Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956.ihm das Pfand, ohne Ein[busse?] wieder abzuiagen, so etc: Ich gab ihm [174]105. An Pfarrer Vogel in Rehau. Hochehrwürdiger und Hochgelehrter Herr25 Hochzuverehrender Herr Pfarrer und Autor, Ein vernünftiger Man wird immer suchen, wenn er doch etwas ihm das Pfand, ohne Ein[buſſe?] wieder abzuiagen, ſo ꝛc: Ich gab ihm [174]105. An Pfarrer Vogel in Rehau. Hochehrwürdiger und Hochgelehrter Herr25 Hochzuverehrender Herr Pfarrer und Autor, Ein vernünftiger Man wird immer ſuchen, wenn er doch etwas <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0189" n="164"/> ihm das Pfand, ohne Ein<metamark>[</metamark>buſſe?<metamark>]</metamark> wieder abzuiagen, ſo ꝛc: Ich gab ihm<lb/> nur ſo viel in ſeine Hände, <metamark>[</metamark><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Lücke</hi></hi><metamark>]</metamark> er unter dem Vorwand mir zu<lb/> helfen, nur ſich ſelbſt geholfen. — Ich werde ſobald nicht nach Leipzig<lb/> kommen; aber wie Prinzeſſinnen, die ſich verheirathen, wil ich mein<lb/> Bild dahin vorauslaufen laſſen, das ich ohne Mühe auf 20 Bögen zu-<lb n="5"/> ſammendrängen werde können. Bis ich die Unordnung meines<lb/> Beutels berichtigt haben werde. In der That ich mus Ihr Freund<lb/> werden, ungeachtet ich nur gar zu vielen Grund habe, zu muthmaſſen,<lb/> daß Sie gar <metamark>[?]</metamark> eine wahre Misgeburt ſind. Wenn ich erwäge, daß<lb/> zu einer Misgeburt ein Weſen gehöret, das die Natur mit Gliedern<lb n="10"/> beladet, die entweder überflüſſig oder andern Menſchen überhaupt<lb/> abgehen: ſo dürften Sie wol nicht <metamark>[</metamark>aus<metamark>]</metamark> der Liſte der Misgeburten<lb/> herauszubringen ſein. Sie haben z<metamark>[</metamark>wei Glieder,<metamark>]</metamark> die man bei ordent-<lb/> lichen Menſchen wol nicht antrift, nämlich einen <hi rendition="#g">Kopf</hi> <metamark>[</metamark>und ein<lb/><hi rendition="#g">Herz</hi><metamark>]</metamark>. Dieſe ſind nur gar zu geſchikt, Sie völlig unvermögend zu<lb n="15"/> machen, wie andre Menſchen zu handeln und zu denken. Glükl<metamark>[</metamark>ich<metamark>]</metamark> die<lb/> Mis<metamark>]</metamark>geburt, die dieſe Auswüchſe den Augen der Welt geſchikt zu ent-<lb/> ziehen weis. Aber ich wil nicht den Balken aus dem Auge meines<lb/> Bruders zu bringen ſuchen, indeſſen ich noch ſelbſt einen Splitter aus<lb/> meinem zu ziehen <metamark>[</metamark>habe<metamark>]</metamark>; und ich wil Ihre Auswüchſe gern mit dem<lb n="20"/> Mantel der Freundſchaft bedekken. / Da Sie ein Arzt ſind: ſo heilen<lb/> Sie auch Ihren Körper, der die Heilungskoſten Ihrer Sele gewis<lb/> theuer bezahlen mus. —</p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head><note place="left"><ref target="1922_Bd#_174">[174]</ref></note>105. An <hi rendition="#g">Pfarrer Vogel in Rehau.</hi></head><lb/> <opener> <salute> <hi rendition="#et">Hochehrwürdiger und Hochgelehrter Herr<lb n="25"/> Hochzuverehrender Herr Pfarrer und Autor,</hi> </salute> </opener><lb/> <p>Ein vernünftiger Man wird immer ſuchen, wenn er doch etwas<lb/> ganz bekantes ſagen mus, es wenigſtens nicht deutſch ſondern griechiſch<lb/> zu ſagen. Auch klingt es viel beſſer, wenn ich mit dem Simonides ſage:<lb/> αναγκη ουδε θεοι μαχονται; als wenn ich mich ſo ausdrükte: ich<lb n="30"/> konte Ihnen unmöglich von einer Antwort des H. v. Örthels Nach-<lb/> richt geben, weil ich gar keine bekam. Ich ſchrieb an ihn 4 Briefe, auf<lb/> die er mir nicht antwortete, bis ich mich entſchlos, die Antwort mit<lb/> meinen Ohren abzuholen. Ich bin nämlich iezt bei ihm. Die A. D. B.<lb/> wird er Ihnen gewis abkaufen; aber iezt kan er es noch nicht, weil er<lb n="35"/><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [164/0189]
ihm das Pfand, ohne Ein[buſſe?] wieder abzuiagen, ſo ꝛc: Ich gab ihm
nur ſo viel in ſeine Hände, [Lücke] er unter dem Vorwand mir zu
helfen, nur ſich ſelbſt geholfen. — Ich werde ſobald nicht nach Leipzig
kommen; aber wie Prinzeſſinnen, die ſich verheirathen, wil ich mein
Bild dahin vorauslaufen laſſen, das ich ohne Mühe auf 20 Bögen zu- 5
ſammendrängen werde können. Bis ich die Unordnung meines
Beutels berichtigt haben werde. In der That ich mus Ihr Freund
werden, ungeachtet ich nur gar zu vielen Grund habe, zu muthmaſſen,
daß Sie gar [?] eine wahre Misgeburt ſind. Wenn ich erwäge, daß
zu einer Misgeburt ein Weſen gehöret, das die Natur mit Gliedern 10
beladet, die entweder überflüſſig oder andern Menſchen überhaupt
abgehen: ſo dürften Sie wol nicht [aus] der Liſte der Misgeburten
herauszubringen ſein. Sie haben z[wei Glieder,] die man bei ordent-
lichen Menſchen wol nicht antrift, nämlich einen Kopf [und ein
Herz]. Dieſe ſind nur gar zu geſchikt, Sie völlig unvermögend zu 15
machen, wie andre Menſchen zu handeln und zu denken. Glükl[ich] die
Mis]geburt, die dieſe Auswüchſe den Augen der Welt geſchikt zu ent-
ziehen weis. Aber ich wil nicht den Balken aus dem Auge meines
Bruders zu bringen ſuchen, indeſſen ich noch ſelbſt einen Splitter aus
meinem zu ziehen [habe]; und ich wil Ihre Auswüchſe gern mit dem 20
Mantel der Freundſchaft bedekken. / Da Sie ein Arzt ſind: ſo heilen
Sie auch Ihren Körper, der die Heilungskoſten Ihrer Sele gewis
theuer bezahlen mus. —
105. An Pfarrer Vogel in Rehau.
Hochehrwürdiger und Hochgelehrter Herr 25
Hochzuverehrender Herr Pfarrer und Autor,
Ein vernünftiger Man wird immer ſuchen, wenn er doch etwas
ganz bekantes ſagen mus, es wenigſtens nicht deutſch ſondern griechiſch
zu ſagen. Auch klingt es viel beſſer, wenn ich mit dem Simonides ſage:
αναγκη ουδε θεοι μαχονται; als wenn ich mich ſo ausdrükte: ich 30
konte Ihnen unmöglich von einer Antwort des H. v. Örthels Nach-
richt geben, weil ich gar keine bekam. Ich ſchrieb an ihn 4 Briefe, auf
die er mir nicht antwortete, bis ich mich entſchlos, die Antwort mit
meinen Ohren abzuholen. Ich bin nämlich iezt bei ihm. Die A. D. B.
wird er Ihnen gewis abkaufen; aber iezt kan er es noch nicht, weil er 35
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(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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