Himmel, das wäre noch ein Himmel, würd' ich sagen, wenn ich spielte. Aber es wäre herlich. -- Der 4te und lezte Titan sol euch alle laben und tragen; jezt wohn' ich erst recht in der Mysterie der Kunst, sowohl der ernsten als (wie du in der komischen Biographie ao 1803 sehen solst) in der komischen. Schreibe mir klar und offen deine Gefühle über den 3ten;5 und was mein guter Müller macht, dem leider Mühle, Korn und Wasser fehlen. Grüss ihn! -- Und jedes schöne Gesicht, das ich geküsset! -- Lebe wohl, alter Hans! Und habe Dank für deine schöne alte Liebe zum
Paul.
Schreibe mir unendlich viele Neuigkeiten von unsern Alterthümern10 oder Menschen, thu' es! Fange bei deinem Hempel an und grüss' ihn vorher.
Meine C. denkt (und dachte immer) mit rechter Liebe an dich und grüsset den Hans.
283. An Thieriot.15
Meiningen d. 17. Jun. 1802.
Auch uns gab das kurze Stuben- und Kutschenleben und das Zurük- gehen, das immer zwei Schritte auf einmal machte, eine heldunkle Stunde. -- Nach Leipzig kommen wir nicht -- der Wal von Mis- verständnissen und Willenslosigkeiten wurde nicht von uns erstiegen --20 der Vater ist jezt in Dresden mit den Töchtern auf 4 Tage und alles vorbei. Mir würd' es sehr lieb sein, wenn es meiner C. nicht zu unlieb wäre. In künftiger Woche geh ich nach Weimar auf eine; im Herbst bereis' ich vermuthlich meine Kindheits-Spielpläze und Spielstädte.
[173] Zur Strafe, daß Sie einen Brief begehren, folgt hier eine Bitte um25 Lesebücher, die Sie mir -- alle oder wie viel und coute qui [!] coute von Bücherverleihern -- blos auf 14 Tage mit der Post zusenden sollen nebst Lesepreis: Md. Bernard Reise durch England und Por- tugal -- Sitten der Zeit in Karikatur -- Küchelbeckers Leben auf Schulen -- Bouterweks Epochen der Vernunft -- die 4 Jahrszeiten30 von Hausius -- Schüzens hamburgisches Taschenbuch -- Litterar. Novitäten Blat -- Über die Posteriora und Priora -- Maler Müllers Erzählungen -- Reise ins Paulinerkloster in Scheerau -- Gallerie altdeutscher Trachten -- Das 2. 3te Stük von Schelling und Hegel.
Nach keinem Ausgang einer Revoluzion war ich so begierig als35 nach dem, womit Sie sich nach Ihrer pariser mir wieder präsentieren
Himmel, das wäre noch ein Himmel, würd’ ich ſagen, wenn ich ſpielte. Aber es wäre herlich. — Der 4te und lezte Titan ſol euch alle laben und tragen; jezt wohn’ ich erſt recht in der Myſterie der Kunſt, ſowohl der ernſten als (wie du in der komiſchen Biographie ao 1803 ſehen ſolſt) in der komiſchen. Schreibe mir klar und offen deine Gefühle über den 3ten;5 und was mein guter Müller macht, dem leider Mühle, Korn und Waſſer fehlen. Grüſſ ihn! — Und jedes ſchöne Geſicht, das ich geküſſet! — Lebe wohl, alter Hans! Und habe Dank für deine ſchöne alte Liebe zum
Paul.
Schreibe mir unendlich viele Neuigkeiten von unſern Alterthümern10 oder Menſchen, thu’ es! Fange bei deinem Hempel an und grüſſ’ ihn vorher.
Meine C. denkt (und dachte immer) mit rechter Liebe an dich und grüſſet den Hans.
283. An Thieriot.15
Meiningen d. 17. Jun. 1802.
Auch uns gab das kurze Stuben- und Kutſchenleben und das Zurük- gehen, das immer zwei Schritte auf einmal machte, eine heldunkle Stunde. — Nach Leipzig kommen wir nicht — der Wal von Mis- verſtändniſſen und Willensloſigkeiten wurde nicht von uns erſtiegen —20 der Vater iſt jezt in Dresden mit den Töchtern auf 4 Tage und alles vorbei. Mir würd’ es ſehr lieb ſein, wenn es meiner C. nicht zu unlieb wäre. In künftiger Woche geh ich nach Weimar auf eine; im Herbſt bereiſ’ ich vermuthlich meine Kindheits-Spielpläze und Spielſtädte.
[173] Zur Strafe, daß Sie einen Brief begehren, folgt hier eine Bitte um25 Leſebücher, die Sie mir — alle oder wie viel und coute qui [!] coute von Bücherverleihern — blos auf 14 Tage mit der Poſt zuſenden ſollen nebſt Leſepreis: Md. Bernard Reiſe durch England und Por- tugal — Sitten der Zeit in Karikatur — Küchelbeckers Leben auf Schulen — Bouterweks Epochen der Vernunft — die 4 Jahrszeiten30 von Hauſius — Schüzens hamburgiſches Taſchenbuch — Litterar. Novitäten Blat — Über die Poſteriora und Priora — Maler Müllers Erzählungen — Reiſe ins Paulinerkloſter in Scheerau — Gallerie altdeutſcher Trachten — Das 2. 3te Stük von Schelling und Hegel.
Nach keinem Ausgang einer Revoluzion war ich ſo begierig als35 nach dem, womit Sie ſich nach Ihrer pariſer mir wieder präſentieren
<TEI><text><body><divtype="letter"n="1"><p><pbfacs="#f0161"n="154"/>
Himmel, das wäre noch ein Himmel, würd’ ich ſagen, wenn ich ſpielte.<lb/>
Aber es wäre herlich. — Der 4<hirendition="#sup">te</hi> und lezte Titan ſol euch alle laben und<lb/>
tragen; jezt wohn’ ich erſt recht in der Myſterie der Kunſt, ſowohl der<lb/>
ernſten als (wie du in der komiſchen Biographie <hirendition="#aq">ao</hi> 1803 ſehen ſolſt) in<lb/>
der komiſchen. Schreibe mir klar und offen deine Gefühle über den 3<hirendition="#sup">ten</hi>;<lbn="5"/>
und was mein guter <hirendition="#aq">Müller</hi> macht, dem leider Mühle, Korn und<lb/>
Waſſer fehlen. Grüſſ ihn! — Und jedes ſchöne Geſicht, das ich geküſſet! —<lb/>
Lebe wohl, alter Hans! Und habe Dank für deine ſchöne alte Liebe zum</p><lb/><closer><salute><hirendition="#right">Paul.</hi></salute></closer><lb/><postscript><p>Schreibe mir unendlich viele Neuigkeiten von unſern Alterthümern<lbn="10"/>
oder Menſchen, thu’ es! Fange bei deinem <hirendition="#aq">Hempel</hi> an und grüſſ’ ihn<lb/>
vorher.</p><lb/><p>Meine <hirendition="#aq">C.</hi> denkt (und dachte immer) mit rechter Liebe an dich und<lb/>
grüſſet den Hans.</p></postscript></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head>283. An <hirendition="#g">Thieriot.</hi><lbn="15"/></head><dateline><hirendition="#right"><hirendition="#aq">Meiningen</hi> d. 17. Jun. 1802.</hi></dateline><lb/><p>Auch uns gab das kurze Stuben- und Kutſchenleben und das Zurük-<lb/>
gehen, das immer zwei Schritte auf einmal machte, eine heldunkle<lb/>
Stunde. — Nach <hirendition="#aq">Leipzig</hi> kommen wir nicht — der Wal von Mis-<lb/>
verſtändniſſen und Willensloſigkeiten wurde nicht von uns erſtiegen —<lbn="20"/>
der Vater iſt jezt in Dresden mit den Töchtern auf 4 Tage und alles<lb/>
vorbei. Mir würd’ es ſehr lieb ſein, wenn es meiner <hirendition="#aq">C.</hi> nicht zu unlieb<lb/>
wäre. In künftiger Woche geh ich nach <hirendition="#aq">Weimar</hi> auf eine; im Herbſt<lb/>
bereiſ’ ich vermuthlich meine Kindheits-Spielpläze und Spielſtädte.</p><lb/><p><noteplace="left"><reftarget="1922_Bd4_173">[173]</ref></note> Zur Strafe, daß Sie einen Brief begehren, folgt hier eine Bitte um<lbn="25"/>
Leſebücher, die Sie mir — alle oder wie viel und <hirendition="#aq">coute qui [!] coute</hi><lb/>
von Bücherverleihern —<hirendition="#g">blos auf 14 Tage</hi> mit der Poſt zuſenden<lb/>ſollen nebſt Leſepreis: <hirendition="#aq">Md. Bernard</hi> Reiſe durch England und Por-<lb/>
tugal — Sitten der Zeit in Karikatur — Küchelbeckers Leben auf<lb/>
Schulen — Bouterweks Epochen der Vernunft — die 4 Jahrszeiten<lbn="30"/>
von Hauſius — Schüzens hamburgiſches Taſchenbuch — Litterar.<lb/>
Novitäten Blat — Über die Poſteriora und Priora — Maler Müllers<lb/>
Erzählungen — Reiſe ins Paulinerkloſter in Scheerau — Gallerie<lb/>
altdeutſcher Trachten — Das 2. 3<hirendition="#sup">te</hi> Stük von Schelling und Hegel.</p><lb/><p>Nach keinem Ausgang einer Revoluzion war ich ſo begierig als<lbn="35"/>
nach dem, womit Sie ſich nach Ihrer pariſer mir wieder präſentieren<lb/></p></div></body></text></TEI>
[154/0161]
Himmel, das wäre noch ein Himmel, würd’ ich ſagen, wenn ich ſpielte.
Aber es wäre herlich. — Der 4te und lezte Titan ſol euch alle laben und
tragen; jezt wohn’ ich erſt recht in der Myſterie der Kunſt, ſowohl der
ernſten als (wie du in der komiſchen Biographie ao 1803 ſehen ſolſt) in
der komiſchen. Schreibe mir klar und offen deine Gefühle über den 3ten; 5
und was mein guter Müller macht, dem leider Mühle, Korn und
Waſſer fehlen. Grüſſ ihn! — Und jedes ſchöne Geſicht, das ich geküſſet! —
Lebe wohl, alter Hans! Und habe Dank für deine ſchöne alte Liebe zum
Paul.
Schreibe mir unendlich viele Neuigkeiten von unſern Alterthümern 10
oder Menſchen, thu’ es! Fange bei deinem Hempel an und grüſſ’ ihn
vorher.
Meine C. denkt (und dachte immer) mit rechter Liebe an dich und
grüſſet den Hans.
283. An Thieriot. 15
Meiningen d. 17. Jun. 1802.
Auch uns gab das kurze Stuben- und Kutſchenleben und das Zurük-
gehen, das immer zwei Schritte auf einmal machte, eine heldunkle
Stunde. — Nach Leipzig kommen wir nicht — der Wal von Mis-
verſtändniſſen und Willensloſigkeiten wurde nicht von uns erſtiegen — 20
der Vater iſt jezt in Dresden mit den Töchtern auf 4 Tage und alles
vorbei. Mir würd’ es ſehr lieb ſein, wenn es meiner C. nicht zu unlieb
wäre. In künftiger Woche geh ich nach Weimar auf eine; im Herbſt
bereiſ’ ich vermuthlich meine Kindheits-Spielpläze und Spielſtädte.
Zur Strafe, daß Sie einen Brief begehren, folgt hier eine Bitte um 25
Leſebücher, die Sie mir — alle oder wie viel und coute qui [!] coute
von Bücherverleihern — blos auf 14 Tage mit der Poſt zuſenden
ſollen nebſt Leſepreis: Md. Bernard Reiſe durch England und Por-
tugal — Sitten der Zeit in Karikatur — Küchelbeckers Leben auf
Schulen — Bouterweks Epochen der Vernunft — die 4 Jahrszeiten 30
von Hauſius — Schüzens hamburgiſches Taſchenbuch — Litterar.
Novitäten Blat — Über die Poſteriora und Priora — Maler Müllers
Erzählungen — Reiſe ins Paulinerkloſter in Scheerau — Gallerie
altdeutſcher Trachten — Das 2. 3te Stük von Schelling und Hegel.
[173]
Nach keinem Ausgang einer Revoluzion war ich ſo begierig als 35
nach dem, womit Sie ſich nach Ihrer pariſer mir wieder präſentieren
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/161>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.