lb/> aber wohl im Schweigen. Der Bruder der Herzogin <hi rendition="#aq">v. Curland</hi> ver-<lb/> fehlte mich. — <hi rendition="#aq">Herders</hi> Krankheit und Geneſung ſchrieb mir <hi rendition="#aq">Emanuel;</hi><lb/> woran war er krank? Doch nicht an <hi rendition="#aq">Weimar?</hi> — Für die <hi rendition="#aq">IX</hi><hi rendition="#sup">te</hi> Adraſtea<lb n="10"/> ſag’ ich Empfängers und Leſers Dank. Im Geſpräch: Kritik und<lb/> Satire ſtekt von beiden viel und ich würde meinen herlichen Lorbeer-<lb/> kranz darin nicht aufzuſezen wagen, wenn er nicht vorher wäre ſo<lb/> ſcharf gedört worden, daß man ihn für eine halbe Dornenkrone tragen<lb/> kan. <hi rendition="#aq">H.</hi> iſt der ſchlimſte Schalk, denn er ſcheint der unbefangenſte und<lb n="15"/> kindlichſte. Zu Michaelis geb’ ich Vorleſungen über die Kunſt; zu<lb/> Oſtern Flegeljahre, d. h. einen luſtigen Roman, der doch die herliche<lb/> Luiſe weniger faſſen wird als der wild-armige Titan. — Was mich<lb/> beſonders in der 9<hi rendition="#sup">ten</hi> Adraſtea entzükte, war die Abhandlung über das<lb/> Epos — zumal die neue Trennung des Götlichen vom Wunderbaren<lb n="20"/> — und der Cid, kräftig, ſcharf, kurz, gewaltig in den Verſen und in<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd4_284">[284]</ref></note>Geſinnungen aufgebauet, nur leider abgebrochen. — <hi rendition="#aq">Goethens Eu-<lb/> genia</hi> iſt in Rükſicht der heiligen, ächt-griechiſchen und poetiſchen<lb/> Moralität von einem Himmel gefallen, den unſere Zeit jezt mit<lb/> Schmuz-Wolken überdekt; er beſchämt ſeine rauhen Anhänger und —<lb n="25"/> ſich; aber poetiſche Einwendungen hätt’ ich doch viel gegen das Werk.<lb/> — Unendlich erfreuete mich <hi rendition="#aq">Herders</hi> Verſprechen ſeiner wiederholten<lb/> Vergangenheit, nämlich der <hi rendition="#aq">opera omnia.</hi> Er zögere nicht, die Zeit<lb/> braucht ihn. — Man ſchrieb mir, der Herzog habe Zulagen für ſeine<lb/> Anlagen reſolviert. Gott geb’ es und der Herzog. Der König in<lb n="30"/> Preuſſen ſchenkte einem elenden Beſenbinder, der Zimmermans-Reime<lb/> machte, ein Rittergut in Schleſien; mich macht er nicht einmal zum<lb/> Kanonikus; mir giebt kein Fürſt was; ich ſol auf der Erde nichts<lb/> haben, ausgenommen etwan Liebe und Freude, nämlich <hi rendition="#aq">Emma, Max</hi><lb/> und <hi rendition="#aq">Caroline.</hi> — Ich ſehne mich unbeſchreiblich unter Ihr Dach.<lb n="35"/> Alles bei Ihnen lebe wohl!</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#right">Richter</hi> </salute> </closer><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [254/0266]
viel klüger aus als ſein Vater, aber nicht ſo angenehm. Emma hat
die Geſtalt eines reizenden Genius und ich werde ihr am Ende noch
eine Wolke anziehen und ein wenig Regenbogen umbinden. Sie iſt
gar zu lieblich; und lief gerade an Maxens Geburtstage ganz für
ſich. 5
Unſerem guten Herder bin ich leider die Antwort ſchuldig. Ich
werde überhaupt jezt ein zweiter Herder, im Schreiben leider nicht,
aber wohl im Schweigen. Der Bruder der Herzogin v. Curland ver-
fehlte mich. — Herders Krankheit und Geneſung ſchrieb mir Emanuel;
woran war er krank? Doch nicht an Weimar? — Für die IXte Adraſtea 10
ſag’ ich Empfängers und Leſers Dank. Im Geſpräch: Kritik und
Satire ſtekt von beiden viel und ich würde meinen herlichen Lorbeer-
kranz darin nicht aufzuſezen wagen, wenn er nicht vorher wäre ſo
ſcharf gedört worden, daß man ihn für eine halbe Dornenkrone tragen
kan. H. iſt der ſchlimſte Schalk, denn er ſcheint der unbefangenſte und 15
kindlichſte. Zu Michaelis geb’ ich Vorleſungen über die Kunſt; zu
Oſtern Flegeljahre, d. h. einen luſtigen Roman, der doch die herliche
Luiſe weniger faſſen wird als der wild-armige Titan. — Was mich
beſonders in der 9ten Adraſtea entzükte, war die Abhandlung über das
Epos — zumal die neue Trennung des Götlichen vom Wunderbaren 20
— und der Cid, kräftig, ſcharf, kurz, gewaltig in den Verſen und in
Geſinnungen aufgebauet, nur leider abgebrochen. — Goethens Eu-
genia iſt in Rükſicht der heiligen, ächt-griechiſchen und poetiſchen
Moralität von einem Himmel gefallen, den unſere Zeit jezt mit
Schmuz-Wolken überdekt; er beſchämt ſeine rauhen Anhänger und — 25
ſich; aber poetiſche Einwendungen hätt’ ich doch viel gegen das Werk.
— Unendlich erfreuete mich Herders Verſprechen ſeiner wiederholten
Vergangenheit, nämlich der opera omnia. Er zögere nicht, die Zeit
braucht ihn. — Man ſchrieb mir, der Herzog habe Zulagen für ſeine
Anlagen reſolviert. Gott geb’ es und der Herzog. Der König in 30
Preuſſen ſchenkte einem elenden Beſenbinder, der Zimmermans-Reime
machte, ein Rittergut in Schleſien; mich macht er nicht einmal zum
Kanonikus; mir giebt kein Fürſt was; ich ſol auf der Erde nichts
haben, ausgenommen etwan Liebe und Freude, nämlich Emma, Max
und Caroline. — Ich ſehne mich unbeſchreiblich unter Ihr Dach. 35
Alles bei Ihnen lebe wohl!
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Richter
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(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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