Ach diese Geschichte braucht Aktenfaßikel; auch lässet sie das Schiksal so unvolendet als ich hier. Einige Hauptzüge darin sind noch: da Sie von Weimar wiederkam, wolte sie ihr, der Heidegger und mein Ver- mögen zusammenwerfen zu einem Landhaus und ich solte die mitlere5 heirathen und sie wolte bei uns ewig bleiben. Dan fühlte sie die Wider- sprüche dieses seltenen Verhältnisses, die ich ihr zeigte. Ihre Seele hieng an meiner heisser als ich an ihrer. Sie bekam über einige meiner Erklärungen Blutspeien, Ohnmachten, fürchterliche Zustände: ich[51] erlebte Szenen, die noch keine Feder gemalt. Einmal an einem10 Morgen d. 13 Jenn. unter dem Machen einer Satire von Leib- geber gieng mein Inneres auseinander: ich kam abends und sagte ihr die Ehe zu. Sie wil thun was ich wil, wil mir das Landgut kaufen wo ich wil, am Neckar, am Rhein, in der Schweiz, im Voigtland. So lieben und achten wird mich keine mehr wie diese -- und doch ist mein15 Schiksal noch nicht entschieden von -- mir. Ich schicke dir 2 Briefe vor, und die andern nach dem Zusagen der Ehe. Ach wie oft und wie zuerst dacht ich in jenen Tagen an dich, an dein Kommen zu mir und wie ich ein Paar frohe Minuten wie Blumentöpfe um dich stellen könte. -- Aber noch ist die Sache (insofern sie von mir abhängt) nicht20 entschieden. Ich habe Oertel alles erzählt, er muste mein ganzes Betragen billigen, das nie gegen ein Weib so moralisch war: glaube also wenn ich von Nichtentscheidung rede, daß ich aus Gründen und nach Faktis handle, die nicht in dieser tel Erzählung vorkamen. -- In so fern Grösse und Reinheit der Seele und metallischer Reichthum25 beglücken können: so wär' ichs dan; aber etc. etc. etc. -- Fälle aber doch aus diesem Schattenris eines Schattens ein Urtheil über ein Stük in Lebensgrösse.
Ach Otto ich ermüde zu schreiben, da du so lange schweigst. Was hab ich dir gethan? Welcher Nebel zieht wieder an dich? -- Oder wilst du,30 der du wohl vielleicht einerlei Mangel an Zeit, aber doch nicht einerlei Quaal mit Briefschmieren mit mir theilst, mir nur Brief für Brief bezahlen? -- Ich wolte blos meiner Geschichte (den 10ten Jenn. gab ich E. jenes Versprechen) mehr Reife lassen und deinen Antworten Zeit: sonst hätt' ich längst geschrieben, wiewohl du mein Schuldner bist.35
Beiliegendes Blätgen von der Gad aus Breslau gehört an Herold: gebe der Himmel daß ich an ihn kein falsches beigepakt.
d. 27 Feb.
Ach dieſe Geſchichte braucht Aktenfaſzikel; auch läſſet ſie das Schikſal ſo unvolendet als ich hier. Einige Hauptzüge darin ſind noch: da Sie von Weimar wiederkam, wolte ſie ihr, der Heidegger und mein Ver- mögen zuſammenwerfen zu einem Landhaus und ich ſolte die mitlere5 heirathen und ſie wolte bei uns ewig bleiben. Dan fühlte ſie die Wider- ſprüche dieſes ſeltenen Verhältniſſes, die ich ihr zeigte. Ihre Seele hieng an meiner heiſſer als ich an ihrer. Sie bekam über einige meiner Erklärungen Blutſpeien, Ohnmachten, fürchterliche Zuſtände: ich[51] erlebte Szenen, die noch keine Feder gemalt. Einmal an einem10 Morgen 〈d. 13 Jenn.〉 unter dem Machen einer Satire von Leib- geber gieng mein Inneres auseinander: ich kam abends und ſagte ihr die Ehe zu. Sie wil thun was ich wil, wil mir das Landgut kaufen wo ich wil, am Neckar, am Rhein, in der Schweiz, im Voigtland. So lieben und achten wird mich keine mehr wie dieſe — und doch iſt mein15 Schikſal noch nicht entſchieden von — mir. Ich ſchicke dir 2 Briefe vor, und die andern nach dem Zuſagen der Ehe. Ach wie oft und wie zuerſt dacht ich in jenen Tagen an dich, an dein Kommen zu mir und wie ich ein Paar frohe Minuten wie Blumentöpfe um dich ſtellen könte. — Aber noch iſt die Sache (inſofern ſie von mir abhängt) nicht20 entſchieden. Ich habe Oertel alles erzählt, er muſte mein ganzes Betragen billigen, das nie gegen ein Weib ſo moraliſch war: glaube alſo wenn ich von Nichtentſcheidung rede, daß ich aus Gründen und nach Faktis handle, die nicht in dieſer tel Erzählung vorkamen. — In ſo fern Gröſſe und Reinheit der Seele und metalliſcher Reichthum25 beglücken können: ſo wär’ ichs dan; aber ꝛc. ꝛc. ꝛc. — Fälle aber doch aus dieſem Schattenris eines Schattens ein Urtheil über ein Stük in Lebensgröſſe.
Ach Otto ich ermüde zu ſchreiben, da du ſo lange ſchweigſt. Was hab ich dir gethan? Welcher Nebel zieht wieder an dich? — Oder wilſt du,30 der du wohl vielleicht einerlei Mangel an Zeit, aber doch nicht einerlei Quaal mit Briefſchmieren mit mir theilſt, mir nur Brief für Brief bezahlen? — Ich wolte blos meiner Geſchichte (den 10ten Jenn. gab ich E. jenes Verſprechen) mehr Reife laſſen und deinen Antworten Zeit: ſonſt hätt’ ich längſt geſchrieben, wiewohl du mein Schuldner biſt.35
Beiliegendes Blätgen von der Gad aus Breslau gehört an Herold: gebe der Himmel daß ich an ihn kein falſches beigepakt.
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d. 27 Feb.
Ach dieſe Geſchichte braucht Aktenfaſzikel; auch läſſet ſie das Schikſal
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von Weimar wiederkam, wolte ſie ihr, der Heidegger und mein Ver-
mögen zuſammenwerfen zu einem Landhaus und ich ſolte die mitlere 5
heirathen und ſie wolte bei uns ewig bleiben. Dan fühlte ſie die Wider-
ſprüche dieſes ſeltenen Verhältniſſes, die ich ihr zeigte. Ihre Seele
hieng an meiner heiſſer als ich an ihrer. Sie bekam über einige meiner
Erklärungen Blutſpeien, Ohnmachten, fürchterliche Zuſtände: ich
erlebte Szenen, die noch keine Feder gemalt. Einmal an einem 10
Morgen 〈d. 13 Jenn.〉 unter dem Machen einer Satire von Leib-
geber gieng mein Inneres auseinander: ich kam abends und ſagte ihr
die Ehe zu. Sie wil thun was ich wil, wil mir das Landgut kaufen wo
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Schikſal noch nicht entſchieden von — mir. Ich ſchicke dir 2 Briefe
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beglücken können: ſo wär’ ichs dan; aber ꝛc. ꝛc. ꝛc. — Fälle aber doch
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Lebensgröſſe.
[51]
Ach Otto ich ermüde zu ſchreiben, da du ſo lange ſchweigſt. Was hab
ich dir gethan? Welcher Nebel zieht wieder an dich? — Oder wilſt du, 30
der du wohl vielleicht einerlei Mangel an Zeit, aber doch nicht einerlei
Quaal mit Briefſchmieren mit mir theilſt, mir nur Brief für Brief
bezahlen? — Ich wolte blos meiner Geſchichte (den 10ten Jenn. gab
ich E. jenes Verſprechen) mehr Reife laſſen und deinen Antworten
Zeit: ſonſt hätt’ ich längſt geſchrieben, wiewohl du mein Schuldner biſt. 35
Beiliegendes Blätgen von der Gad aus Breslau gehört an Herold:
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/54>, abgerufen am 09.11.2024.
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