Ja! ich gehe hin und wünsche, daß deine Frage etwas bedeute. Ein Blat über die Karschin von Herder schick ich dir, um es morgen wieder zu bekommen.5
624. An Christian Otto.
[Hof, 30. Mai 1797]
Sind keine Bücher da? -- Das beifolgende Briefgen von mir kanst du nachher erbrechen; es ist gar nichts Schlimmes darin. Ich habe Puphka[s] Pferd ziemlich zusammengeritten und mich auch: mir ist10 als trüg' ich Goliaths Schenkel an meiner Hüfte.
625. An Christian Otto.
[Hof, 30. Mai 1797. Dienstag]
Schon 100mal wolt' ich mich hersezen, lieber Otto -- weil ich immer vergeblich darauf passe -- und dich daran erinnern, daß du15 einmal gesagt, daß du dein künftiges Honorarium zu einem Ver- gnügen, d. h. zu einer kurzen poetischen Einsamkeit verwenden woltest. Da du am Sontag noch dazu von dieser Einsamkeit deine litterarische Arbeit abhängig machtest: so bitt ich dich herzlich, nim wie es einem Freunde geziemt, mein Anerbieten dazu an, 50, 100 etc. rtl. alles was20 du wilst stehen dir zu Gebot. Ich erröthe oft, wenn ich an die vorige Zeit denke und an meinen Mangel an Gelegenheit, dich nur zur Hälfte nachzuahmen. Da ich jezt so viel und es ganz unnüz liegen habe: so besteht meine Gefälligkeit in weiter nichts als daß ichs zusammen- zähle. Denke nach und gönne mir die Freude, daß ich dir auf 4, 6 Wo-25 chen die Wolken an deinem Himmel habe auseinanderrücken helfen und borge mir wenigstens so viel ab, als du mir -- geschenkt hast. An die 1000 rtl. mag ich ungefähr haben.
626. An Georg Herold.
[Kopie][Hof, 1. Juni 1797]30
Der Mensch braucht wie ein Buch eine 3fache Korrektur. -- Der Sauerstof und das Bitterwasser der Kritik ist besser als der Veilgen- syrup des Lobs .. In jeder Kritik mus eine ästhetische Hevristik liegen.
[337]623. An Chriſtian Otto.
[Hof, 29. Mai 1797]
Ja! ich gehe hin und wünſche, daß deine Frage etwas bedeute. Ein Blat über die Karſchin von Herder ſchick ich dir, um es morgen wieder zu bekommen.5
624. An Chriſtian Otto.
[Hof, 30. Mai 1797]
Sind keine Bücher da? — Das beifolgende Briefgen von mir kanſt du nachher erbrechen; es iſt gar nichts Schlimmes darin. Ich habe Puphka[s] Pferd ziemlich zuſammengeritten und mich auch: mir iſt10 als trüg’ ich Goliaths Schenkel an meiner Hüfte.
625. An Chriſtian Otto.
[Hof, 30. Mai 1797. Dienstag]
Schon 100mal wolt’ ich mich herſezen, lieber Otto — weil ich immer vergeblich darauf paſſe — und dich daran erinnern, daß du15 einmal geſagt, daß du dein künftiges Honorarium zu einem Ver- gnügen, d. h. zu einer kurzen poetiſchen Einſamkeit verwenden wolteſt. Da du am Sontag noch dazu von dieſer Einſamkeit deine litterariſche Arbeit abhängig machteſt: ſo bitt ich dich herzlich, nim wie es einem Freunde geziemt, mein Anerbieten dazu an, 50, 100 ꝛc. rtl. alles was20 du wilſt ſtehen dir zu Gebot. Ich erröthe oft, wenn ich an die vorige Zeit denke und an meinen Mangel an Gelegenheit, dich nur zur Hälfte nachzuahmen. Da ich jezt ſo viel und es ganz unnüz liegen habe: ſo beſteht meine Gefälligkeit in weiter nichts als daß ichs zuſammen- zähle. Denke nach und gönne mir die Freude, daß ich dir auf 4, 6 Wo-25 chen die Wolken an deinem Himmel habe auseinanderrücken helfen und borge mir wenigſtens ſo viel ab, als du mir — geſchenkt haſt. An die 1000 rtl. mag ich ungefähr haben.
626. An Georg Herold.
[Kopie][Hof, 1. Juni 1797]30
Der Menſch braucht wie ein Buch eine 3fache Korrektur. — Der Sauerſtof und das Bitterwaſſer der Kritik iſt beſſer als der Veilgen- ſyrup des Lobs .. In jeder Kritik mus eine äſthetiſche Hevriſtik liegen.
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623. An Chriſtian Otto.
[Hof, 29. Mai 1797]
Ja! ich gehe hin und wünſche, daß deine Frage etwas bedeute. Ein
Blat über die Karſchin von Herder ſchick ich dir, um es morgen
wieder zu bekommen. 5
624. An Chriſtian Otto.
[Hof, 30. Mai 1797]
Sind keine Bücher da? — Das beifolgende Briefgen von mir kanſt
du nachher erbrechen; es iſt gar nichts Schlimmes darin. Ich habe
Puphka[s] Pferd ziemlich zuſammengeritten und mich auch: mir iſt 10
als trüg’ ich Goliaths Schenkel an meiner Hüfte.
625. An Chriſtian Otto.
[Hof, 30. Mai 1797. Dienstag]
Schon 100mal wolt’ ich mich herſezen, lieber Otto — weil ich
immer vergeblich darauf paſſe — und dich daran erinnern, daß du 15
einmal geſagt, daß du dein künftiges Honorarium zu einem Ver-
gnügen, d. h. zu einer kurzen poetiſchen Einſamkeit verwenden wolteſt.
Da du am Sontag noch dazu von dieſer Einſamkeit deine litterariſche
Arbeit abhängig machteſt: ſo bitt ich dich herzlich, nim wie es einem
Freunde geziemt, mein Anerbieten dazu an, 50, 100 ꝛc. rtl. alles was 20
du wilſt ſtehen dir zu Gebot. Ich erröthe oft, wenn ich an die vorige
Zeit denke und an meinen Mangel an Gelegenheit, dich nur zur
Hälfte nachzuahmen. Da ich jezt ſo viel und es ganz unnüz liegen habe:
ſo beſteht meine Gefälligkeit in weiter nichts als daß ichs zuſammen-
zähle. Denke nach und gönne mir die Freude, daß ich dir auf 4, 6 Wo- 25
chen die Wolken an deinem Himmel habe auseinanderrücken helfen
und borge mir wenigſtens ſo viel ab, als du mir — geſchenkt haſt. An
die 1000 rtl. mag ich ungefähr haben.
626. An Georg Herold.
[Hof, 1. Juni 1797] 30
Der Menſch braucht wie ein Buch eine 3fache Korrektur. — Der
Sauerſtof und das Bitterwaſſer der Kritik iſt beſſer als der Veilgen-
ſyrup des Lobs .. In jeder Kritik mus eine äſthetiſche Hevriſtik liegen.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/352>, abgerufen am 16.02.2025.
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