Mein Name wird Sie an Ihre vorigen Gefälligkeiten gegen mich erinnern, fals Sie nicht dieselben mit ihrem Gegenstande vergessen haben. Wie wenig ich sie vergessen, werden Sie aus der erneuerten5 Bitte um Bücher sehen, die hertreten mag, one von Komplimenten angemeldet zu sein:
Lebensläufe zweiter, oder dritter Band.
Lemgoer Bibliothek vom Jare 1782 oder auch 81.
Ich werde Ihnen danken, nicht nur wenn Sie mir diese Bitte er-10 füllen, sondern auch wenn Sie sie blos vergeben. Sogar die Gestalt derselben braucht Vergebung: "denn das Papier erfur unter meinen Händen, stat der Beschneidung die Kastrazion" könt' ich hinzusezen, allein man könte mutmassen, daß das Papier nach dem Gleichnis zu- geschnitten worden, so wie manches im N. T. nach seinem Typus im15 alten.
46. An Pfarrer Vogel in Rehau.
P. P. Hochzuvererender Herr Pfarrer!
Ich danke Ihnen für die Bücher, die ich hier zurüksende, und für20 Ihre neuliche Geselschaft, deren Genus nur immer die so oft unter- brachen, die Ihnen so wenig gleichen. Ihre zwergartigen Bücher hab' ich schon aufgezeret und mich daran für neue hungrig gelesen -- den Balzak ausgenommen, dessen Lesung nicht die Menge, sondern die Kleinheit und Einförmigkeit seiner Schönheiten nicht selten verleidet.25 Die Titel derer, um die ich Sie bitte, heissen:
Zweiter Teil des La Bruyere.
Hirschfeld von den geselschaftlichen Tugenden.
Fueßlin's Kirchen- und Kezerhistorie.
Pope's Werke, fünfter Teil.30
Wäre Pope französisch geschrieben und felte mir ein Lexikon in[80] derselben Sprache: so würd' ich meine Bitte um ein Lexikon in das Gleichnis einkleiden: ein deutscher Schlüssel sperret kein französisches Schlos. Allein da er englisch geschrieben, so mus ich Ihnen blos in simpeln Deutsche sagen, daß mir zur Lesung desselben mein Lexikon35
45. An Trogenprediger Chr. Adam Müller in Hof.
[Konzept][Hof, 15. Juni 1783]
Mein Name wird Sie an Ihre vorigen Gefälligkeiten gegen mich erinnern, fals Sie nicht dieſelben mit ihrem Gegenſtande vergeſſen haben. Wie wenig ich ſie vergeſſen, werden Sie aus der erneuerten5 Bitte um Bücher ſehen, die hertreten mag, one von Komplimenten angemeldet zu ſein:
Lebensläufe zweiter, oder dritter Band.
Lemgoer Bibliothek vom Jare 1782 oder auch 81.
Ich werde Ihnen danken, nicht nur wenn Sie mir dieſe Bitte er-10 füllen, ſondern auch wenn Sie ſie blos vergeben. Sogar die Geſtalt derſelben braucht Vergebung: „denn das Papier erfur unter meinen Händen, ſtat der Beſchneidung die Kaſtrazion“ könt’ ich hinzuſezen, allein man könte mutmaſſen, daß das Papier nach dem Gleichnis zu- geſchnitten worden, ſo wie manches im N. T. nach ſeinem Typus im15 alten.
46. An Pfarrer Vogel in Rehau.
P. P. Hochzuvererender Herr Pfarrer!
Ich danke Ihnen für die Bücher, die ich hier zurükſende, und für20 Ihre neuliche Geſelſchaft, deren Genus nur immer die ſo oft unter- brachen, die Ihnen ſo wenig gleichen. Ihre zwergartigen Bücher hab’ ich ſchon aufgezeret und mich daran für neue hungrig geleſen — den Balzak ausgenommen, deſſen Leſung nicht die Menge, ſondern die Kleinheit und Einförmigkeit ſeiner Schönheiten nicht ſelten verleidet.25 Die Titel derer, um die ich Sie bitte, heiſſen:
Zweiter Teil des La Bruyere.
Hirſchfeld von den geſelſchaftlichen Tugenden.
Fueßlin’s Kirchen- und Kezerhiſtorie.
Pope’s Werke, fünfter Teil.30
Wäre Pope franzöſiſch geſchrieben und felte mir ein Lexikon in[80] derſelben Sprache: ſo würd’ ich meine Bitte um ein Lexikon in das Gleichnis einkleiden: ein deutſcher Schlüſſel ſperret kein franzöſiſches Schlos. Allein da er engliſch geſchrieben, ſo mus ich Ihnen blos in ſimpeln Deutſche ſagen, daß mir zur Leſung deſſelben mein Lexikon35
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45. An Trogenprediger Chr. Adam Müller in Hof.
[Hof, 15. Juni 1783]
Mein Name wird Sie an Ihre vorigen Gefälligkeiten gegen mich
erinnern, fals Sie nicht dieſelben mit ihrem Gegenſtande vergeſſen
haben. Wie wenig ich ſie vergeſſen, werden Sie aus der erneuerten 5
Bitte um Bücher ſehen, die hertreten mag, one von Komplimenten
angemeldet zu ſein:
Lebensläufe zweiter, oder dritter Band.
Lemgoer Bibliothek vom Jare 1782 oder auch 81.
Ich werde Ihnen danken, nicht nur wenn Sie mir dieſe Bitte er- 10
füllen, ſondern auch wenn Sie ſie blos vergeben. Sogar die Geſtalt
derſelben braucht Vergebung: „denn das Papier erfur unter meinen
Händen, ſtat der Beſchneidung die Kaſtrazion“ könt’ ich hinzuſezen,
allein man könte mutmaſſen, daß das Papier nach dem Gleichnis zu-
geſchnitten worden, ſo wie manches im N. T. nach ſeinem Typus im 15
alten.
46. An Pfarrer Vogel in Rehau.
P. P.
Hochzuvererender Herr Pfarrer!
Ich danke Ihnen für die Bücher, die ich hier zurükſende, und für 20
Ihre neuliche Geſelſchaft, deren Genus nur immer die ſo oft unter-
brachen, die Ihnen ſo wenig gleichen. Ihre zwergartigen Bücher
hab’ ich ſchon aufgezeret und mich daran für neue hungrig geleſen —
den Balzak ausgenommen, deſſen Leſung nicht die Menge, ſondern die
Kleinheit und Einförmigkeit ſeiner Schönheiten nicht ſelten verleidet. 25
Die Titel derer, um die ich Sie bitte, heiſſen:
Zweiter Teil des La Bruyere.
Hirſchfeld von den geſelſchaftlichen Tugenden.
Fueßlin’s Kirchen- und Kezerhiſtorie.
Pope’s Werke, fünfter Teil. 30
Wäre Pope franzöſiſch geſchrieben und felte mir ein Lexikon in
derſelben Sprache: ſo würd’ ich meine Bitte um ein Lexikon in das
Gleichnis einkleiden: ein deutſcher Schlüſſel ſperret kein franzöſiſches
Schlos. Allein da er engliſch geſchrieben, ſo mus ich Ihnen blos in
ſimpeln Deutſche ſagen, daß mir zur Leſung deſſelben mein Lexikon 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/96>, abgerufen am 04.07.2024.
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