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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958.

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667. An Buchhändler Heinsius in Gera.

Ihre Anfrage ist eben so moralisch als vorsichtig und nöthig. Denn
im entgegengesezten Falle hätt' ich durch eine öffentliche Erklärung die
2te Auflage dem Schiksal der 1ten aussezen dürfen, da 1) mit H. Bek-5
man 1/2 Ld'or
für den Bogen der 2ten Auflage ackordieret war und da
2) die "Teufelspapiere" nicht blos Wiedertaufe und Wiedergeburt
sondern auch einen verklärten Leib und Geist von mir erhalten sollen,
damit sie unter ihre Geschwister passen. H. Bekman leistete allerdings
das Wenige, was er versprach, nämlich die Zahlung eines 1/2 Ld'or;10
vergas aber das Dasein derselben Bedingung bei der 2ten Auflage.
Daran ist jezt nichts gelegen.

Denn mein Plan ist folgender: das Buch erhält ein neues Gepräge
und einen neuen Gehalt -- zerfält in 3 oder mehrere Bändgen -- viele
Satiren werden in Erzählungen oder in Appendices (wie in den15
biographischen Belustigungen) verwandelt -- ich thue neue Satiren
hinzu und seze vielleicht die Samlung fort -- voran stell' ich bei jedem
Bändgen zumal für mein weibliches Publikum neue sentimentalische
Aufsäze etc. -- auf das Titelblat kömt über den alten Titel noch ein
neuer -- ich bringe die Fikzion mit Siebenkäs in dem 2ten B. der[355]20
Blumenstüke ins Spiel und nehme meine zerstreueten Aufsäze aus der
Monatsschrift für Litteratur und Völkerkunde, aus den "Erholungen"
etc. hinein.

Aber eine 2te Ausgabe des Hesperus und des Fixlein, mein Titan
und andre Ursachen machen dieses zur Michaelis Messe unmöglich und25
höchstens für 1 Bändgen zur Ostermesse wahrscheinlich. Für diese
Arbeit ist das Honorar neuer Aufsäze 4 Ld'or (für einen wie die
Blumenstüke gedrukten Bogen), für umgearbeitete aus den Teufels
Papieren 3 L.; bei den künftigen Auflagen 2/3 des Honorars.

Sind Sie anderer Meinung: so können Sie, ohne meinen Wider-30
spruch, recht gut die "Teufels Papiere" unverbessert wieder auflegen
und mir 1/2 Ldor zahlen. Aber meine völlige Umschmelzung aller
satirischen Gipsabgüsse aus meiner Jugend ist eben so gewis als noth-
wendig und dan für Sie nachtheilig. Übrigens trag' ich gern alles für
H. Bekman zum Verkaufe eines Verlages bei, durch welchen er so35
wenig gewan als ich selber, obgleich die Teufels Papiere mich mehr
Zeit und Kräfte kosteten als die Mumien.

23 Jean Paul Briefe. II.
667. An Buchhändler Heinſius in Gera.

Ihre Anfrage iſt eben ſo moraliſch als vorſichtig und nöthig. Denn
im entgegengeſezten Falle hätt’ ich durch eine öffentliche Erklärung die
2te Auflage dem Schikſal der 1ten ausſezen dürfen, da 1) mit H. Bek-5
man ½ Ld’or
für den Bogen der 2ten Auflage ackordieret war und da
2) die „Teufelspapiere“ nicht blos Wiedertaufe und Wiedergeburt
ſondern auch einen verklärten Leib und Geiſt von mir erhalten ſollen,
damit ſie unter ihre Geſchwiſter paſſen. H. Bekman leiſtete allerdings
das Wenige, was er verſprach, nämlich die Zahlung eines ½ Ld’or;10
vergas aber das Daſein derſelben Bedingung bei der 2ten Auflage.
Daran iſt jezt nichts gelegen.

Denn mein Plan iſt folgender: das Buch erhält ein neues Gepräge
und einen neuen Gehalt — zerfält in 3 oder mehrere Bändgen — viele
Satiren werden in Erzählungen oder in Appendices (wie in den15
biographischen Belustigungen) verwandelt — ich thue neue Satiren
hinzu und ſeze vielleicht die Samlung fort — voran ſtell’ ich bei jedem
Bändgen zumal für mein weibliches Publikum neue ſentimentaliſche
Aufſäze ꝛc. — auf das Titelblat kömt über den alten Titel noch ein
neuer — ich bringe die Fikzion mit Siebenkäs in dem 2ten B. der[355]20
Blumenstüke ins Spiel und nehme meine zerſtreueten Aufſäze aus der
Monatsſchrift für Litteratur und Völkerkunde, aus den „Erholungen“
ꝛc. hinein.

Aber eine 2te Ausgabe des Hesperus und des Fixlein, mein Titan
und andre Urſachen machen dieſes zur Michaelis Meſſe unmöglich und25
höchſtens für 1 Bändgen zur Oſtermeſſe wahrſcheinlich. Für dieſe
Arbeit iſt das Honorar neuer Aufſäze 4 Ld’or (für einen wie die
Blumenstüke gedrukten Bogen), für umgearbeitete aus den Teufels
Papieren 3 L.; bei den künftigen Auflagen ⅔ des Honorars.

Sind Sie anderer Meinung: ſo können Sie, ohne meinen Wider-30
ſpruch, recht gut die „Teufels Papiere“ unverbeſſert wieder auflegen
und mir ½ Ldor zahlen. Aber meine völlige Umſchmelzung aller
ſatiriſchen Gipsabgüſſe aus meiner Jugend iſt eben ſo gewis als noth-
wendig und dan für Sie nachtheilig. Übrigens trag’ ich gern alles für
H. Bekman zum Verkaufe eines Verlages bei, durch welchen er ſo35
wenig gewan als ich ſelber, obgleich die Teufels Papiere mich mehr
Zeit und Kräfte koſteten als die Mumien.

23 Jean Paul Briefe. II.
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[353/0370] 667. An Buchhändler Heinſius in Gera. Hof. d. 23 Jul. 97. Ihre Anfrage iſt eben ſo moraliſch als vorſichtig und nöthig. Denn im entgegengeſezten Falle hätt’ ich durch eine öffentliche Erklärung die 2te Auflage dem Schikſal der 1ten ausſezen dürfen, da 1) mit H. Bek- 5 man ½ Ld’or für den Bogen der 2ten Auflage ackordieret war und da 2) die „Teufelspapiere“ nicht blos Wiedertaufe und Wiedergeburt ſondern auch einen verklärten Leib und Geiſt von mir erhalten ſollen, damit ſie unter ihre Geſchwiſter paſſen. H. Bekman leiſtete allerdings das Wenige, was er verſprach, nämlich die Zahlung eines ½ Ld’or; 10 vergas aber das Daſein derſelben Bedingung bei der 2ten Auflage. Daran iſt jezt nichts gelegen. Denn mein Plan iſt folgender: das Buch erhält ein neues Gepräge und einen neuen Gehalt — zerfält in 3 oder mehrere Bändgen — viele Satiren werden in Erzählungen oder in Appendices (wie in den 15 biographischen Belustigungen) verwandelt — ich thue neue Satiren hinzu und ſeze vielleicht die Samlung fort — voran ſtell’ ich bei jedem Bändgen zumal für mein weibliches Publikum neue ſentimentaliſche Aufſäze ꝛc. — auf das Titelblat kömt über den alten Titel noch ein neuer — ich bringe die Fikzion mit Siebenkäs in dem 2ten B. der 20 Blumenstüke ins Spiel und nehme meine zerſtreueten Aufſäze aus der Monatsſchrift für Litteratur und Völkerkunde, aus den „Erholungen“ ꝛc. hinein. [355] Aber eine 2te Ausgabe des Hesperus und des Fixlein, mein Titan und andre Urſachen machen dieſes zur Michaelis Meſſe unmöglich und 25 höchſtens für 1 Bändgen zur Oſtermeſſe wahrſcheinlich. Für dieſe Arbeit iſt das Honorar neuer Aufſäze 4 Ld’or (für einen wie die Blumenstüke gedrukten Bogen), für umgearbeitete aus den Teufels Papieren 3 L.; bei den künftigen Auflagen ⅔ des Honorars. Sind Sie anderer Meinung: ſo können Sie, ohne meinen Wider- 30 ſpruch, recht gut die „Teufels Papiere“ unverbeſſert wieder auflegen und mir ½ Ldor zahlen. Aber meine völlige Umſchmelzung aller ſatiriſchen Gipsabgüſſe aus meiner Jugend iſt eben ſo gewis als noth- wendig und dan für Sie nachtheilig. Übrigens trag’ ich gern alles für H. Bekman zum Verkaufe eines Verlages bei, durch welchen er ſo 35 wenig gewan als ich ſelber, obgleich die Teufels Papiere mich mehr Zeit und Kräfte koſteten als die Mumien. 23 Jean Paul Briefe. II.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:02:06Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:02:06Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/370>, abgerufen am 27.04.2024.