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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

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können, auch nicht Macht haben die Gesetze
und Verordnungen in Ansehn zu erhalten, durch
Zwingen zu ihrer Befolgung; so sagt der Bauer
wohl gar: "Die Gesetze hält der Nagel."

Achtung vor dem Gesetz muß jeder Staats¬
genoß haben, das Gesetz muß ihm heilig wie
eine Glaubenspflicht sein. Auf die Religions¬
gebote müssen die Vorschriften der Regierung
folgen, aber ein wahrer menschlicher Sinn des
hohen Ordneramts muß über sie walten. Ge¬
horsam ist eine Deutsche Tugend, mit Kindlich¬
keit folgt der Deutsche Unterthan, wenn die
Obrigkeit väterlich fürsorgt; nicht bloß zwing¬
herrisch gebietet, und verbietet; sondern zuvor
gründlich belehrt, und dadurch die Überzeugung
giebt, daß sie es wahrhaft gutmeine, das Wohl
ihrer Anbefohlnen beabsichtige, nicht eignen Ge¬
winn, noch ausgekrämerten Vortheil.

Was haben Obrigkeiten zu thun, um dem ge¬
meinen Manne das scheinbare Mißtrauen ge¬
gen die Obrigkeiten zu benehmen, und ihn zu
überzeugen, daß das Bestreben der Letztern nur
die Wohlfahrt des Erstern zum Zweck habe?
Zerbst bei Kramer 1803.

können, auch nicht Macht haben die Geſetze
und Verordnungen in Anſehn zu erhalten, durch
Zwingen zu ihrer Befolgung; ſo ſagt der Bauer
wohl gar: „Die Geſetze hält der Nagel.“

Achtung vor dem Geſetz muß jeder Staats¬
genoß haben, das Geſetz muß ihm heilig wie
eine Glaubenspflicht ſein. Auf die Religions¬
gebote müſſen die Vorſchriften der Regierung
folgen, aber ein wahrer menſchlicher Sinn des
hohen Ordneramts muß über ſie walten. Ge¬
horſam iſt eine Deutſche Tugend, mit Kindlich¬
keit folgt der Deutſche Unterthan, wenn die
Obrigkeit väterlich fürſorgt; nicht bloß zwing¬
herriſch gebietet, und verbietet; ſondern zuvor
gründlich belehrt, und dadurch die Überzeugung
giebt, daß ſie es wahrhaft gutmeine, das Wohl
ihrer Anbefohlnen beabſichtige, nicht eignen Ge¬
winn, noch ausgekrämerten Vortheil.

Was haben Obrigkeiten zu thun, um dem ge¬
meinen Manne das ſcheinbare Mißtrauen ge¬
gen die Obrigkeiten zu benehmen, und ihn zu
überzeugen, daß das Beſtreben der Letztern nur
die Wohlfahrt des Erſtern zum Zweck habe?
Zerbſt bei Kramer 1803.
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[54/0084] 54 können, auch nicht Macht haben die Geſetze und Verordnungen in Anſehn zu erhalten, durch Zwingen zu ihrer Befolgung; ſo ſagt der Bauer wohl gar: „Die Geſetze hält der Nagel.“ Achtung vor dem Geſetz muß jeder Staats¬ genoß haben, das Geſetz muß ihm heilig wie eine Glaubenspflicht ſein. Auf die Religions¬ gebote müſſen die Vorſchriften der Regierung folgen, aber ein wahrer menſchlicher Sinn des hohen Ordneramts muß über ſie walten. Ge¬ horſam iſt eine Deutſche Tugend, mit Kindlich¬ keit folgt der Deutſche Unterthan, wenn die Obrigkeit väterlich fürſorgt; nicht bloß zwing¬ herriſch gebietet, und verbietet; ſondern zuvor gründlich belehrt, und dadurch die Überzeugung giebt, daß ſie es wahrhaft gutmeine, das Wohl ihrer Anbefohlnen beabſichtige, nicht eignen Ge¬ winn, noch ausgekrämerten Vortheil. Was haben Obrigkeiten zu thun, um dem ge¬ meinen Manne das ſcheinbare Mißtrauen ge¬ gen die Obrigkeiten zu benehmen, und ihn zu überzeugen, daß das Beſtreben der Letztern nur die Wohlfahrt des Erſtern zum Zweck habe? Zerbſt bei Kramer 1803.

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/84>, abgerufen am 23.11.2024.