Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.

Bild:
<< vorherige Seite

Verehrte, die ich nie vergesse, wie ich mich auch ändere gegen
andere!

R.
319. An Emanuel.

Nur ein Wort, Emanuel! Der kürzere Herder ist der Oekonom, der5
längere der Kaufman. Jener verhüllet mehr Kentnisse und Talente
(wie Ihnen seine Abhandlungen zeigen werden) als seine Blödigkeit
entschleiern kan. Alle Herderschen Kinder sind edel, rein und ohne
Falsch. -- Sie können nicht errathen, welche fest verkettete Fenster-
laden Sie im Lebenskerker der gequäälten verfinsterten Eltern auf-10
reissen durch Ihre helfende Hand; aber Sie können es hören wenn Sie
hieher kommen.

Unser Gespräch über -- Sie auf dem Wege nach Münchberg bleibt
lange in meiner Seele; aber, Guter, Sie sind moralisch-hypochon-
drisch. Ein Wesen, das jezt gut ist und sein wil wie Sie, ist jezt glük-15
lich; die Vergangenheit ist Kinderei; und ich bin überzeugt, daß wenn
Sie mich und Herder vor die moralische Quelle Ihrer Leiden (denn
nur eine solche ist wichtig) führen würden, wir beide Sie für hypochon-
drisch halten würden.

[254]Grüssen Sie wieder die Voigt. -- Leben Sie wohl, mein Geliebter!20
Das nächste mal zieh ich das helle magische Bayreuth dem dunstigen
schweren Hof vor. -- Und quäle du dein schönes Herz nicht mit ver-
geblicher Berechnung des Unmöglichen, mein Guter!

Richter

Das Johannisbier. -- --!25

320. An Christian Otto.

Der längere Herder vor dir ist ein Kaufman und komt aus Ham-
burg;
der kürzere ist der Oekonom. Schreibe für beide an Amoene,
damit Herold ihnen seine[n] merkant[ilischen] Apparat vorzeigt. Der30
Vater dankt dir voraus. -- Der Oekonom verstekt hinter dem Schleier
seiner Blödigkeit Talente und Kentnisse.

In der Danna [?] blieb ich eine Nacht, in Schleiz eine, in Jena eine.
Häslich warfen sich die Wolken auf meinen ofnen Postwagen (ein
bedekter war nicht zu bekommen). Indes bracht' ich mehr Gesundheit35

Verehrte, die ich nie vergesse, wie ich mich auch ändere gegen
andere!

R.
319. An Emanuel.

Nur ein Wort, Emanuel! Der kürzere Herder iſt der Oekonom, der5
längere der Kaufman. Jener verhüllet mehr Kentniſſe und Talente
(wie Ihnen ſeine Abhandlungen zeigen werden) als ſeine Blödigkeit
entſchleiern kan. Alle Herderschen Kinder ſind edel, rein und ohne
Falſch. — Sie können nicht errathen, welche feſt verkettete Fenſter-
laden Sie im Lebenskerker der gequäälten verfinſterten Eltern auf-10
reiſſen durch Ihre helfende Hand; aber Sie können es hören wenn Sie
hieher kommen.

Unſer Geſpräch über — Sie auf dem Wege nach Münchberg bleibt
lange in meiner Seele; aber, Guter, Sie ſind moraliſch-hypochon-
driſch. Ein Weſen, das jezt gut iſt und ſein wil wie Sie, iſt jezt glük-15
lich; die Vergangenheit iſt Kinderei; und ich bin überzeugt, daß wenn
Sie mich und Herder vor die moraliſche Quelle Ihrer Leiden (denn
nur eine ſolche iſt wichtig) führen würden, wir beide Sie für hypochon-
driſch halten würden.

[254]Grüſſen Sie wieder die Voigt. — Leben Sie wohl, mein Geliebter!20
Das nächſte mal zieh ich das helle magiſche Bayreuth dem dunſtigen
ſchweren Hof vor. — Und quäle du dein ſchönes Herz nicht mit ver-
geblicher Berechnung des Unmöglichen, mein Guter!

Richter

Das Johannisbier. — —!25

320. An Chriſtian Otto.

Der längere Herder vor dir iſt ein Kaufman und komt aus Ham-
burg;
der kürzere iſt der Oekonom. Schreibe für beide an Amoene,
damit Herold ihnen ſeine[n] merkant[iliſchen] Apparat vorzeigt. Der30
Vater dankt dir voraus. — Der Oekonom verſtekt hinter dem Schleier
ſeiner Blödigkeit Talente und Kentniſſe.

In der Danna [?] blieb ich eine Nacht, in Schleiz eine, in Jena eine.
Häslich warfen ſich die Wolken auf meinen ofnen Poſtwagen (ein
bedekter war nicht zu bekommen). Indes bracht’ ich mehr Geſundheit35

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p> <hi rendition="#aq"><pb facs="#f0247" n="232"/>
Verehrte, die ich nie vergesse, wie ich mich auch ändere gegen<lb/>
andere!</hi> </p>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#sameLine"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#right">R.</hi> </hi> </hi> </salute>
        </closer>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>319. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/>
        <byline>Eilig</byline>
        <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Weimar d. 28 Sept.</hi> 99.</hi> </dateline><lb/>
        <p>Nur ein Wort, Emanuel! Der kürzere <hi rendition="#aq">Herder</hi> i&#x017F;t der Oekonom, der<lb n="5"/>
längere der Kaufman. Jener verhüllet mehr Kentni&#x017F;&#x017F;e und Talente<lb/>
(wie Ihnen &#x017F;eine Abhandlungen zeigen werden) als &#x017F;eine Blödigkeit<lb/>
ent&#x017F;chleiern kan. Alle <hi rendition="#aq">Herderschen</hi> Kinder &#x017F;ind edel, rein und ohne<lb/>
Fal&#x017F;ch. &#x2014; Sie können nicht errathen, welche fe&#x017F;t verkettete Fen&#x017F;ter-<lb/>
laden Sie im Lebenskerker der gequäälten verfin&#x017F;terten Eltern auf-<lb n="10"/>
rei&#x017F;&#x017F;en durch Ihre helfende Hand; aber Sie können es hören wenn Sie<lb/>
hieher kommen.</p><lb/>
        <p>Un&#x017F;er Ge&#x017F;präch über &#x2014; Sie auf dem Wege nach Münchberg bleibt<lb/>
lange in meiner Seele; aber, Guter, Sie &#x017F;ind <hi rendition="#g">morali&#x017F;ch-</hi>hypochon-<lb/>
dri&#x017F;ch. Ein We&#x017F;en, das <hi rendition="#g">jezt</hi> gut i&#x017F;t und &#x017F;ein wil wie Sie, i&#x017F;t <hi rendition="#g">jezt</hi> glük-<lb n="15"/>
lich; die Vergangenheit i&#x017F;t Kinderei; und ich bin überzeugt, daß wenn<lb/>
Sie mich und <hi rendition="#aq">Herder</hi> vor die <hi rendition="#g">morali&#x017F;che</hi> Quelle Ihrer Leiden (denn<lb/>
nur eine &#x017F;olche i&#x017F;t wichtig) führen würden, wir beide Sie für hypochon-<lb/>
dri&#x017F;ch halten würden.</p><lb/>
        <p><note place="left"><ref target="1922_Bd3_254">[254]</ref></note>Grü&#x017F;&#x017F;en Sie wieder die <hi rendition="#aq">Voigt.</hi> &#x2014; Leben Sie wohl, mein Geliebter!<lb n="20"/>
Das näch&#x017F;te mal zieh ich das helle magi&#x017F;che <hi rendition="#aq">Bayreuth</hi> dem dun&#x017F;tigen<lb/>
&#x017F;chweren <hi rendition="#aq">Hof</hi> vor. &#x2014; Und quäle du dein &#x017F;chönes Herz nicht mit ver-<lb/>
geblicher Berechnung des Unmöglichen, mein Guter!</p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">Richter</hi> </salute>
        </closer><lb/>
        <postscript>
          <p>Das Johannisbier. &#x2014; &#x2014;!<lb n="25"/>
</p>
        </postscript>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>320. An <hi rendition="#g">Chri&#x017F;tian Otto.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Weimar d. 28 Sept.</hi> 99.</hi> </dateline><lb/>
        <p>Der längere <hi rendition="#aq">Herder</hi> vor dir i&#x017F;t ein Kaufman und komt aus <hi rendition="#aq">Ham-<lb/>
burg;</hi> der kürzere i&#x017F;t der Oekonom. Schreibe für beide an <hi rendition="#aq">Amoene,</hi><lb/>
damit <hi rendition="#aq">Herold</hi> ihnen &#x017F;eine[n] merkant[ili&#x017F;chen] Apparat vorzeigt. Der<lb n="30"/>
Vater dankt dir voraus. &#x2014; Der Oekonom ver&#x017F;tekt hinter dem Schleier<lb/>
&#x017F;einer Blödigkeit Talente und Kentni&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
        <p>In der Danna [?] blieb ich eine Nacht, in Schleiz eine, in Jena eine.<lb/>
Häslich warfen &#x017F;ich die Wolken auf meinen ofnen Po&#x017F;twagen (ein<lb/>
bedekter war nicht zu bekommen). Indes bracht&#x2019; ich mehr Ge&#x017F;undheit<lb n="35"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[232/0247] Verehrte, die ich nie vergesse, wie ich mich auch ändere gegen andere! R. 319. An Emanuel. EiligWeimar d. 28 Sept. 99. Nur ein Wort, Emanuel! Der kürzere Herder iſt der Oekonom, der 5 längere der Kaufman. Jener verhüllet mehr Kentniſſe und Talente (wie Ihnen ſeine Abhandlungen zeigen werden) als ſeine Blödigkeit entſchleiern kan. Alle Herderschen Kinder ſind edel, rein und ohne Falſch. — Sie können nicht errathen, welche feſt verkettete Fenſter- laden Sie im Lebenskerker der gequäälten verfinſterten Eltern auf- 10 reiſſen durch Ihre helfende Hand; aber Sie können es hören wenn Sie hieher kommen. Unſer Geſpräch über — Sie auf dem Wege nach Münchberg bleibt lange in meiner Seele; aber, Guter, Sie ſind moraliſch-hypochon- driſch. Ein Weſen, das jezt gut iſt und ſein wil wie Sie, iſt jezt glük- 15 lich; die Vergangenheit iſt Kinderei; und ich bin überzeugt, daß wenn Sie mich und Herder vor die moraliſche Quelle Ihrer Leiden (denn nur eine ſolche iſt wichtig) führen würden, wir beide Sie für hypochon- driſch halten würden. Grüſſen Sie wieder die Voigt. — Leben Sie wohl, mein Geliebter! 20 Das nächſte mal zieh ich das helle magiſche Bayreuth dem dunſtigen ſchweren Hof vor. — Und quäle du dein ſchönes Herz nicht mit ver- geblicher Berechnung des Unmöglichen, mein Guter! [254] Richter Das Johannisbier. — —! 25 320. An Chriſtian Otto. Weimar d. 28 Sept. 99. Der längere Herder vor dir iſt ein Kaufman und komt aus Ham- burg; der kürzere iſt der Oekonom. Schreibe für beide an Amoene, damit Herold ihnen ſeine[n] merkant[iliſchen] Apparat vorzeigt. Der 30 Vater dankt dir voraus. — Der Oekonom verſtekt hinter dem Schleier ſeiner Blödigkeit Talente und Kentniſſe. In der Danna [?] blieb ich eine Nacht, in Schleiz eine, in Jena eine. Häslich warfen ſich die Wolken auf meinen ofnen Poſtwagen (ein bedekter war nicht zu bekommen). Indes bracht’ ich mehr Geſundheit 35

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:05:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:05:42Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/247
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/247>, abgerufen am 27.04.2024.