Deinen, unbeschreiblich-kurzen Brief erhielt ich 8 Tage später; gieb auf die sächsische Post auf. Ich wil, was du wenig thust, wieder in der Antwort auf einen Brief auch diesen berühren. Das liebste daran ist mir die Nachricht, daß mein Brief und dein Geburtstag zusammen-5 kamen. -- Georg's zufällige Sonnenfackeln gehören euerer Nachbar- schaft; er taugt nichts und wird immer mit Besser- und Schlimmer- werden wechseln; aber der Mädgen wegen freu' ich mich sehr über die geborne Friedensfürstin. -- Hennings ist ein Schurke; den R[eichs] Anzeiger les' ich nicht, aber im litterarischen fand ichs: die Sache ist,10 Thieriot erklärte etwas ähnliches wie du öffentlich und beisset sich schon lange mit dem Verf. herum; euch beide nimt er für eines. -- Fichte's Theorie über die Geschlecht[er] halt' ich für durchaus falsch. Darüber ist nur zu reden. -- Über deinen Aufsaz nachher. -- Beim Himmel, Emanuel solte einen andern Agenten (ich habe noch keinen15 Brief) bestimmen, weil ein Unglüklicher an diesem lezten Zweige hängt. Was scheer ich mich um Publizität eines fremden Fehlers? -- Mein Mazdorf schikte mir zu Weihnachten 1 silb[ernes] Messer Gabel Löffel.*) -- Oertels Schwester wurde die Frau des Fürsten Karolat. -- Apropos. Neulich hielt ein unwissender Rezensent die Gewohnheit02 der Fr. v. Ziethen, ihren Man immer von Ziethen oder Ritmeister etc. zu nennen, für Ahnen Stolz, weil er nicht wuste, daß sie alle, ihre Männer nur mit den Titeln nennen. -- In Mainz stehts schlecht; Hufeland gieng als Republikaner hin aber nicht als solcher zurük. "Aber Zehenden dürft ihr doch nicht geben" sagt er zu einem Bauer.25 "Nein, sagte dieser, den bekommen wir blos."
Aber zu einer wichtigen Nachricht.
Durch meinen bisherigen Nachsommer wehen jezt die Leidenschaften. Jene Frau -- künftig heisse sie die Titanide, weil ich dem Zufal nicht traue -- die von Weimar zuerst nach Hof an mich schrieb, die ich dir[155]30 bei meinem ersten Hiersein als eine Titanide malte, mit der ich wie du weist, einmal eine Szene hatte, wo ich (wie in Leipzig) im Pulver- magazin Tabak rauchte, diese ist seit einigen Wochen vom Lande zurük
*) 3000 Exempl. werden nach Böttiger jezt von Büchern wie mein[e] ab- gedrukt.35
d. 28 Dec.
Deinen, unbeſchreiblich-kurzen Brief erhielt ich 8 Tage ſpäter; gieb auf die ſächſiſche Poſt auf. Ich wil, was du wenig thuſt, wieder in der Antwort auf einen Brief auch dieſen berühren. Das liebſte daran iſt mir die Nachricht, daß mein Brief und dein Geburtstag zuſammen-5 kamen. — Georg’s zufällige Sonnenfackeln gehören euerer Nachbar- ſchaft; er taugt nichts und wird immer mit Beſſer- und Schlimmer- werden wechſeln; aber der Mädgen wegen freu’ ich mich ſehr über die geborne Friedensfürſtin. — Hennings iſt ein Schurke; den R[eichs] Anzeiger leſ’ ich nicht, aber im litterariſchen fand ichs: die Sache iſt,10 Thieriot erklärte etwas ähnliches wie du öffentlich und beiſſet ſich ſchon lange mit dem Verf. herum; euch beide nimt er für eines. — Fichte’s Theorie über die Geſchlecht[er] halt’ ich für durchaus falſch. Darüber iſt nur zu reden. — Über deinen Aufſaz nachher. — Beim Himmel, Emanuel ſolte einen andern Agenten (ich habe noch keinen15 Brief) beſtimmen, weil ein Unglüklicher an dieſem lezten Zweige hängt. Was ſcheer ich mich um Publizität eines fremden Fehlers? — Mein Mazdorf ſchikte mir zu Weihnachten 1 ſilb[ernes] Meſſer Gabel Löffel.*) — Oertels Schweſter wurde die Frau des Fürſten Karolat. — Apropos. Neulich hielt ein unwiſſender Rezenſent die Gewohnheit02 der Fr. v. Ziethen, ihren Man immer von Ziethen oder Ritmeiſter ꝛc. zu nennen, für Ahnen Stolz, weil er nicht wuſte, daß ſie alle, ihre Männer nur mit den Titeln nennen. — In Mainz ſtehts ſchlecht; Hufeland gieng als Republikaner hin aber nicht als ſolcher zurük. „Aber Zehenden dürft ihr doch nicht geben“ ſagt er zu einem Bauer.25 „Nein, ſagte dieſer, den bekommen wir blos.“
Aber zu einer wichtigen Nachricht.
Durch meinen bisherigen Nachſommer wehen jezt die Leidenſchaften. Jene Frau — künftig heiſſe ſie die Titanide, weil ich dem Zufal nicht traue — die von Weimar zuerſt nach Hof an mich ſchrieb, die ich dir[155]30 bei meinem erſten Hierſein als eine Titanide malte, mit der ich wie du weiſt, einmal eine Szene hatte, wo ich (wie in Leipzig) im Pulver- magazin Tabak rauchte, dieſe iſt ſeit einigen Wochen vom Lande zurük
*) 3000 Exempl. werden nach Böttiger jezt von Büchern wie mein[e] ab- gedrukt.35
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d. 28 Dec.
Deinen, unbeſchreiblich-kurzen Brief erhielt ich 8 Tage ſpäter; gieb
auf die ſächſiſche Poſt auf. Ich wil, was du wenig thuſt, wieder in
der Antwort auf einen Brief auch dieſen berühren. Das liebſte daran
iſt mir die Nachricht, daß mein Brief und dein Geburtstag zuſammen- 5
kamen. — Georg’s zufällige Sonnenfackeln gehören euerer Nachbar-
ſchaft; er taugt nichts und wird immer mit Beſſer- und Schlimmer-
werden wechſeln; aber der Mädgen wegen freu’ ich mich ſehr über die
geborne Friedensfürſtin. — Hennings iſt ein Schurke; den R[eichs]
Anzeiger leſ’ ich nicht, aber im litterariſchen fand ichs: die Sache iſt, 10
Thieriot erklärte etwas ähnliches wie du öffentlich und beiſſet ſich
ſchon lange mit dem Verf. herum; euch beide nimt er für eines. —
Fichte’s Theorie über die Geſchlecht[er] halt’ ich für durchaus falſch.
Darüber iſt nur zu reden. — Über deinen Aufſaz nachher. — Beim
Himmel, Emanuel ſolte einen andern Agenten (ich habe noch keinen 15
Brief) beſtimmen, weil ein Unglüklicher an dieſem lezten Zweige hängt.
Was ſcheer ich mich um Publizität eines fremden Fehlers? — Mein
Mazdorf ſchikte mir zu Weihnachten 1 ſilb[ernes] Meſſer Gabel
Löffel. *) — Oertels Schweſter wurde die Frau des Fürſten Karolat.
— Apropos. Neulich hielt ein unwiſſender Rezenſent die Gewohnheit 02
der Fr. v. Ziethen, ihren Man immer von Ziethen oder Ritmeiſter ꝛc.
zu nennen, für Ahnen Stolz, weil er nicht wuſte, daß ſie alle, ihre
Männer nur mit den Titeln nennen. — In Mainz ſtehts ſchlecht;
Hufeland gieng als Republikaner hin aber nicht als ſolcher zurük.
„Aber Zehenden dürft ihr doch nicht geben“ ſagt er zu einem Bauer. 25
„Nein, ſagte dieſer, den bekommen wir blos.“
Aber zu einer wichtigen Nachricht.
Durch meinen bisherigen Nachſommer wehen jezt die Leidenſchaften.
Jene Frau — künftig heiſſe ſie die Titanide, weil ich dem Zufal nicht
traue — die von Weimar zuerſt nach Hof an mich ſchrieb, die ich dir 30
bei meinem erſten Hierſein als eine Titanide malte, mit der ich wie
du weiſt, einmal eine Szene hatte, wo ich (wie in Leipzig) im Pulver-
magazin Tabak rauchte, dieſe iſt ſeit einigen Wochen vom Lande zurük
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*) 3000 Exempl. werden nach Böttiger jezt von Büchern wie mein[e] ab-
gedrukt. 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/149>, abgerufen am 09.11.2024.
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