Sie mir stat der kurzen Freude der Überraschung -- die ich doch in der Nachricht habe -- die längere der Erwartung. Das Schiksal nehme deine Träume und pflanze [sie] um dich wie ein blühendes Eden und kein Engel vertreibe seine Schwester aus dem Paradies.
370. An Buchhändler Lübeck in Bayreuth.5
[Kopie][Hof, 5. Aug. 1796]
Regenerazion des Fixlein -- in den Webstuhl des Titans ein- gekerkert.
371. An Christian Otto.
[Hof, 6. Aug. 1796]10
Hier send' ich dir deinen Aktenstok, der sogar dir eine Freude machen wird. Jedes meiner Bücher hat dich allemal eines gekostet. Es ver- lohnet es aber wegen mehrerer Verhältnisse nicht, daß du die 2te Auf- lage deiner Kritik bei ganzen Stellen machst, anstat nur bei einzelnen Worten.15
372. An Friedrich von Oertel in Leipzig.
[Kopie][Hof, 6. Aug. 1796]
Indem ich träg meine Taschenuhr über den Tisch her zerre zum Dat[um]: bemerk' ich, wie wenig alle Erleichterungen des Luxus das Dasein erleichtern. Anfangs war man froh, daß man das neue20 Monath und den neuen Mond errieth -- dan daß mans in Rom vom[228] Ausrufer hörte -- dan daß man es im Kalender sah -- endlich daß es auf der Uhr steht. Jedes Jahrhundert vermehrt nur die Gegenstände der Begierde und vermindert eben dadurch die Mittel, dies[elbe] zu befriedigen, und die Kraft, sie zu besiegen. -- Wie legt sich das25 Schiksal bald mit Jahrszeiten bald mit Heeren zwischen uns beide. Ich wil in Sachen des Vergnügens kein Versprechen geben, weil man sonst die Freiheit eines augenbliklichen Entschlusses verscherzt. Er solte seine Entschlüsse wie alle, die leicht schnelle fassen, auf der Stelle realisieren müssen, um entweder die Langsamkeit derselben oder ihr30 Halten zu lernen. Die jezigen Staaten zwingen den Menschen, zu sündigen, wie die alten zwangen, gut zu handeln. Mit dem Mauth-, Zensur-, symb[olischen] Bücherwesen getrau' [ich] mir der Hölle so- viel dicke Betrüger und Lügner zu liefern als sie verlangt. Jezt giebts
Sie mir ſtat der kurzen Freude der Überraſchung — die ich doch in der Nachricht habe — die längere der Erwartung. Das Schikſal nehme deine Träume und pflanze [ſie] um dich wie ein blühendes Eden und kein Engel vertreibe ſeine Schweſter aus dem Paradies.
370. An Buchhändler Lübeck in Bayreuth.5
[Kopie][Hof, 5. Aug. 1796]
Regenerazion des Fixlein — in den Webſtuhl des Titans ein- gekerkert.
371. An Chriſtian Otto.
[Hof, 6. Aug. 1796]10
Hier ſend’ ich dir deinen Aktenſtok, der ſogar dir eine Freude machen wird. Jedes meiner Bücher hat dich allemal eines gekoſtet. Es ver- lohnet es aber wegen mehrerer Verhältniſſe nicht, daß du die 2te Auf- lage deiner Kritik bei ganzen Stellen machſt, anſtat nur bei einzelnen Worten.15
372. An Friedrich von Oertel in Leipzig.
[Kopie][Hof, 6. Aug. 1796]
Indem ich träg meine Taſchenuhr über den Tiſch her zerre zum Dat[um]: bemerk’ ich, wie wenig alle Erleichterungen des Luxus das Daſein erleichtern. Anfangs war man froh, daß man das neue20 Monath und den neuen Mond errieth — dan daß mans in Rom vom[228] Ausrufer hörte — dan daß man es im Kalender ſah — endlich daß es auf der Uhr ſteht. Jedes Jahrhundert vermehrt nur die Gegenſtände der Begierde und vermindert eben dadurch die Mittel, dieſ[elbe] zu befriedigen, und die Kraft, ſie zu beſiegen. — Wie legt ſich das25 Schikſal bald mit Jahrszeiten bald mit Heeren zwiſchen uns beide. Ich wil in Sachen des Vergnügens kein Verſprechen geben, weil man ſonſt die Freiheit eines augenbliklichen Entſchluſſes verſcherzt. Er ſolte ſeine Entſchlüſſe wie alle, die leicht ſchnelle faſſen, auf der Stelle realiſieren müſſen, um entweder die Langſamkeit derſelben oder ihr30 Halten zu lernen. Die jezigen Staaten zwingen den Menſchen, zu ſündigen, wie die alten zwangen, gut zu handeln. Mit dem Mauth-, Zenſur-, ſymb[oliſchen] Bücherweſen getrau’ [ich] mir der Hölle ſo- viel dicke Betrüger und Lügner zu liefern als ſie verlangt. Jezt giebts
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kein Engel vertreibe ſeine Schweſter aus dem Paradies.
370. An Buchhändler Lübeck in Bayreuth. 5
[Hof, 5. Aug. 1796]
Regenerazion des Fixlein — in den Webſtuhl des Titans ein-
gekerkert.
371. An Chriſtian Otto.
[Hof, 6. Aug. 1796] 10
Hier ſend’ ich dir deinen Aktenſtok, der ſogar dir eine Freude machen
wird. Jedes meiner Bücher hat dich allemal eines gekoſtet. Es ver-
lohnet es aber wegen mehrerer Verhältniſſe nicht, daß du die 2te Auf-
lage deiner Kritik bei ganzen Stellen machſt, anſtat nur bei einzelnen
Worten. 15
372. An Friedrich von Oertel in Leipzig.
[Hof, 6. Aug. 1796]
Indem ich träg meine Taſchenuhr über den Tiſch her zerre zum
Dat[um]: bemerk’ ich, wie wenig alle Erleichterungen des Luxus das
Daſein erleichtern. Anfangs war man froh, daß man das neue 20
Monath und den neuen Mond errieth — dan daß mans in Rom vom
Ausrufer hörte — dan daß man es im Kalender ſah — endlich daß es
auf der Uhr ſteht. Jedes Jahrhundert vermehrt nur die Gegenſtände
der Begierde und vermindert eben dadurch die Mittel, dieſ[elbe] zu
befriedigen, und die Kraft, ſie zu beſiegen. — Wie legt ſich das 25
Schikſal bald mit Jahrszeiten bald mit Heeren zwiſchen uns beide.
Ich wil in Sachen des Vergnügens kein Verſprechen geben, weil man
ſonſt die Freiheit eines augenbliklichen Entſchluſſes verſcherzt. Er
ſolte ſeine Entſchlüſſe wie alle, die leicht ſchnelle faſſen, auf der Stelle
realiſieren müſſen, um entweder die Langſamkeit derſelben oder ihr 30
Halten zu lernen. Die jezigen Staaten zwingen den Menſchen, zu
ſündigen, wie die alten zwangen, gut zu handeln. Mit dem Mauth-,
Zenſur-, ſymb[oliſchen] Bücherweſen getrau’ [ich] mir der Hölle ſo-
viel dicke Betrüger und Lügner zu liefern als ſie verlangt. Jezt giebts
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/243>, abgerufen am 07.07.2024.
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