wünsche, daß ich soviel aus dem Aufsaz weggeworfen, daß er selbst nicht weggeworfen zu werden verdiene. Mein 2ter Wunsch wär' eine Lage, in der ich über den grössern Lohn, die Ehre eines Antheils an [dem Modejournal] zu haben, ieden kleinern vergessen und verbitten könte; aber das Schiksal liebt diese Aber.5
316. An Wagner.
[Kopie][Schwarzenbach, 12. April 1790]
Jedes neue Urtheil macht mich lüsterner darnach. Ich kan es kaum erwarten, unter die Insulaner geführt zu werden, die ohne [?] die Maschinerie von Pandekten, Bibeln und Dikasterien das sind, was10 wir mit diesem Apparat werden wollen -- gute Fürsten [sind] Menschenmarketender, die die Menschen a la minutta Regiment- weise oder in grosso Länderweis verkaufen.
317. An Renate Wirth in Hof.
[Kopie][Schwarzenbach, 22. April 1790]15
Um einen Vorwand des Schreibens zu haben, wil ich Sie um etc. ansprechen und welches mir lieber ist als etwas Gedruktes, um etwas Geschriebnes von Ihnen. Da Sie mir aus Bayreuth in Ihren Freuden der Seeligen schrieben: so werden Sie mir noch weniger einen [Brief] aus Hof versagen .. In Schwarzenbach nichts neues; in Hof20 ist das einzige neue meine Elevin etc. Denken und leben Sie recht wol in einer Welt, wo man vom Genus, indem man ihn beim Flügel fängt, den Zweifaltersschmuk abstreift. Ich ärgere mich, daß ich die Ehre habe, mit der lebhaftesten Hochachtung nichts zu sein als Ihr etc.
P. S. ob Sie kein Postskript zum Briefe, dessen Kopie ich Ihnen25 geschikt etc. Die Juden am Sabbath bekommen eine zweite Seele und eben da spürten sogar die Verdamten eine Unterbrechung ihrer Qualen; Schwarzenbach ist keine Hölle und ich kein Verdamter: sonst passet alles auf mich.
Brief von ihr an mich.30
Ich wette, Sie erwarten eher ein Testament von mir als einen Brief; aber Sie haben einmal mein Wort, das leichter in Hof zu [304]geben als in Bayreuth zu halten ist. Für iede Minute, die ich Sie unter-
wünſche, daß ich ſoviel aus dem Aufſaz weggeworfen, daß er ſelbſt nicht weggeworfen zu werden verdiene. Mein 2ter Wunſch wär’ eine Lage, in der ich über den gröſſern Lohn, die Ehre eines Antheils an [dem Modejournal] zu haben, ieden kleinern vergeſſen und verbitten könte; aber das Schikſal liebt dieſe Aber.5
316. An Wagner.
[Kopie][Schwarzenbach, 12. April 1790]
Jedes neue Urtheil macht mich lüſterner darnach. Ich kan es kaum erwarten, unter die Inſulaner geführt zu werden, die ohne [?] die Maſchinerie von Pandekten, Bibeln und Dikaſterien das ſind, was10 wir mit dieſem Apparat werden wollen — gute Fürſten [ſind] Menſchenmarketender, die die Menſchen à la minutta Regiment- weiſe oder in grosso Länderweis verkaufen.
317. An Renate Wirth in Hof.
[Kopie][Schwarzenbach, 22. April 1790]15
Um einen Vorwand des Schreibens zu haben, wil ich Sie um ꝛc. anſprechen und welches mir lieber iſt als etwas Gedruktes, um etwas Geſchriebnes von Ihnen. Da Sie mir aus Bayreuth in Ihren Freuden der Seeligen ſchrieben: ſo werden Sie mir noch weniger einen [Brief] aus Hof verſagen .. In Schwarzenbach nichts neues; in Hof20 iſt das einzige neue meine Elevin ꝛc. Denken und leben Sie recht wol in einer Welt, wo man vom Genus, indem man ihn beim Flügel fängt, den Zweifaltersſchmuk abſtreift. Ich ärgere mich, daß ich die Ehre habe, mit der lebhafteſten Hochachtung nichts zu ſein als Ihr ꝛc.
P. S. ob Sie kein Poſtſkript zum Briefe, deſſen Kopie ich Ihnen25 geſchikt ꝛc. Die Juden am Sabbath bekommen eine zweite Seele und eben da ſpürten ſogar die Verdamten eine Unterbrechung ihrer Qualen; Schwarzenbach iſt keine Hölle und ich kein Verdamter: ſonſt paſſet alles auf mich.
Brief von ihr an mich.30
Ich wette, Sie erwarten eher ein Teſtament von mir als einen Brief; aber Sie haben einmal mein Wort, das leichter in Hof zu [304]geben als in Bayreuth zu halten iſt. Für iede Minute, die ich Sie unter-
<TEI><text><body><divtype="letter"n="1"><p><pbfacs="#f0313"n="288"/>
wünſche, daß ich ſoviel aus dem Aufſaz weggeworfen, daß er ſelbſt<lb/>
nicht weggeworfen zu werden verdiene. Mein 2<hirendition="#sup">ter</hi> Wunſch wär’ eine<lb/>
Lage, in der ich über den gröſſern Lohn, die Ehre eines Antheils an<lb/><metamark>[</metamark>dem Modejournal<metamark>]</metamark> zu haben, ieden kleinern vergeſſen und verbitten<lb/>
könte; aber das Schikſal liebt dieſe Aber.<lbn="5"/></p></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head>316. An <hirendition="#g">Wagner.</hi></head><lb/><notetype="editorial"><metamark>[</metamark>Kopie<metamark>]</metamark></note><dateline><hirendition="#right"><metamark>[</metamark>Schwarzenbach, 12. April 1790<metamark>]</metamark></hi></dateline><lb/><p>Jedes neue Urtheil macht mich lüſterner darnach. Ich kan es kaum<lb/>
erwarten, unter die Inſulaner geführt zu werden, die ohne <metamark>[?]</metamark> die<lb/>
Maſchinerie von Pandekten, Bibeln und Dikaſterien das ſind, was<lbn="10"/>
wir mit dieſem Apparat werden wollen — gute Fürſten <metamark>[</metamark>ſind<metamark>]</metamark><lb/>
Menſchenmarketender, die die Menſchen <hirendition="#aq">à la minutta</hi> Regiment-<lb/>
weiſe oder <hirendition="#aq">in grosso</hi> Länderweis verkaufen.</p></div><lb/><div><divtype="letter"n="1"><head>317. An <hirendition="#g">Renate Wirth in Hof.</hi></head><lb/><notetype="editorial"><metamark>[</metamark>Kopie<metamark>]</metamark></note><dateline><hirendition="#right"><metamark>[</metamark>Schwarzenbach, 22. April 1790<metamark>]</metamark></hi></dateline><lbn="15"/><p>Um einen Vorwand des Schreibens zu haben, wil ich Sie um ꝛc.<lb/>
anſprechen und welches mir lieber iſt als etwas Gedruktes, um etwas<lb/>
Geſchriebnes von Ihnen. Da Sie mir aus Bayreuth in Ihren<lb/>
Freuden der Seeligen ſchrieben: ſo werden Sie mir noch weniger einen<lb/><metamark>[</metamark>Brief<metamark>]</metamark> aus Hof verſagen .. In Schwarzenbach nichts neues; in Hof<lbn="20"/>
iſt das einzige neue meine Elevin ꝛc. Denken und leben Sie recht wol<lb/>
in einer Welt, wo man vom Genus, indem man ihn beim Flügel fängt,<lb/>
den Zweifaltersſchmuk abſtreift. Ich ärgere mich, daß ich die Ehre<lb/>
habe, mit der lebhafteſten Hochachtung nichts zu ſein als Ihr ꝛc.</p><lb/><postscript><p><hirendition="#aq">P. S.</hi> ob Sie kein Poſtſkript zum Briefe, deſſen Kopie ich Ihnen<lbn="25"/>
geſchikt ꝛc. Die Juden am Sabbath bekommen eine zweite Seele und<lb/>
eben da ſpürten ſogar die Verdamten eine Unterbrechung ihrer<lb/>
Qualen; Schwarzenbach iſt keine Hölle und ich kein Verdamter: ſonſt<lb/>
paſſet alles auf mich.</p></postscript></div><lb/><divn="2"><head>Brief von ihr an mich.<lbn="30"/></head><p>Ich wette, Sie erwarten eher ein Teſtament von mir als einen<lb/>
Brief; aber Sie haben einmal mein Wort, das leichter in Hof zu<lb/><noteplace="left"><reftarget="1922_Bd#_304">[304]</ref></note>geben als in Bayreuth zu halten iſt. Für iede Minute, die ich Sie unter-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[288/0313]
wünſche, daß ich ſoviel aus dem Aufſaz weggeworfen, daß er ſelbſt
nicht weggeworfen zu werden verdiene. Mein 2ter Wunſch wär’ eine
Lage, in der ich über den gröſſern Lohn, die Ehre eines Antheils an
[dem Modejournal] zu haben, ieden kleinern vergeſſen und verbitten
könte; aber das Schikſal liebt dieſe Aber. 5
316. An Wagner.
[Schwarzenbach, 12. April 1790]
Jedes neue Urtheil macht mich lüſterner darnach. Ich kan es kaum
erwarten, unter die Inſulaner geführt zu werden, die ohne [?] die
Maſchinerie von Pandekten, Bibeln und Dikaſterien das ſind, was 10
wir mit dieſem Apparat werden wollen — gute Fürſten [ſind]
Menſchenmarketender, die die Menſchen à la minutta Regiment-
weiſe oder in grosso Länderweis verkaufen.
317. An Renate Wirth in Hof.
[Schwarzenbach, 22. April 1790] 15
Um einen Vorwand des Schreibens zu haben, wil ich Sie um ꝛc.
anſprechen und welches mir lieber iſt als etwas Gedruktes, um etwas
Geſchriebnes von Ihnen. Da Sie mir aus Bayreuth in Ihren
Freuden der Seeligen ſchrieben: ſo werden Sie mir noch weniger einen
[Brief] aus Hof verſagen .. In Schwarzenbach nichts neues; in Hof 20
iſt das einzige neue meine Elevin ꝛc. Denken und leben Sie recht wol
in einer Welt, wo man vom Genus, indem man ihn beim Flügel fängt,
den Zweifaltersſchmuk abſtreift. Ich ärgere mich, daß ich die Ehre
habe, mit der lebhafteſten Hochachtung nichts zu ſein als Ihr ꝛc.
P. S. ob Sie kein Poſtſkript zum Briefe, deſſen Kopie ich Ihnen 25
geſchikt ꝛc. Die Juden am Sabbath bekommen eine zweite Seele und
eben da ſpürten ſogar die Verdamten eine Unterbrechung ihrer
Qualen; Schwarzenbach iſt keine Hölle und ich kein Verdamter: ſonſt
paſſet alles auf mich.
Brief von ihr an mich. 30
Ich wette, Sie erwarten eher ein Teſtament von mir als einen
Brief; aber Sie haben einmal mein Wort, das leichter in Hof zu
geben als in Bayreuth zu halten iſt. Für iede Minute, die ich Sie unter-
[304]
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/313>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.