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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.

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eine Nacht und rauchte meine Pfeife und gieng rein von dannen und
Gott sei Dank, aber nicht mir.

Guter! Ich möchte bei diesen Briefen aus dem Innersten -- kein
Zweiter auf der Erde bekomt je einen ähnlichen von mir -- dem deini-
gen zuhorchen; für meine Briefe an dich gäben die Schlegel alle meine5
Sentimentalia -- Merkst du es denn, Guter, daß ich dich immer
mehr liebe und achte und daß ich mich erquicke an deinen Ergüssen?
und mich überlasse meinem höchsten Vertrauen auf deine liebende
und für mich partheiische Exegese?

10

Oertel ist hier, der später zu seiner fürstlichen Schwester zieht. --
Mit Ahlefeldt knüpft' ich mich schön zusammen. Gegenwart ist
Freundschaft. Er wurde zu den meisten Diners so gut mitgebeten als
mein Magen. -- Ich habe schon viele berl[iner] Memoranda aus-
geschwizt. Fasch Singschule -- aus Mädgen der hohen und mitlern15
Stände -- kleine Reisen, die ich von Berlin machte -- z. B. nach
Nauen zu einem nicht schönen aber herlichen Fräulein ohne Vater
und Mutter auf ihrem Gütgen -- der langweilige Nikolai -- die
Offenheit und dargebotenen gegebnen Küsse der Berlinerinnen --
die wizige philosophische Dlle Chamfort wie ich die Jüdin Levi20
nenne -- überhaupt die Jüdinnen, die wenig vom A. T. haben und
daher ins neue immer heirathen, und tausend dergl. solte weitläuftiger
berührt sein. Mündlich! Und doch ekelt mir so sehr alles Erzählen,
daß ichs nicht einmal mündlich thue. -- *) Nach Berlin zieh' ich35
im Oktober, aber blos auf den Winter. Länger als der Schnee meine25
Mutter-Eva, die Natur, überdekt, kan ich dort nicht weilen. --

In Dessau war am Hofe vielerlei Geschwäz und Behauptung, die
Königin hätte dem Fürsten geschrieben, mir den Aufenthalt angenehm
zu machen, weil ich hinzöge. Ich sah nur den guten dürftigen Spazier
-- den ich eben seines Mangels Armuth wegen innig liebhabe --30
und seine herzige Frau (die 4te Schwester der 3 Haar lassenden); und
Wörliz, wohin mich Matzdorf, seine Frau und Mutter begleiteten. In
W. gieng eine lange Geselschaft mit, einer hatte die gedrukte Beschrei-
bung davon aufgeschlagen in der Hand und verglich beide -- ein

*) Eine Hand.

eine Nacht und rauchte meine Pfeife und gieng rein von dannen und
Gott ſei Dank, aber nicht mir.

Guter! Ich möchte bei dieſen Briefen aus dem Innerſten — kein
Zweiter auf der Erde bekomt je einen ähnlichen von mir — dem deini-
gen zuhorchen; für meine Briefe an dich gäben die Schlegel alle meine5
Sentimentalia — Merkſt du es denn, Guter, daß ich dich immer
mehr liebe und achte und daß ich mich erquicke an deinen Ergüſſen?
und mich überlaſſe meinem höchſten Vertrauen auf deine liebende
und für mich partheiiſche Exegeſe?

10

Oertel iſt hier, der ſpäter zu ſeiner fürſtlichen Schweſter zieht. —
Mit Ahlefeldt knüpft’ ich mich ſchön zuſammen. Gegenwart iſt
Freundſchaft. Er wurde zu den meiſten Diners ſo gut mitgebeten als
mein Magen. — Ich habe ſchon viele berl[iner] Memoranda aus-
geſchwizt. Faſch Singſchule — aus Mädgen der hohen und mitlern15
Stände — kleine Reiſen, die ich von Berlin machte — z. B. nach
Nauen zu einem nicht ſchönen aber herlichen Fräulein ohne Vater
und Mutter auf ihrem Gütgen — der langweilige Nikolai — die
Offenheit und dargebotenen 〈gegebnen〉 Küſſe der Berlinerinnen —
die wizige philoſophiſche Dlle Chamfort wie ich die Jüdin Levi20
nenne — überhaupt die Jüdinnen, die wenig vom A. T. haben und
daher ins neue immer heirathen, und tauſend dergl. ſolte weitläuftiger
berührt ſein. Mündlich! Und doch ekelt mir ſo ſehr alles Erzählen,
daß ichs nicht einmal mündlich thue. — ☛ *) Nach Berlin zieh’ ich35
im Oktober, aber blos auf den Winter. Länger als der Schnee meine25
Mutter-Eva, die Natur, überdekt, kan ich dort nicht weilen. —

In Dessau war am Hofe vielerlei Geſchwäz und Behauptung, die
Königin hätte dem Fürſten geſchrieben, mir den Aufenthalt angenehm
zu machen, weil ich hinzöge. Ich ſah nur den guten dürftigen Spazier
— den ich eben ſeines Mangels 〈Armuth〉 wegen innig liebhabe —30
und ſeine herzige Frau (die 4te Schweſter der 3 Haar laſſenden); und
Wörliz, wohin mich Matzdorf, ſeine Frau und Mutter begleiteten. In
W. gieng eine lange Geſelſchaft mit, einer hatte die gedrukte Beſchrei-
bung davon aufgeſchlagen in der Hand und verglich beide — ein

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[347/0367] eine Nacht und rauchte meine Pfeife und gieng rein von dannen und Gott ſei Dank, aber nicht mir. Guter! Ich möchte bei dieſen Briefen aus dem Innerſten — kein Zweiter auf der Erde bekomt je einen ähnlichen von mir — dem deini- gen zuhorchen; für meine Briefe an dich gäben die Schlegel alle meine 5 Sentimentalia — Merkſt du es denn, Guter, daß ich dich immer mehr liebe und achte und daß ich mich erquicke an deinen Ergüſſen? und mich überlaſſe meinem höchſten Vertrauen auf deine liebende und für mich partheiiſche Exegeſe? d. 3. July. 10 Oertel iſt hier, der ſpäter zu ſeiner fürſtlichen Schweſter zieht. — Mit Ahlefeldt knüpft’ ich mich ſchön zuſammen. Gegenwart iſt Freundſchaft. Er wurde zu den meiſten Diners ſo gut mitgebeten als mein Magen. — Ich habe ſchon viele berl[iner] Memoranda aus- geſchwizt. Faſch Singſchule — aus Mädgen der hohen und mitlern 15 Stände — kleine Reiſen, die ich von Berlin machte — z. B. nach Nauen zu einem nicht ſchönen aber herlichen Fräulein ohne Vater und Mutter auf ihrem Gütgen — der langweilige Nikolai — die Offenheit und dargebotenen 〈gegebnen〉 Küſſe der Berlinerinnen — die wizige philoſophiſche Dlle Chamfort wie ich die Jüdin Levi 20 nenne — überhaupt die Jüdinnen, die wenig vom A. T. haben und daher ins neue immer heirathen, und tauſend dergl. ſolte weitläuftiger berührt ſein. Mündlich! Und doch ekelt mir ſo ſehr alles Erzählen, daß ichs nicht einmal mündlich thue. — ☛ *) Nach Berlin zieh’ ich 35 im Oktober, aber blos auf den Winter. Länger als der Schnee meine 25 Mutter-Eva, die Natur, überdekt, kan ich dort nicht weilen. — In Dessau war am Hofe vielerlei Geſchwäz und Behauptung, die Königin hätte dem Fürſten geſchrieben, mir den Aufenthalt angenehm zu machen, weil ich hinzöge. Ich ſah nur den guten dürftigen Spazier — den ich eben ſeines Mangels 〈Armuth〉 wegen innig liebhabe — 30 und ſeine herzige Frau (die 4te Schweſter der 3 Haar laſſenden); und Wörliz, wohin mich Matzdorf, ſeine Frau und Mutter begleiteten. In W. gieng eine lange Geſelſchaft mit, einer hatte die gedrukte Beſchrei- bung davon aufgeſchlagen in der Hand und verglich beide — ein *) Eine Hand.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:05:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:05:42Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/367>, abgerufen am 26.11.2024.