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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.

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*) Sonderbar sezt sich das Schiksal an meinen Schreibetisch und
tunkt ein. Ich machte in Leipzig einige Briefe voraus fertig, wo mein
Landgütlein Mittelspiz oder Spiz vorkam -- sieh! Und meine Heirath.
-- Noch sonderbarer werd ich zu höhern Zwecken erzogen, die länger
stehen sollen als mein Glük und mein Grab. Ich meine, ich kan dir5
nicht sagen, mit welcher ernsten Berechnung auf meinen Titan das
Geschik mich durch alle diese Feuerproben in und ausser mir, durch
Weimar und durch gewisse Weiber führt. Jezt kan ich ihn machen,
indes ich früher manche Fehler leichter dargestelt und begangen
als gesehen hätte. Ach! ich suche im ausgeleerten Leben ausser der10
liebenden altväterlichen, mein Jodiz palingenesierenden Ruhe auch
nichts weiter als ein Instrument zu sein in der Hand des Verhängnisses,
es werfe mich dan weg in die stille Höhle, wenn es mich gebraucht.


Vergieb Guter meine gestrigen närrischen Gebehrden. Ich wolte15
feurig hinausschreiben und alles wurde mir zu lang und die Feder must'
ich 10 mal schneiden und das erboste mich. Ihr Man begegnet mir mit
schöner Liebe; und ich kan ruhig vor ihm stehen, weil mein obiges
Nein eisern steht. Ich habe zu viele Ursachen dazu. Diese Titanide ist
viel leichter zu wenden wie die B. -- Überhaupt solt ich mich nicht bei20
Perspektiven so weinerlich gebehrden, die für andre Himmelsthore
wären. Mit Mädgen hab ich jezt einen schwerern Stand als sogar
sonst, weil sie mich fürchten. Ach ich Armer! Denn werden sie kirre, so
sehen sie ihren Irthum und sezen sich auf den Feldscheu selber. So ist
die schöne schuldlose heitere Herder so blöde. -- Im Febr. komt die[157]25
Berlepsch; am 2 Jenn. Schiller und bleibt 6 Wochen, um sein[en]
Pickolomini und Wall[enstein] einzulernen, wovon jener am Geburts-
tag der Herzogin den 20 Jenn. gegeben wird. -- Ich werde dir jezt
spät wieder schreiben.

Das Schiksal deines Apothekers hängt gar nicht an jenem Tropf.30
Zu loben hab' ich die Leichtigkeit, die aus einer kleinen Quelle so gute
Allegorie herleitet, die Laune und den Wiz und das perpendikular
Unterstrichene, sogar die Namen. Du soltest aber eine ganze sich rün-
dende
Geschichte (nebst den Winken des Bezugs) machen. Zu tadeln
hab ich das Verweilen und Wiederholen, obwohl mit anderen Meta-35
phern (z. B. bei der Göthischen Unsterblichkeit.) Ferner sagst du zu oft
andeuten. 1. "höchste Kulminazion" Kulminieren ist eben wenn der

*) Sonderbar ſezt ſich das Schikſal an meinen Schreibetiſch und
tunkt ein. Ich machte in Leipzig einige Briefe voraus fertig, wo mein
Landgütlein Mittelſpiz oder Spiz vorkam — ſieh! Und meine Heirath.
— Noch ſonderbarer werd ich zu höhern Zwecken erzogen, die länger
ſtehen ſollen als mein Glük und mein Grab. Ich meine, ich kan dir5
nicht ſagen, mit welcher ernſten Berechnung auf meinen Titan das
Geſchik mich durch alle dieſe Feuerproben in und auſſer mir, durch
Weimar und durch gewiſſe Weiber führt. Jezt kan ich ihn machen,
indes ich früher manche Fehler leichter dargeſtelt und begangen
als geſehen hätte. Ach! ich ſuche im ausgeleerten Leben auſſer der10
liebenden altväterlichen, mein Jodiz palingeneſierenden Ruhe auch
nichts weiter als ein Inſtrument zu ſein in der Hand des Verhängniſſes,
es werfe mich dan weg in die ſtille Höhle, wenn es mich gebraucht.


Vergieb Guter meine geſtrigen närriſchen Gebehrden. Ich wolte15
feurig hinausſchreiben und alles wurde mir zu lang und die Feder muſt’
ich 10 mal ſchneiden und das erboſte mich. Ihr Man begegnet mir mit
ſchöner Liebe; und ich kan ruhig vor ihm ſtehen, weil mein obiges
Nein eiſern ſteht. Ich habe zu viele Urſachen dazu. Dieſe Titanide iſt
viel leichter zu wenden wie die B. — Überhaupt ſolt ich mich nicht bei20
Perſpektiven ſo weinerlich gebehrden, die für andre Himmelsthore
wären. Mit Mädgen hab ich jezt einen ſchwerern Stand als ſogar
ſonſt, weil ſie mich fürchten. Ach ich Armer! Denn werden ſie kirre, ſo
ſehen ſie ihren Irthum und ſezen ſich auf den Feldſcheu ſelber. So iſt
die ſchöne ſchuldloſe heitere Herder ſo blöde. — Im Febr. komt die[157]25
Berlepſch; am 2 Jenn. Schiller und bleibt 6 Wochen, um ſein[en]
Pickolomini und Wall[enſtein] einzulernen, wovon jener am Geburts-
tag der Herzogin den 20 Jenn. gegeben wird. — Ich werde dir jezt
ſpät wieder ſchreiben.

Das Schikſal deines Apothekers hängt gar nicht an jenem Tropf.30
Zu loben hab’ ich die Leichtigkeit, die aus einer kleinen Quelle ſo gute
Allegorie herleitet, die Laune und den Wiz und das perpendikular
Unterſtrichene, ſogar die Namen. Du ſolteſt aber eine ganze ſich rün-
dende
Geſchichte (nebſt den Winken des Bezugs) machen. Zu tadeln
hab ich das Verweilen und Wiederholen, obwohl mit anderen Meta-35
phern (z. B. bei der Göthiſchen Unſterblichkeit.) Ferner ſagſt du zu oft
andeuten. 1. „höchſte Kulminazion“ Kulminieren iſt eben wenn der

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[141/0151] *) Sonderbar ſezt ſich das Schikſal an meinen Schreibetiſch und tunkt ein. Ich machte in Leipzig einige Briefe voraus fertig, wo mein Landgütlein Mittelſpiz oder Spiz vorkam — ſieh! Und meine Heirath. — Noch ſonderbarer werd ich zu höhern Zwecken erzogen, die länger ſtehen ſollen als mein Glük und mein Grab. Ich meine, ich kan dir 5 nicht ſagen, mit welcher ernſten Berechnung auf meinen Titan das Geſchik mich durch alle dieſe Feuerproben in und auſſer mir, durch Weimar und durch gewiſſe Weiber führt. Jezt kan ich ihn machen, indes ich früher manche Fehler leichter dargeſtelt und begangen als geſehen hätte. Ach! ich ſuche im ausgeleerten Leben auſſer der 10 liebenden altväterlichen, mein Jodiz palingeneſierenden Ruhe auch nichts weiter als ein Inſtrument zu ſein in der Hand des Verhängniſſes, es werfe mich dan weg in die ſtille Höhle, wenn es mich gebraucht. d. 30 Dec. Vergieb Guter meine geſtrigen närriſchen Gebehrden. Ich wolte 15 feurig hinausſchreiben und alles wurde mir zu lang und die Feder muſt’ ich 10 mal ſchneiden und das erboſte mich. Ihr Man begegnet mir mit ſchöner Liebe; und ich kan ruhig vor ihm ſtehen, weil mein obiges Nein eiſern ſteht. Ich habe zu viele Urſachen dazu. Dieſe Titanide iſt viel leichter zu wenden wie die B. — Überhaupt ſolt ich mich nicht bei 20 Perſpektiven ſo weinerlich gebehrden, die für andre Himmelsthore wären. Mit Mädgen hab ich jezt einen ſchwerern Stand als ſogar ſonſt, weil ſie mich fürchten. Ach ich Armer! Denn werden ſie kirre, ſo ſehen ſie ihren Irthum und ſezen ſich auf den Feldſcheu ſelber. So iſt die ſchöne ſchuldloſe heitere Herder ſo blöde. — Im Febr. komt die 25 Berlepſch; am 2 Jenn. Schiller und bleibt 6 Wochen, um ſein[en] Pickolomini und Wall[enſtein] einzulernen, wovon jener am Geburts- tag der Herzogin den 20 Jenn. gegeben wird. — Ich werde dir jezt ſpät wieder ſchreiben. [157] Das Schikſal deines Apothekers hängt gar nicht an jenem Tropf. 30 Zu loben hab’ ich die Leichtigkeit, die aus einer kleinen Quelle ſo gute Allegorie herleitet, die Laune und den Wiz und das perpendikular Unterſtrichene, ſogar die Namen. Du ſolteſt aber eine ganze ſich rün- dende Geſchichte (nebſt den Winken des Bezugs) machen. Zu tadeln hab ich das Verweilen und Wiederholen, obwohl mit anderen Meta- 35 phern (z. B. bei der Göthiſchen Unſterblichkeit.) Ferner ſagſt du zu oft andeuten. 1. „höchſte Kulminazion“ Kulminieren iſt eben wenn der

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:05:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:05:42Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/151>, abgerufen am 23.11.2024.