ich hätt' es vorgestern auch gebrochen. Ich erinnere mich dunkel, wie dunkel, hingeworfen, unbestimt und (der Eile wegen) grel alles ist; ich habe aber die Entschuldigung deiner eignen Abmachung von etwas Besserem und die Gewisheit für mich, daß ich ja deinen Aufsaz noch einmal und ausserhalb den Amnioshäutgen der blauen Papiergen5 erblicke.
Mein jeziger über die Phantasie hat eine genaue Gedankenfolge, aber ich habe (seiner abscheulichen Länge wegen) die Ringe, woran sich mehrere Ketten zusammenheften, ausgelassen; und überhaupt dem Leser zugemuthet, sich einen eben so grossen Aufsaz selber dazu zu10 machen. Schaden wirds mir, daß ich dir jezt, da ich dir sonst lauter oft umgeackerte Sachen gab, 2mal hintereinander 1mal bearbeitete schicke.
Dein hier folgender Traum ist meiner Abhandlung wie das Blumen- exemplar der botanischen Beschreibung im Herbario beigelegt. Ich habe einiges Wenige (nach deiner Erlaubnis) im Traum (und im15 andern Aufsaze) verändert und blos an meinem vorigen Lobe hab ich nichts geändert. Auf der 9 Zeile der 2 Seite des Traums ist es ein wenig dunkel.
Jezt aber mache dich auch an meine Sachen und gewöhne mir die Fertigkeit zu warten, die ich mir jezt erworben, nicht durch eine zu20 grosse Uebung derselben wieder ab. Ueber die Biographie möcht ich zuerst dein Wort haben. Guten Morgen.
Richter
69. An Christian Otto.
[Hof, 26. Febr. 1795?]
Wenn du die Zettel halbierest, um die Einladungen zu verdoppeln:25 so bist du ein leidlicher Geizhals. Ich danke dir für deine Sorgfalt um mein Gedächtnis. Ich bin froh, daß ich gestern 1 Loth Jesuiterpulver, das mehr stärkt als die Jesuitermoral, habe holen lassen.
[50]70. An Christian Otto.
[Hof, 9. März 1795]30
[Von Ottos Hand]: Komme um 5 Uhr auf einige Schalen Chocolade.
Was du da oben geschrieben und mir vor etlichen Wochen gegeben: wirst du mir heute auf eine andere Weise geben, wenn du mir nach- mittags oder abends deinen index expurgandorum in meinem Aufsaz bewilligst. -- Ich komme.35
ich hätt’ es vorgeſtern auch gebrochen. Ich erinnere mich dunkel, wie dunkel, hingeworfen, unbeſtimt und (der Eile wegen) grel alles iſt; ich habe aber die Entſchuldigung deiner eignen Abmachung von etwas Beſſerem und die Gewisheit für mich, daß ich ja deinen Aufſaz noch einmal und auſſerhalb den Amnioshäutgen der blauen Papiergen5 erblicke.
Mein jeziger über die Phantaſie hat eine genaue Gedankenfolge, aber ich habe (ſeiner abſcheulichen Länge wegen) die Ringe, woran ſich mehrere Ketten zuſammenheften, ausgelaſſen; und überhaupt dem Leſer zugemuthet, ſich einen eben ſo groſſen Aufſaz ſelber dazu zu10 machen. Schaden wirds mir, daß ich dir jezt, da ich dir ſonſt lauter oft umgeackerte Sachen gab, 2mal hintereinander 1mal bearbeitete ſchicke.
Dein hier folgender Traum iſt meiner Abhandlung wie das Blumen- exemplar der botaniſchen Beſchreibung im Herbario beigelegt. Ich habe einiges Wenige (nach deiner Erlaubnis) im Traum (und im15 andern Aufſaze) verändert und blos an meinem vorigen Lobe hab ich nichts geändert. Auf der 9 Zeile der 2 Seite des Traums iſt es ein wenig dunkel.
Jezt aber mache dich auch an meine Sachen und gewöhne mir die Fertigkeit zu warten, die ich mir jezt erworben, nicht durch eine zu20 groſſe Uebung derſelben wieder ab. Ueber die Biographie möcht ich zuerſt dein Wort haben. Guten Morgen.
Richter
69. An Chriſtian Otto.
[Hof, 26. Febr. 1795?]
Wenn du die Zettel halbiereſt, um die Einladungen zu verdoppeln:25 ſo biſt du ein leidlicher Geizhals. Ich danke dir für deine Sorgfalt um mein Gedächtnis. Ich bin froh, daß ich geſtern 1 Loth Jeſuiterpulver, das mehr ſtärkt als die Jeſuitermoral, habe holen laſſen.
[50]70. An Chriſtian Otto.
[Hof, 9. März 1795]30
[Von Ottos Hand]: Komme um 5 Uhr auf einige Schalen Chocolade.
Was du da oben geſchrieben und mir vor etlichen Wochen gegeben: wirſt du mir heute auf eine andere Weiſe geben, wenn du mir nach- mittags oder abends deinen index expurgandorum in meinem Aufſaz bewilligſt. — Ich komme.35
<TEI><text><body><divtype="letter"n="1"><p><pbfacs="#f0065"n="56"/>
ich hätt’ es vorgeſtern auch gebrochen. Ich erinnere mich dunkel, wie<lb/>
dunkel, hingeworfen, unbeſtimt und (der Eile wegen) grel alles iſt; ich<lb/>
habe aber die Entſchuldigung deiner eignen Abmachung von etwas<lb/>
Beſſerem und die Gewisheit für mich, daß ich ja deinen Aufſaz noch<lb/>
einmal und auſſerhalb den Amnioshäutgen der blauen Papiergen<lbn="5"/>
erblicke.</p><lb/><p>Mein jeziger über die Phantaſie hat eine genaue Gedankenfolge,<lb/>
aber ich habe (ſeiner abſcheulichen Länge wegen) die Ringe, woran ſich<lb/>
mehrere Ketten zuſammenheften, ausgelaſſen; und überhaupt dem<lb/>
Leſer zugemuthet, ſich einen eben ſo groſſen Aufſaz ſelber dazu zu<lbn="10"/>
machen. Schaden wirds mir, daß ich dir jezt, da ich dir ſonſt lauter oft<lb/>
umgeackerte Sachen gab, 2mal hintereinander 1mal bearbeitete ſchicke.</p><lb/><p>Dein hier folgender Traum iſt meiner Abhandlung wie das Blumen-<lb/>
exemplar der botaniſchen Beſchreibung im Herbario beigelegt. Ich<lb/>
habe einiges Wenige (nach deiner Erlaubnis) im Traum (und im<lbn="15"/>
andern Aufſaze) verändert und blos an meinem vorigen Lobe hab ich<lb/>
nichts geändert. Auf der 9 Zeile der 2 Seite des Traums iſt es ein<lb/>
wenig dunkel.</p><lb/><p>Jezt aber mache dich auch an meine Sachen und gewöhne mir die<lb/>
Fertigkeit zu warten, die ich mir jezt erworben, nicht durch eine zu<lbn="20"/>
groſſe Uebung derſelben wieder ab. Ueber die Biographie möcht ich<lb/>
zuerſt dein Wort haben. Guten Morgen.</p><closer><salute><hirendition="#right #sameLine">Richter</hi></salute></closer></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head>69. An <hirendition="#g">Chriſtian Otto.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#right">[Hof, 26. Febr. 1795?]</hi></dateline><lb/><p>Wenn du die Zettel halbiereſt, um die Einladungen zu verdoppeln:<lbn="25"/>ſo biſt du ein leidlicher Geizhals. Ich danke dir für deine Sorgfalt um<lb/>
mein Gedächtnis. Ich bin froh, daß ich geſtern 1 Loth Jeſuiterpulver,<lb/>
das mehr ſtärkt als die Jeſuitermoral, habe holen laſſen.</p></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head><noteplace="left"><reftarget="1922_Bd2_50">[50]</ref></note>70. An <hirendition="#g">Chriſtian Otto.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#right">[Hof, 9. März 1795]</hi></dateline><lbn="30"/><p><hirendition="#smaller">[Von Ottos Hand]: Komme um 5 Uhr auf einige Schalen Chocolade.</hi></p><lb/><p>Was du da oben geſchrieben und mir vor etlichen Wochen gegeben:<lb/>
wirſt du mir heute auf eine andere Weiſe geben, wenn du mir nach-<lb/>
mittags oder abends deinen <hirendition="#aq">index expurgandorum</hi> in meinem Aufſaz<lb/>
bewilligſt. — Ich komme.<lbn="35"/></p></div><lb/></body></text></TEI>
[56/0065]
ich hätt’ es vorgeſtern auch gebrochen. Ich erinnere mich dunkel, wie
dunkel, hingeworfen, unbeſtimt und (der Eile wegen) grel alles iſt; ich
habe aber die Entſchuldigung deiner eignen Abmachung von etwas
Beſſerem und die Gewisheit für mich, daß ich ja deinen Aufſaz noch
einmal und auſſerhalb den Amnioshäutgen der blauen Papiergen 5
erblicke.
Mein jeziger über die Phantaſie hat eine genaue Gedankenfolge,
aber ich habe (ſeiner abſcheulichen Länge wegen) die Ringe, woran ſich
mehrere Ketten zuſammenheften, ausgelaſſen; und überhaupt dem
Leſer zugemuthet, ſich einen eben ſo groſſen Aufſaz ſelber dazu zu 10
machen. Schaden wirds mir, daß ich dir jezt, da ich dir ſonſt lauter oft
umgeackerte Sachen gab, 2mal hintereinander 1mal bearbeitete ſchicke.
Dein hier folgender Traum iſt meiner Abhandlung wie das Blumen-
exemplar der botaniſchen Beſchreibung im Herbario beigelegt. Ich
habe einiges Wenige (nach deiner Erlaubnis) im Traum (und im 15
andern Aufſaze) verändert und blos an meinem vorigen Lobe hab ich
nichts geändert. Auf der 9 Zeile der 2 Seite des Traums iſt es ein
wenig dunkel.
Jezt aber mache dich auch an meine Sachen und gewöhne mir die
Fertigkeit zu warten, die ich mir jezt erworben, nicht durch eine zu 20
groſſe Uebung derſelben wieder ab. Ueber die Biographie möcht ich
zuerſt dein Wort haben. Guten Morgen.
Richter
69. An Chriſtian Otto.
[Hof, 26. Febr. 1795?]
Wenn du die Zettel halbiereſt, um die Einladungen zu verdoppeln: 25
ſo biſt du ein leidlicher Geizhals. Ich danke dir für deine Sorgfalt um
mein Gedächtnis. Ich bin froh, daß ich geſtern 1 Loth Jeſuiterpulver,
das mehr ſtärkt als die Jeſuitermoral, habe holen laſſen.
70. An Chriſtian Otto.
[Hof, 9. März 1795] 30
[Von Ottos Hand]: Komme um 5 Uhr auf einige Schalen Chocolade.
Was du da oben geſchrieben und mir vor etlichen Wochen gegeben:
wirſt du mir heute auf eine andere Weiſe geben, wenn du mir nach-
mittags oder abends deinen index expurgandorum in meinem Aufſaz
bewilligſt. — Ich komme. 35
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/65>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.