Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.Leben noch fort, sogar mit dem alten Müller? Dauert alles Alte noch? Ernestine hat sich sehr heiter, bestimt und besonnen ausgebildet; Meine Orts-Veränderungen waren bisher immer Verbesserungen;5 Ich wolte, ich sähe dich einmal, wir wolten alte Stunden haben Grüsse die Berg und sag' ihr, daß der Bruder der Herzogin von Hier würdest du nicht ohne Nahrung für deinen Geist sein; denn es [275] Ernestine lebt und webt in Mahlman; und sie hat ihn entweder Lebe wohl, alter Hans, und gedenke meiner bald bei mir, d. h. (*)416. An Charlotte von Kalb in Trabelsdorf. [Kopie, z. T. Konzept][Koburg, 1. Nov. 1803]25Vergeben Sie! Aus dieser Bitte solte der ganze Brief bestehen. Leben noch fort, ſogar mit dem alten Müller? Dauert alles Alte noch? Ernestine hat ſich ſehr heiter, beſtimt und beſonnen ausgebildet; Meine Orts-Veränderungen waren bisher immer Verbeſſerungen;5 Ich wolte, ich ſähe dich einmal, wir wolten alte Stunden haben Grüſſe die Berg und ſag’ ihr, daß der Bruder der Herzogin von Hier würdeſt du nicht ohne Nahrung für deinen Geiſt ſein; denn es [275] Ernestine lebt und webt in Mahlman; und ſie hat ihn entweder Lebe wohl, alter Hans, und gedenke meiner bald bei mir, d. h. (*)416. An Charlotte von Kalb in Trabelsdorf. [Kopie, z. T. Konzept][Koburg, 1. Nov. 1803]25Vergeben Sie! Aus dieſer Bitte ſolte der ganze Brief beſtehen. <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0258" n="246"/> Leben noch fort, ſogar mit dem alten <hi rendition="#aq">Müller?</hi> Dauert alles Alte noch?<lb/> Schreib mir ein wenig heller und breiter.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">Ernestine</hi> hat ſich ſehr heiter, beſtimt und beſonnen ausgebildet;<lb/> ihre Stimme und ihr Geſicht haben ſich faſt verſchönert.</p><lb/> <p>Meine Orts-Veränderungen waren bisher immer Verbeſſerungen;<lb n="5"/> in Rükſicht der Eden-Gegend gäb’ es hier für mich keine Verbeſſerung<lb/> mehr, nur Verſchlimmerungen. Am genialiſchen Miniſter <hi rendition="#aq">Kretsch-<lb/> man</hi> und noch einigen andern hab’ ich was ich brauche.</p><lb/> <p>Ich wolte, ich ſähe dich einmal, wir wolten alte Stunden haben<lb/> und neueſte dazu. — Fet und Bücher mach’ ich täglich mehr. Bei <hi rendition="#aq">Cotta</hi><lb n="10"/> kommen <hi rendition="#g">Flegeljahre</hi> 1804 heraus.</p><lb/> <p>Grüſſe die <hi rendition="#aq">Berg</hi> und ſag’ ihr, daß der Bruder der Herzogin von<lb/> Kurland mich leider nicht zu Hauſe getroffen.</p><lb/> <p>Hier würdeſt du nicht ohne Nahrung für deinen Geiſt ſein; denn es<lb/> giebt kaum etwas Schöneres als unſere 3 Prinzeſſinnen. — Hörſt du<lb n="15"/> nichts von <hi rendition="#aq">Kosmeli?</hi> Wie ſtehts mit <hi rendition="#aq">Merkel, Sander, Schlegel,<lb/> Kotzebue?</hi> Schreib doch viel.</p><lb/> <p><note place="left"><ref target="1922_Bd4_275">[275]</ref></note><hi rendition="#aq">Ernestine</hi> lebt und webt in <hi rendition="#aq">Mahlman;</hi> und ſie hat ihn entweder<lb/> beſſer gemacht oder beſſer gefunden als wir glaubten. Eine liebende<lb/> Ehe iſt das beſte Eiſenmittel gegen alle ſchwächende öde Liebe[lei].<lb n="20"/> </p> <p>Lebe wohl, alter Hans, und gedenke meiner bald bei mir, d. h.<lb/> ſchreibe. — Wie gefiel dir der 4. Titan, der ſeit langem mein beſtes<lb/> Buch iſt?</p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>(*)416. An <hi rendition="#g">Charlotte von Kalb in Trabelsdorf.</hi></head><lb/> <note type="editorial">[Kopie, z. T. Konzept]</note> <dateline> <hi rendition="#right">[Koburg, 1. Nov. 1803]</hi> </dateline> <lb n="25"/> <p>Vergeben Sie! Aus dieſer Bitte ſolte der ganze Brief beſtehen.<lb/> [Ich erſchrak, als ich im Ihrigen Ihre ſanfte Klage über mich und<lb/> Ihre Liebe und den Schmerz Ihrer vergeblichen Erwartungen fand,<lb/> die ich ſo wenig vorausgeſezt hatte. Damals handelte ich wohl gerecht-<lb/> fertigt, nur jezt wird mir dieſe Feuer [!]. Eigentlich war es unmöglich<lb n="30"/> Sie zu beſuchen und doch nach Ihrem Briefe mach’ ich mir Vorwürfe.<lb/> Gute Stille, ich möchte Sie recht loben, denn Sie lieben recht;] Sie<lb/> [ſind] ſo [frei,] offen und ſo reich, ein Gold in Kryſtal. [An Ihnen kan<lb/> ich nicht irre werden und darauf, auf unſern älteſten und neueſten<lb/> Bund, baue Charlotte ewig!]<lb n="35"/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [246/0258]
Leben noch fort, ſogar mit dem alten Müller? Dauert alles Alte noch?
Schreib mir ein wenig heller und breiter.
Ernestine hat ſich ſehr heiter, beſtimt und beſonnen ausgebildet;
ihre Stimme und ihr Geſicht haben ſich faſt verſchönert.
Meine Orts-Veränderungen waren bisher immer Verbeſſerungen; 5
in Rükſicht der Eden-Gegend gäb’ es hier für mich keine Verbeſſerung
mehr, nur Verſchlimmerungen. Am genialiſchen Miniſter Kretsch-
man und noch einigen andern hab’ ich was ich brauche.
Ich wolte, ich ſähe dich einmal, wir wolten alte Stunden haben
und neueſte dazu. — Fet und Bücher mach’ ich täglich mehr. Bei Cotta 10
kommen Flegeljahre 1804 heraus.
Grüſſe die Berg und ſag’ ihr, daß der Bruder der Herzogin von
Kurland mich leider nicht zu Hauſe getroffen.
Hier würdeſt du nicht ohne Nahrung für deinen Geiſt ſein; denn es
giebt kaum etwas Schöneres als unſere 3 Prinzeſſinnen. — Hörſt du 15
nichts von Kosmeli? Wie ſtehts mit Merkel, Sander, Schlegel,
Kotzebue? Schreib doch viel.
Ernestine lebt und webt in Mahlman; und ſie hat ihn entweder
beſſer gemacht oder beſſer gefunden als wir glaubten. Eine liebende
Ehe iſt das beſte Eiſenmittel gegen alle ſchwächende öde Liebe[lei]. 20
[275]Lebe wohl, alter Hans, und gedenke meiner bald bei mir, d. h.
ſchreibe. — Wie gefiel dir der 4. Titan, der ſeit langem mein beſtes
Buch iſt?
(*)416. An Charlotte von Kalb in Trabelsdorf.
[Koburg, 1. Nov. 1803] 25
Vergeben Sie! Aus dieſer Bitte ſolte der ganze Brief beſtehen.
[Ich erſchrak, als ich im Ihrigen Ihre ſanfte Klage über mich und
Ihre Liebe und den Schmerz Ihrer vergeblichen Erwartungen fand,
die ich ſo wenig vorausgeſezt hatte. Damals handelte ich wohl gerecht-
fertigt, nur jezt wird mir dieſe Feuer [!]. Eigentlich war es unmöglich 30
Sie zu beſuchen und doch nach Ihrem Briefe mach’ ich mir Vorwürfe.
Gute Stille, ich möchte Sie recht loben, denn Sie lieben recht;] Sie
[ſind] ſo [frei,] offen und ſo reich, ein Gold in Kryſtal. [An Ihnen kan
ich nicht irre werden und darauf, auf unſern älteſten und neueſten
Bund, baue Charlotte ewig!] 35
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(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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