Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.Doch bin ich seelig -- mein Kind ein Engel -- meine Frau beides Hier wohnen -- [nachtr.: d. 29. Sept.] eine Menge schöner Lässet sich nie eine deiner Marschrouten so beugen, daß sie durch Wenn ich Italien ausnehme: so hab' ich jezt fast alles erlangt und Lebe wohl! Alter! Nim diesen Mesgast mit wirthlichem sanftem J. P. F. Richter35 Doch bin ich ſeelig — mein Kind ein Engel — meine Frau beides Hier wohnen — [nachtr.: d. 29. Sept.] eine Menge ſchöner Läſſet ſich nie eine deiner Marſchrouten ſo beugen, daß ſie durch Wenn ich Italien ausnehme: ſo hab’ ich jezt faſt alles erlangt und Lebe wohl! Alter! Nim dieſen Mesgaſt mit wirthlichem ſanftem J. P. F. Richter35 <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <pb facs="#f0248" n="240"/> <p>Doch bin ich ſeelig — mein Kind ein Engel — meine Frau beides<lb/> und komt im November mit einem zweiten Engel nieder, dem ich<lb/> gern ein B voran wünſche. — Der geigende <hi rendition="#aq">Thieriot</hi> logiert bei mir,<lb/> von dem ich gern hier etwas zum Lobe ſagte, krazte er nicht ſo laut<lb/> und ſo nahe mir gegenüber an dieſem Tiſche auf dem Schreibpapier wie<lb n="5"/> andere auf der Geige.</p><lb/> <p>Hier wohnen — [<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">nachtr.:</hi> d. 29. Sept.</hi>] eine Menge ſchöner<lb/> Gegenden neben und hinter einander. Das wolt’ ich glaub’ ich, geſtern<lb/> ſagen. — Haſt du jezt in Leipzig 1 oder 1<formula notation="TeX">\nicefrac{1}{11}</formula> merkwürdigen Men-<lb/> ſchen? Kenſt du meinen ältern Schwager? — Grüſſe <hi rendition="#aq">Beigang,</hi> dem<lb n="10"/> ich Mitarbeiter wünſche wie er ſelber kameraliſtiſch einer iſt. Thu’<lb/> mir den Gefallen, unter ſeine Anzeigen künftiger Werke, woran be-<lb/> deutende Autoren ſchreiben, auch die ſezen zu laſſen, daß <hi rendition="#aq">J. P.</hi> zu<lb/> Michaelis 1804 „Programmen, oder äſthetiſche Unterſuchungen“<lb/> herausgeben werde. Im künftigen Winter ſol mir dies längſt ge-<lb n="15"/> ſäete Moos blühen. Aus <hi rendition="#aq">Cotta’s</hi> Taſchenbuch wirſt du auch ſehen, daß<lb/> ich „Flegeljahre“ einen Siebenkäſiſchen Roman zu Oſtern gebe; ich<lb/> habe darin Titans Vulkane und Thronen verlaſſen und ſpiele wieder<lb/> auf ebener Gaſſe der Bürgerlichkeit. Über des Titans <hi rendition="#aq">minimum</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">maximum</hi> möcht’ ich dein offenſtes Urtheil haben.<lb n="20"/> </p> <p>Läſſet ſich nie eine deiner Marſchrouten ſo beugen, daß ſie durch<lb/> hieſige Stadt gienge gerade in mein Haus? Zu reden hätten wir was;<lb/> ſo aber nichts, weil der Anfang aus Mangel eines Endes fehlt. —<lb/> Mein <hi rendition="#g">Haupt-</hi>Übel in jedem Sinne, eben das Kopfweh hab’ ich<lb/> mir ſamt viel beſſern Dingen aus dem Kopf geſchaft — durch <hi rendition="#aq">Lauda-<lb n="25"/> num.</hi> Du ſolte[ſt] an deiner Migraine dieſe Kur mit 8—10 Tropfen<lb/> verſuchen; ſie iſt ſpezifiſch.</p><lb/> <p>Wenn ich Italien ausnehme: ſo hab’ ich jezt faſt alles erlangt und<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd4_269">[269]</ref></note>erraft, was der Menſch alhier jagt — Weib und Kind und einige<lb/> Rezenſionen und Groſchen — und ich könte alſo in das gröſte Dormi-<lb n="30"/> torium, das die Erde hat, nämlich in dieſe zu Bette gehen; indes wil<lb/> ich doch die wenigen Minuten gar ſpaſſen, die ich noch auf bin.</p><lb/> <p>Lebe wohl! Alter! Nim dieſen Mesgaſt mit wirthlichem ſanftem<lb/> Gemüthe auf!</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#right">J. P. F. Richter</hi> <lb n="35"/> </salute> </closer> </div> </body> </text> </TEI> [240/0248]
Doch bin ich ſeelig — mein Kind ein Engel — meine Frau beides
und komt im November mit einem zweiten Engel nieder, dem ich
gern ein B voran wünſche. — Der geigende Thieriot logiert bei mir,
von dem ich gern hier etwas zum Lobe ſagte, krazte er nicht ſo laut
und ſo nahe mir gegenüber an dieſem Tiſche auf dem Schreibpapier wie 5
andere auf der Geige.
Hier wohnen — [nachtr.: d. 29. Sept.] eine Menge ſchöner
Gegenden neben und hinter einander. Das wolt’ ich glaub’ ich, geſtern
ſagen. — Haſt du jezt in Leipzig 1 oder 1[FORMEL] merkwürdigen Men-
ſchen? Kenſt du meinen ältern Schwager? — Grüſſe Beigang, dem 10
ich Mitarbeiter wünſche wie er ſelber kameraliſtiſch einer iſt. Thu’
mir den Gefallen, unter ſeine Anzeigen künftiger Werke, woran be-
deutende Autoren ſchreiben, auch die ſezen zu laſſen, daß J. P. zu
Michaelis 1804 „Programmen, oder äſthetiſche Unterſuchungen“
herausgeben werde. Im künftigen Winter ſol mir dies längſt ge- 15
ſäete Moos blühen. Aus Cotta’s Taſchenbuch wirſt du auch ſehen, daß
ich „Flegeljahre“ einen Siebenkäſiſchen Roman zu Oſtern gebe; ich
habe darin Titans Vulkane und Thronen verlaſſen und ſpiele wieder
auf ebener Gaſſe der Bürgerlichkeit. Über des Titans minimum und
maximum möcht’ ich dein offenſtes Urtheil haben. 20
Läſſet ſich nie eine deiner Marſchrouten ſo beugen, daß ſie durch
hieſige Stadt gienge gerade in mein Haus? Zu reden hätten wir was;
ſo aber nichts, weil der Anfang aus Mangel eines Endes fehlt. —
Mein Haupt-Übel in jedem Sinne, eben das Kopfweh hab’ ich
mir ſamt viel beſſern Dingen aus dem Kopf geſchaft — durch Lauda- 25
num. Du ſolte[ſt] an deiner Migraine dieſe Kur mit 8—10 Tropfen
verſuchen; ſie iſt ſpezifiſch.
Wenn ich Italien ausnehme: ſo hab’ ich jezt faſt alles erlangt und
erraft, was der Menſch alhier jagt — Weib und Kind und einige
Rezenſionen und Groſchen — und ich könte alſo in das gröſte Dormi- 30
torium, das die Erde hat, nämlich in dieſe zu Bette gehen; indes wil
ich doch die wenigen Minuten gar ſpaſſen, die ich noch auf bin.
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Lebe wohl! Alter! Nim dieſen Mesgaſt mit wirthlichem ſanftem
Gemüthe auf!
J. P. F. Richter 35
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(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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