Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.241. An Thieriot. W[eimar] d. 11. Apr. 99.Blos aus Zeitmangel zeigt' ich Ihnen Wielands frohe Aufnahme Ihr intellektueller Fortschrit gefält mir, aber nicht Ihr moralischer. Guter Jüngling, sei fest -- wähle einen ewigen Weg -- verschmähe Mein Vorschlag aber wäre, 1) kein Jurist zu werden (niemand passet Es ist schlim, daß Sie von der Herzens Influenza, der Eitelkeit In Ihren Briefen gefält mir alles ausgenommen die Erwartung Die "Wünsche" sind sehr gut; im 2ten Aufsaz gefält mir nur die Rechnen Sie auf mein immer längeres Schweigen und erschweren35 12*
241. An Thieriot. W[eimar] d. 11. Apr. 99.Blos aus Zeitmangel zeigt’ ich Ihnen Wielands frohe Aufnahme Ihr intellektueller Fortſchrit gefält mir, aber nicht Ihr moraliſcher. Guter Jüngling, ſei feſt — wähle einen ewigen Weg — verſchmähe Mein Vorſchlag aber wäre, 1) kein Juriſt zu werden (niemand paſſet Es iſt ſchlim, daß Sie von der Herzens Influenza, der Eitelkeit In Ihren Briefen gefält mir alles ausgenommen die Erwartung Die „Wünſche“ ſind ſehr gut; im 2ten Aufſaz gefält mir nur die Rechnen Sie auf mein immer längeres Schweigen und erſchweren35 12*
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241. An Thieriot.
W[eimar] d. 11. Apr. 99.
Blos aus Zeitmangel zeigt’ ich Ihnen Wielands frohe Aufnahme
und lobende Beurtheilung Ihres Owens nicht an; beſonders Ihrer
Vorrede davor; nur ein gebietender Zufal verſchiebt die Einrückung 5
bis in das Maiſtük. Ihre Laune iſt — obgleich Wieland bemerkt, daß
Sie mich oft geleſen — auf einem ſchönen, und am Ende, originellen
Wege. Schicken Sie doch die ſehr gute Satire über das akademiſche
Schreien, aber aus Gleichniſſen in Sorites transponiert, dem Mer-
kur ins Haus. 10
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Ihr intellektueller Fortſchrit gefält mir, aber nicht Ihr moraliſcher.
Ihre Klage komt blos aus geiſtigem Luxus und aus der Wahl-Wahl,
ich meine aus der zu freien Freiheit Ihrer Arbeiten. — Der Menſch
wil gezwungen ſein, ſogar zum Schönſten. — Ihre Buspſalmen ſind
Dankpſalmen; und Sie wiſſen es. 15
Guter Jüngling, ſei feſt — wähle einen ewigen Weg — verſchmähe
die Leipziger Kleinlichkeit, beſonders die akademiſche und litterariſche
— das höhere Herz ſchlägt für etwas höheres als litterariſche An-
zeiger — frage dich was du wolteſt auf einer Inſel — Lob iſt nichts
ohne den Gegenſtand — verachte jenes und lebe dem Genius in 20
dir. —
Mein Vorſchlag aber wäre, 1) kein Juriſt zu werden (niemand paſſet
dazu weniger wie Sie; wiewohl jedes Entſchlieſſen beſſer iſt als
jedes Verzögern) 2) ſondern ein Geiger und Autor zugleich, und beides
à quatre mains, da zu jedem 2 gehören. — — 25
Es iſt ſchlim, daß Sie von der Herzens Influenza, der Eitelkeit
ſo viel reden — die Rede iſt die Krankheit — erhebe dich über Leipzig,
über Rezenſionen, über dieſe Erde, aus Eile gemacht — und über die
flatternde Zeit und dan frage auf dem Sterbekiſſen das Herz: was es
gewolt? — 30
In Ihren Briefen gefält mir alles ausgenommen die Erwartung
einer Antwort.
Die „Wünſche“ ſind ſehr gut; im 2ten Aufſaz gefält mir nur die
Einleitung. Beide biet’ ich dem Götterboten an.
Rechnen Sie auf mein immer längeres Schweigen und erſchweren 35
Sie mirs nicht durch Ihres. — Dem bittenden Böttiger ſagt’ ich
Ihren Namen und er wird Sie in Leipzig zu ſehen trachten. —
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(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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