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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.

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241. An Thieriot.

Blos aus Zeitmangel zeigt' ich Ihnen Wielands frohe Aufnahme
und lobende Beurtheilung Ihres Owens nicht an; besonders Ihrer
Vorrede davor; nur ein gebietender Zufal verschiebt die Einrückung5
bis in das Maistük. Ihre Laune ist -- obgleich Wieland bemerkt, daß
Sie mich oft gelesen -- auf einem schönen, und am Ende, originellen[198]
Wege. Schicken Sie doch die sehr gute Satire über das akademische
Schreien, aber aus Gleichnissen in Sorites transponiert, dem Mer-
kur
ins Haus.10

Ihr intellektueller Fortschrit gefält mir, aber nicht Ihr moralischer.
Ihre Klage komt blos aus geistigem Luxus und aus der Wahl-Wahl,
ich meine aus der zu freien Freiheit Ihrer Arbeiten. -- Der Mensch
wil gezwungen sein, sogar zum Schönsten. -- Ihre Buspsalmen sind
Dankpsalmen; und Sie wissen es.15

Guter Jüngling, sei fest -- wähle einen ewigen Weg -- verschmähe
die Leipziger Kleinlichkeit, besonders die akademische und litterarische
-- das höhere Herz schlägt für etwas höheres als litterarische An-
zeiger -- frage dich was du woltest auf einer Insel -- Lob ist nichts
ohne den Gegenstand -- verachte jenes und lebe dem Genius in20
dir. --

Mein Vorschlag aber wäre, 1) kein Jurist zu werden (niemand passet
dazu weniger wie Sie; wiewohl jedes Entschliessen besser ist als
jedes
Verzögern) 2) sondern ein Geiger und Autor zugleich, und beides
a quatre mains, da zu jedem 2 gehören. -- --25

Es ist schlim, daß Sie von der Herzens Influenza, der Eitelkeit
so viel reden -- die Rede ist die Krankheit -- erhebe dich über Leipzig,
über Rezensionen, über diese Erde, aus Eile gemacht -- und über die
flatternde Zeit und dan frage auf dem Sterbekissen das Herz: was es
gewolt? --30

In Ihren Briefen gefält mir alles ausgenommen die Erwartung
einer Antwort.

Die "Wünsche" sind sehr gut; im 2ten Aufsaz gefält mir nur die
Einleitung. Beide biet' ich dem Götterboten an.

Rechnen Sie auf mein immer längeres Schweigen und erschweren35
Sie mirs nicht durch Ihres. -- Dem bittenden Böttiger sagt' ich
Ihren Namen und er wird Sie in Leipzig zu sehen trachten. --

12*
241. An Thieriot.

Blos aus Zeitmangel zeigt’ ich Ihnen Wielands frohe Aufnahme
und lobende Beurtheilung Ihres Owens nicht an; beſonders Ihrer
Vorrede davor; nur ein gebietender Zufal verſchiebt die Einrückung5
bis in das Maiſtük. Ihre Laune iſt — obgleich Wieland bemerkt, daß
Sie mich oft geleſen — auf einem ſchönen, und am Ende, originellen[198]
Wege. Schicken Sie doch die ſehr gute Satire über das akademiſche
Schreien, aber aus Gleichniſſen in Sorites transponiert, dem Mer-
kur
ins Haus.10

Ihr intellektueller Fortſchrit gefält mir, aber nicht Ihr moraliſcher.
Ihre Klage komt blos aus geiſtigem Luxus und aus der Wahl-Wahl,
ich meine aus der zu freien Freiheit Ihrer Arbeiten. — Der Menſch
wil gezwungen ſein, ſogar zum Schönſten. — Ihre Buspſalmen ſind
Dankpſalmen; und Sie wiſſen es.15

Guter Jüngling, ſei feſt — wähle einen ewigen Weg — verſchmähe
die Leipziger Kleinlichkeit, beſonders die akademiſche und litterariſche
— das höhere Herz ſchlägt für etwas höheres als litterariſche An-
zeiger — frage dich was du wolteſt auf einer Inſel — Lob iſt nichts
ohne den Gegenſtand — verachte jenes und lebe dem Genius in20
dir. —

Mein Vorſchlag aber wäre, 1) kein Juriſt zu werden (niemand paſſet
dazu weniger wie Sie; wiewohl jedes Entſchlieſſen beſſer iſt als
jedes
Verzögern) 2) ſondern ein Geiger und Autor zugleich, und beides
à quatre mains, da zu jedem 2 gehören. — —25

Es iſt ſchlim, daß Sie von der Herzens Influenza, der Eitelkeit
ſo viel reden — die Rede iſt die Krankheit — erhebe dich über Leipzig,
über Rezenſionen, über dieſe Erde, aus Eile gemacht — und über die
flatternde Zeit und dan frage auf dem Sterbekiſſen das Herz: was es
gewolt? —30

In Ihren Briefen gefält mir alles ausgenommen die Erwartung
einer Antwort.

Die „Wünſche“ ſind ſehr gut; im 2ten Aufſaz gefält mir nur die
Einleitung. Beide biet’ ich dem Götterboten an.

Rechnen Sie auf mein immer längeres Schweigen und erſchweren35
Sie mirs nicht durch Ihres. — Dem bittenden Böttiger ſagt’ ich
Ihren Namen und er wird Sie in Leipzig zu ſehen trachten. —

12*
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[179/0193] 241. An Thieriot. W[eimar] d. 11. Apr. 99. Blos aus Zeitmangel zeigt’ ich Ihnen Wielands frohe Aufnahme und lobende Beurtheilung Ihres Owens nicht an; beſonders Ihrer Vorrede davor; nur ein gebietender Zufal verſchiebt die Einrückung 5 bis in das Maiſtük. Ihre Laune iſt — obgleich Wieland bemerkt, daß Sie mich oft geleſen — auf einem ſchönen, und am Ende, originellen Wege. Schicken Sie doch die ſehr gute Satire über das akademiſche Schreien, aber aus Gleichniſſen in Sorites transponiert, dem Mer- kur ins Haus. 10 [198] Ihr intellektueller Fortſchrit gefält mir, aber nicht Ihr moraliſcher. Ihre Klage komt blos aus geiſtigem Luxus und aus der Wahl-Wahl, ich meine aus der zu freien Freiheit Ihrer Arbeiten. — Der Menſch wil gezwungen ſein, ſogar zum Schönſten. — Ihre Buspſalmen ſind Dankpſalmen; und Sie wiſſen es. 15 Guter Jüngling, ſei feſt — wähle einen ewigen Weg — verſchmähe die Leipziger Kleinlichkeit, beſonders die akademiſche und litterariſche — das höhere Herz ſchlägt für etwas höheres als litterariſche An- zeiger — frage dich was du wolteſt auf einer Inſel — Lob iſt nichts ohne den Gegenſtand — verachte jenes und lebe dem Genius in 20 dir. — Mein Vorſchlag aber wäre, 1) kein Juriſt zu werden (niemand paſſet dazu weniger wie Sie; wiewohl jedes Entſchlieſſen beſſer iſt als jedes Verzögern) 2) ſondern ein Geiger und Autor zugleich, und beides à quatre mains, da zu jedem 2 gehören. — — 25 Es iſt ſchlim, daß Sie von der Herzens Influenza, der Eitelkeit ſo viel reden — die Rede iſt die Krankheit — erhebe dich über Leipzig, über Rezenſionen, über dieſe Erde, aus Eile gemacht — und über die flatternde Zeit und dan frage auf dem Sterbekiſſen das Herz: was es gewolt? — 30 In Ihren Briefen gefält mir alles ausgenommen die Erwartung einer Antwort. Die „Wünſche“ ſind ſehr gut; im 2ten Aufſaz gefält mir nur die Einleitung. Beide biet’ ich dem Götterboten an. Rechnen Sie auf mein immer längeres Schweigen und erſchweren 35 Sie mirs nicht durch Ihres. — Dem bittenden Böttiger ſagt’ ich Ihren Namen und er wird Sie in Leipzig zu ſehen trachten. — 12*

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:05:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:05:42Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/193>, abgerufen am 22.11.2024.