Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.geschnürte Herzogin mich, da ich vorvorgestern im Park vorüberschos, Zu Ostern komt gewis 1 dicker Band vom Titan und ein Neben- d. 11. Jul. Emanuel komt morgen hieher. -- Im Herderschen Hause bin ich der Vertraute, fast der Sohn; sie [235]Lebe wohl, mein alter geliebter Oertel, an dessen Hals ich mich so R. 293. An Christian Otto. Weimar d. 13. Jul. 99 [Sonnabend].Es drükte mich, daß du gerade nach deinem sanften Brief meinen20 geſchnürte Herzogin mich, da ich vorvorgeſtern im Park vorüberſchos, Zu Oſtern komt gewis 1 dicker Band vom Titan und ein Neben- d. 11. Jul. Emanuel komt morgen hieher. — Im Herderschen Hauſe bin ich der Vertraute, faſt der Sohn; ſie [235]Lebe wohl, mein alter geliebter Oertel, an deſſen Hals ich mich ſo R. 293. An Chriſtian Otto. Weimar d. 13. Jul. 99 [Sonnabend].Es drükte mich, daß du gerade nach deinem ſanften Brief meinen20 <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0229" n="214"/> geſchnürte Herzogin mich, da ich vorvorgeſtern im Park vorüberſchos,<lb/> eigenhändig zurükrief und viel mit mir ſprach und viel zu gnädig. —</p><lb/> <p>Zu Oſtern komt <hi rendition="#g">gewis</hi> 1 dicker Band vom <hi rendition="#aq">Titan</hi> und ein Neben-<lb/> bändgen Extrablätter — zu Neujahr im hiſtoriſchen berl[iner] Kalen-<lb/> der ein begeiſterter Aufſaz über <hi rendition="#aq">Charlotte Corday.</hi><lb n="5"/> </p> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">d. 11. Jul.</hi> </dateline><lb/> <p><hi rendition="#aq">Emanuel</hi> komt morgen hieher. —</p><lb/> <p>Im <hi rendition="#aq">Herderschen</hi> Hauſe bin ich der Vertraute, faſt der Sohn; ſie<lb/> die Mutter wählt und kauft mir meine Kleider. Aus dem Hauſe des<lb/><hi rendition="#aq">D. Herder</hi> bekomm’ ich mein Eſſen. — Von deinem Bruder hört ich,<lb n="10"/> er werde ſehr geliebt und geſucht in <hi rendition="#aq">R[egenspurg]. — Wolzogen</hi><lb/> negoziierte eine Heirath zwiſchen unſerm Dauphin und einer ruſſiſchen<lb/> 13jährigen Dauphine.</p><lb/> <p><note place="left"><ref target="1922_Bd3_235">[235]</ref></note>Lebe wohl, mein alter geliebter Oertel, an deſſen Hals ich mich ſo<lb/> ſehnlich wünſche. Küſſe deine liebe freundliche Freundin! Ich denke<lb n="15"/> mit innigen brüderlichen Wünſchen an euer Glük.</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#right">R.</hi> </salute> </closer> </div> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>293. An <hi rendition="#g">Chriſtian Otto.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Weimar</hi> d. 13. Jul. 99 [Sonnabend].</hi> </dateline><lb/> <p>Es drükte mich, daß du gerade <hi rendition="#g">nach</hi> deinem ſanften Brief meinen<lb n="20"/> harten bekameſt. Mündlich wäre eine Ausgleichung über das Perſön-<lb/> liche und Äſthetiſche das Werk einer ½ Stunde. Nur einiges. — Über<lb/> die <hi rendition="#aq">Corday</hi> hatte mein Gedächtnis Unrecht; ſchicken kont ich ſie dir<lb/> nicht, weil ich ihr Epitaphium bis zur lezten Minute verſchoben hatte<lb/> und es nas aus dem Dintenfas nach <hi rendition="#aq">Berlin</hi> ablief. — Ich wil, wenn<lb n="25"/> ich komme, dir an deinem Brief die vielen notierten Gebote zeigen, die<lb/> ich erfüllen werde. — Die ſchönen Grundſäze über Menſchenſchonung<lb/> unterſchreibt meine Seele; du haſt aber überhaupt von innen und<lb/> auſſen eine reinere bequemere Lage für die Moralität; ich bin gerade<lb/> der Nordſeite des Geiſtes der Zeit ausgeſezt. — Gleichwohl irreſt du<lb n="30"/> über die gedrukten <hi rendition="#g">vor</hi> den Epiſteln gemachten Briefe; im Schreiben<lb/> iſt mir nichts Perſönliches etwas, alſo auch <hi rendition="#aq">Hof</hi> nicht; ſonſt hätt ichs<lb/> nicht ſo luſtig gemacht. Noch immer bewahr’ ich troz ſo vieler litte-<lb/> rariſcher <hi rendition="#g">Thoren</hi> den Grundſaz, keinen <hi rendition="#aq">in effigie</hi> aufzuhenken; aber<lb/> etwas anders ſind litterariſche <hi rendition="#g">Sünder;</hi> hier iſts ſogar Pflicht, ob-<lb n="35"/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [214/0229]
geſchnürte Herzogin mich, da ich vorvorgeſtern im Park vorüberſchos,
eigenhändig zurükrief und viel mit mir ſprach und viel zu gnädig. —
Zu Oſtern komt gewis 1 dicker Band vom Titan und ein Neben-
bändgen Extrablätter — zu Neujahr im hiſtoriſchen berl[iner] Kalen-
der ein begeiſterter Aufſaz über Charlotte Corday. 5
d. 11. Jul.
Emanuel komt morgen hieher. —
Im Herderschen Hauſe bin ich der Vertraute, faſt der Sohn; ſie
die Mutter wählt und kauft mir meine Kleider. Aus dem Hauſe des
D. Herder bekomm’ ich mein Eſſen. — Von deinem Bruder hört ich, 10
er werde ſehr geliebt und geſucht in R[egenspurg]. — Wolzogen
negoziierte eine Heirath zwiſchen unſerm Dauphin und einer ruſſiſchen
13jährigen Dauphine.
Lebe wohl, mein alter geliebter Oertel, an deſſen Hals ich mich ſo
ſehnlich wünſche. Küſſe deine liebe freundliche Freundin! Ich denke 15
mit innigen brüderlichen Wünſchen an euer Glük.
[235]
R.
293. An Chriſtian Otto.
Weimar d. 13. Jul. 99 [Sonnabend].
Es drükte mich, daß du gerade nach deinem ſanften Brief meinen 20
harten bekameſt. Mündlich wäre eine Ausgleichung über das Perſön-
liche und Äſthetiſche das Werk einer ½ Stunde. Nur einiges. — Über
die Corday hatte mein Gedächtnis Unrecht; ſchicken kont ich ſie dir
nicht, weil ich ihr Epitaphium bis zur lezten Minute verſchoben hatte
und es nas aus dem Dintenfas nach Berlin ablief. — Ich wil, wenn 25
ich komme, dir an deinem Brief die vielen notierten Gebote zeigen, die
ich erfüllen werde. — Die ſchönen Grundſäze über Menſchenſchonung
unterſchreibt meine Seele; du haſt aber überhaupt von innen und
auſſen eine reinere bequemere Lage für die Moralität; ich bin gerade
der Nordſeite des Geiſtes der Zeit ausgeſezt. — Gleichwohl irreſt du 30
über die gedrukten vor den Epiſteln gemachten Briefe; im Schreiben
iſt mir nichts Perſönliches etwas, alſo auch Hof nicht; ſonſt hätt ichs
nicht ſo luſtig gemacht. Noch immer bewahr’ ich troz ſo vieler litte-
rariſcher Thoren den Grundſaz, keinen in effigie aufzuhenken; aber
etwas anders ſind litterariſche Sünder; hier iſts ſogar Pflicht, ob- 35
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(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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