wegen meiner Gesundheit versezt sein würden. Ihr Unwille würde nicht[47] so gros gewesen sein, wenn Sie vor dem Schreiben Ihres Briefs meinen Brief, den ich den 4 oder 5 Juli auf die Post gegeben, erhalten gehabt hätten. Nunmehr werden Sie ihn schon bekommen und also die Antwort auf Ihren Vorleztern gelesen haben. -- Übrigens hab'5 ichs Ihnen schon oft gesagt und geschrieben, daß mein Stilschweigen nie eine Krankheit zur Ursache hat; sondern ich schreibe deswegen nicht, weil ich nichts zu schreiben weis. Und nur Ihr Brief giebt mir alzeit den Stof zur Verfertigung des meinigen. -- Meinen armen Bruder bedaure ich; vielleicht aber hat er es doch besser, als Sie es iezt10 aus Kümmernis sich vorstellen. -- Er kan an einen guten Hern geraten sein; er kan iezt sich besser auffüren, weil er keine mütterliche Hülfe mehr zu erwarten hat. Daß er nicht schreibt, erklär' ich mir daher, weil er oft noch, da er bei Ihnen war, gesagt hat, er wolle nichts von seinem Aufenthalt schreiben. Sie brauchen Sich also nicht so sehr zu15 kümmern -- tausend wandern wie er in der Welt herum -- und was hilft al Ihr Kümmern? -- Mir aber können Sie die Schuld nicht bei- messen, daß er fort ist. Wegen meiner Vermanung hat er sich nicht fortgemacht, sondern weil Sie ihm durch mich schreiben liessen, er solte sich iezt nicht auf Ihre Hülfe verlassen. -- Und was hab' ich ihm20 wegen Leipzig für eine Antwort geben sollen? -- Hier wär' er ia nicht fortgekommen. -- Das verlangte Buch wird durch das Wäsch- kästgen des Örtels folgen. Denn durch die Post es zu schikken, würde zuviel Geld machen. -- Schreiben Sie mir, ob Sie meine Antwort auf Ihren Brief durch den Herman, und diese Antwort auf Ihren25 leztern, erhalten haben. -- Ich hätte noch viel Raum zum schreiben übrig, wenn es mir nicht an Materie fehlte. Diese können Sie mir geben, wenn Sie mir bald recht viel Neuigkeiten von Hof schreiben -- auch von Schwarzenbach. -- Ich bin
Ihr30 gehors. Son Leipzig den 10 Juli. 1782.J. P. F. Richter
Noch was -- Den langen Titel auf der Überschrift Ihrer Brief[e] können Sie weglassen -- den hat Ihnen der Rektor in Schwarzenbach gesagt. Sezen Sie nur darauf: An Herrn J. P. F. Richter in[48]35
wegen meiner Geſundheit verſezt ſein würden. Ihr Unwille würde nicht[47] ſo gros geweſen ſein, wenn Sie vor dem Schreiben Ihres Briefs meinen Brief, den ich den 4 oder 5 Juli auf die Poſt gegeben, erhalten gehabt hätten. Nunmehr werden Sie ihn ſchon bekommen und alſo die Antwort auf Ihren Vorleztern geleſen haben. — Übrigens hab’5 ichs Ihnen ſchon oft geſagt und geſchrieben, daß mein Stilſchweigen nie eine Krankheit zur Urſache hat; ſondern ich ſchreibe deswegen nicht, weil ich nichts zu ſchreiben weis. Und nur Ihr Brief giebt mir alzeit den Stof zur Verfertigung des meinigen. — Meinen armen Bruder bedaure ich; vielleicht aber hat er es doch beſſer, als Sie es iezt10 aus Kümmernis ſich vorſtellen. — Er kan an einen guten Hern geraten ſein; er kan iezt ſich beſſer auffüren, weil er keine mütterliche Hülfe mehr zu erwarten hat. Daß er nicht ſchreibt, erklär’ ich mir daher, weil er oft noch, da er bei Ihnen war, geſagt hat, er wolle nichts von ſeinem Aufenthalt ſchreiben. Sie brauchen Sich alſo nicht ſo ſehr zu15 kümmern — tauſend wandern wie er in der Welt herum — und was hilft al Ihr Kümmern? — Mir aber können Sie die Schuld nicht bei- meſſen, daß er fort iſt. Wegen meiner Vermanung hat er ſich nicht fortgemacht, ſondern weil Sie ihm durch mich ſchreiben lieſſen, er ſolte ſich iezt nicht auf Ihre Hülfe verlaſſen. — Und was hab’ ich ihm20 wegen Leipzig für eine Antwort geben ſollen? — Hier wär’ er ia nicht fortgekommen. — Das verlangte Buch wird durch das Wäſch- käſtgen des Örtels folgen. Denn durch die Poſt es zu ſchikken, würde zuviel Geld machen. — Schreiben Sie mir, ob Sie meine Antwort auf Ihren Brief durch den Herman, und dieſe Antwort auf Ihren25 leztern, erhalten haben. — Ich hätte noch viel Raum zum ſchreiben übrig, wenn es mir nicht an Materie fehlte. Dieſe können Sie mir geben, wenn Sie mir bald recht viel Neuigkeiten von Hof ſchreiben — auch von Schwarzenbach. — Ich bin
Ihr30 gehorſ. Son Leipzig den 10 Juli. 1782.J. P. F. Richter
Noch was — Den langen Titel auf der Überſchrift Ihrer Brief[e] können Sie weglaſſen — den hat Ihnen der Rektor in Schwarzenbach geſagt. Sezen Sie nur darauf: An Herrn J. P. F. Richter in[48]35
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ſo gros geweſen ſein, wenn Sie vor dem Schreiben Ihres Briefs
meinen Brief, den ich den 4 oder 5 Juli auf die Poſt gegeben, erhalten
gehabt hätten. Nunmehr werden Sie ihn ſchon bekommen und alſo die
Antwort auf Ihren Vorleztern geleſen haben. — Übrigens hab’ 5
ichs Ihnen ſchon oft geſagt und geſchrieben, daß mein Stilſchweigen
nie eine Krankheit zur Urſache hat; ſondern ich ſchreibe deswegen
nicht, weil ich nichts zu ſchreiben weis. Und nur Ihr Brief giebt mir
alzeit den Stof zur Verfertigung des meinigen. — Meinen armen
Bruder bedaure ich; vielleicht aber hat er es doch beſſer, als Sie es iezt 10
aus Kümmernis ſich vorſtellen. — Er kan an einen guten Hern
geraten ſein; er kan iezt ſich beſſer auffüren, weil er keine mütterliche
Hülfe mehr zu erwarten hat. Daß er nicht ſchreibt, erklär’ ich mir daher,
weil er oft noch, da er bei Ihnen war, geſagt hat, er wolle nichts von
ſeinem Aufenthalt ſchreiben. Sie brauchen Sich alſo nicht ſo ſehr zu 15
kümmern — tauſend wandern wie er in der Welt herum — und was hilft
al Ihr Kümmern? — Mir aber können Sie die Schuld nicht bei-
meſſen, daß er fort iſt. Wegen meiner Vermanung hat er ſich nicht
fortgemacht, ſondern weil Sie ihm durch mich ſchreiben lieſſen, er ſolte
ſich iezt nicht auf Ihre Hülfe verlaſſen. — Und was hab’ ich ihm 20
wegen Leipzig für eine Antwort geben ſollen? — Hier wär’ er ia nicht
fortgekommen. — Das verlangte Buch wird durch das Wäſch-
käſtgen des Örtels folgen. Denn durch die Poſt es zu ſchikken, würde
zuviel Geld machen. — Schreiben Sie mir, ob Sie meine Antwort
auf Ihren Brief durch den Herman, und dieſe Antwort auf Ihren 25
leztern, erhalten haben. — Ich hätte noch viel Raum zum ſchreiben
übrig, wenn es mir nicht an Materie fehlte. Dieſe können Sie mir
geben, wenn Sie mir bald recht viel Neuigkeiten von Hof ſchreiben —
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gehorſ. Son
Leipzig den 10 Juli. 1782. J. P. F. Richter
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/68>, abgerufen am 23.11.2024.
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