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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.

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anderer hatte ein Sehrohr halb in der Tasche -- ein dritter (das bin
ich) hatte eine Burgunder Bouteille in der Hand und die Spazier
mein Glas im Beutel. Ach las mich nicht sagen, wie die in die weite
Natur hineingehauenen Licht-Strassen (nicht die Vexier-Architektonik)
an meinem Herzen sogen und wie die grillenhaften elysischen Baum-5
Schatten mich in sich hineinspielten! O wie wenig fehlt mir zur
höchsten Seeligkeit -- und nur dieses Wenige erscheint mir nie. --

[374]Zu deinem Brief! Erstlich verlange das ewige Zurükschicken nicht;
ich wil deine Briefe auch haben -- deine nächste Vergangenheit wirst
du doch nicht immer nah haben wollen -- auch hab ich dan nichts --10
aufbewahrt wird alles -- fodere nur Jahrgänge und nicht mehr. --
Nur dasmal thu' ichs noch und antworte mit Nummern.

1. Ich habe nur den Kummer über ein Ganzes, nie (wenigstens
nicht 24 Stunden) über einen Theil. Ich war nicht lange unter der
Wolke. Lauter moralische kleine Ecken Unähnlichkeiten, die aber das15
ganze Glük der Ehe nehmen (die der Berlepsch) trieben mich anfangs
in Ilmenau in mein altes troziges Fieber. In einem alten Brief an
dich gab ich dir den Fingerzeig dieser Zukunft. Ein gewisses Absprechen,
Unnachgiebigkeit etc. und eine parziale Liebe gegen die nicht zugleich die
kosmopolitische mit da ist, erduld' ich schwer. Herder und Sie beteten20
C. an; die Bek hatte von der bis dahin mir ganz abspänstigen Mutter
den Auftrag, alles dem Herderschen Ausspruch zu übergeben. In
diesen Auftrag fiel mein liebendes Zürnen, dem die Herder die wahn-
sinnigste Ausdehnung gab, durch den Auftrag ratifiziert. Am dritten
Tage hielt mir Herder eine (leere, unrechtmässige aber) liebende25
Predigt vor C., mit Bescheidenheit, aber leider mit der Beredsamkeit
seiner rührenden Stimme die die ihn ohnehin anbetende C. in hyste-
rische Krämpfe stürzte, -- aber er rieth und fragte, und entschied nicht
(wenigstens nicht vor mir) -- die Herder hingegen zankte sich,
während C. in Zuckungen lag, mit mir mit Furienaugen. Ich war ihr30
Freund. Ich wurde auch wild, aber nicht zu wild. Später nahm man
zurük. Mein erster Brief (nach diesen räuberischen Griffen zwischen
2 entblöste Herzen) an C. stelte ihrem Entscheiden alles heim, legte
ihr aber das Nein am nächsten; mein zweiter (nach ihrer Antwort
aus Hildburghausen, die hier folgt) sagte das Nein. Hier ist ihre aus35
Würzburg. -- Herder schrieb mir auf C. Veranlassung nach Berlin
für C. und für die Verbindung; wenn ich den Brief habe, antwort'

anderer hatte ein Sehrohr halb in der Taſche — ein dritter (das bin
ich) hatte eine Burgunder Bouteille in der Hand und die Spazier
mein Glas im Beutel. Ach las mich nicht ſagen, wie die in die weite
Natur hineingehauenen Licht-Straſſen (nicht die Vexier-Architektonik)
an meinem Herzen ſogen und wie die grillenhaften elyſiſchen Baum-5
Schatten mich in ſich hineinſpielten! O wie wenig fehlt mir zur
höchſten Seeligkeit — und nur dieſes Wenige erſcheint mir nie. —

[374]Zu deinem Brief! Erſtlich verlange das ewige Zurükſchicken nicht;
ich wil deine Briefe auch haben — deine nächſte Vergangenheit wirſt
du doch nicht immer nah haben wollen — auch hab ich dan nichts —10
aufbewahrt wird alles — fodere nur Jahrgänge und nicht mehr. —
Nur dasmal thu’ ichs noch und antworte mit Nummern.

1. Ich habe nur den Kummer über ein Ganzes, nie (wenigſtens
nicht 24 Stunden) über einen Theil. Ich war nicht lange unter der
Wolke. Lauter moraliſche kleine Ecken 〈Unähnlichkeiten, die aber das15
ganze Glük der Ehe nehmen〉 (die der Berlepsch) trieben mich anfangs
in Ilmenau in mein altes troziges Fieber. In einem alten Brief an
dich gab ich dir den Fingerzeig dieſer Zukunft. Ein gewiſſes Abſprechen,
Unnachgiebigkeit ꝛc. und eine parziale Liebe gegen die nicht zugleich die
kosmopolitiſche mit da iſt, erduld’ ich ſchwer. Herder und Sie beteten20
C. an; die Bek hatte von der bis dahin mir ganz abſpänſtigen Mutter
den Auftrag, alles dem Herderschen Ausſpruch zu übergeben. In
dieſen Auftrag fiel mein liebendes Zürnen, dem die Herder die wahn-
ſinnigſte Ausdehnung gab, durch den Auftrag ratifiziert. Am dritten
Tage hielt mir Herder eine (leere, unrechtmäſſige aber) liebende25
Predigt vor C., mit Beſcheidenheit, aber leider mit der Beredſamkeit
ſeiner rührenden Stimme die die ihn ohnehin anbetende C. in hyſte-
riſche Krämpfe ſtürzte, — aber er rieth und fragte, und entſchied nicht
(wenigſtens nicht vor mir) — die Herder hingegen zankte ſich,
während C. in Zuckungen lag, mit mir mit Furienaugen. Ich war ihr30
Freund. Ich wurde auch wild, aber nicht zu wild. Später nahm man
zurük. Mein erſter Brief (nach dieſen räuberiſchen Griffen zwiſchen
2 entblöſte Herzen) an C. ſtelte ihrem Entſcheiden alles heim, legte
ihr aber das Nein am nächſten; mein zweiter (nach ihrer Antwort
aus Hildburghausen, die hier folgt) ſagte das Nein. Hier iſt ihre aus35
Würzburg. — Herder ſchrieb mir auf C. Veranlaſſung nach Berlin
für C. und für die Verbindung; wenn ich den Brief habe, antwort’

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[348/0368] anderer hatte ein Sehrohr halb in der Taſche — ein dritter (das bin ich) hatte eine Burgunder Bouteille in der Hand und die Spazier mein Glas im Beutel. Ach las mich nicht ſagen, wie die in die weite Natur hineingehauenen Licht-Straſſen (nicht die Vexier-Architektonik) an meinem Herzen ſogen und wie die grillenhaften elyſiſchen Baum- 5 Schatten mich in ſich hineinſpielten! O wie wenig fehlt mir zur höchſten Seeligkeit — und nur dieſes Wenige erſcheint mir nie. — Zu deinem Brief! Erſtlich verlange das ewige Zurükſchicken nicht; ich wil deine Briefe auch haben — deine nächſte Vergangenheit wirſt du doch nicht immer nah haben wollen — auch hab ich dan nichts — 10 aufbewahrt wird alles — fodere nur Jahrgänge und nicht mehr. — Nur dasmal thu’ ichs noch und antworte mit Nummern. [374] 1. Ich habe nur den Kummer über ein Ganzes, nie (wenigſtens nicht 24 Stunden) über einen Theil. Ich war nicht lange unter der Wolke. Lauter moraliſche kleine Ecken 〈Unähnlichkeiten, die aber das 15 ganze Glük der Ehe nehmen〉 (die der Berlepsch) trieben mich anfangs in Ilmenau in mein altes troziges Fieber. In einem alten Brief an dich gab ich dir den Fingerzeig dieſer Zukunft. Ein gewiſſes Abſprechen, Unnachgiebigkeit ꝛc. und eine parziale Liebe gegen die nicht zugleich die kosmopolitiſche mit da iſt, erduld’ ich ſchwer. Herder und Sie beteten 20 C. an; die Bek hatte von der bis dahin mir ganz abſpänſtigen Mutter den Auftrag, alles dem Herderschen Ausſpruch zu übergeben. In dieſen Auftrag fiel mein liebendes Zürnen, dem die Herder die wahn- ſinnigſte Ausdehnung gab, durch den Auftrag ratifiziert. Am dritten Tage hielt mir Herder eine (leere, unrechtmäſſige aber) liebende 25 Predigt vor C., mit Beſcheidenheit, aber leider mit der Beredſamkeit ſeiner rührenden Stimme die die ihn ohnehin anbetende C. in hyſte- riſche Krämpfe ſtürzte, — aber er rieth und fragte, und entſchied nicht (wenigſtens nicht vor mir) — die Herder hingegen zankte ſich, während C. in Zuckungen lag, mit mir mit Furienaugen. Ich war ihr 30 Freund. Ich wurde auch wild, aber nicht zu wild. Später nahm man zurük. Mein erſter Brief (nach dieſen räuberiſchen Griffen zwiſchen 2 entblöſte Herzen) an C. ſtelte ihrem Entſcheiden alles heim, legte ihr aber das Nein am nächſten; mein zweiter (nach ihrer Antwort aus Hildburghausen, die hier folgt) ſagte das Nein. Hier iſt ihre aus 35 Würzburg. — Herder ſchrieb mir auf C. Veranlaſſung nach Berlin für C. und für die Verbindung; wenn ich den Brief habe, antwort’

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:05:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:05:42Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/368>, abgerufen am 22.11.2024.