Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

tenwalter, nach langer segensreicher Fürsorge,
der Sterblichkeit seinen Zoll entrichtet: So hat
das gemeinschaftliche Herz zu schlagen aufge¬
hört, die überallhinwürkende Seele ist entwichen.
Muß doch jede Uhr, sei sie Meisterstück des er¬
sten Meisters, gehe sie noch so lange, unaufge¬
zogen endlich ein Mahl ablaufen.

Wo so allerlei auf allerlei Art endlich zu
einem Staat geworden, wird die Verwaltung
des Jnnern ein wahrer Jrrbau, die Sprengel
der verschiedenen Behörden durchkreuzen sich,
das ganze Werk geht schwerfällig. Überdem er¬
zeugt die unglückliche Zertheilung durch den blin¬
den Zufall (welche träge Gewohnheitsliebe fort¬
dauern lässet, und mißverstandene Rechtlichkeit
beibehält) unter den unrichtig gesonderten Thei¬
len, eine allem wahren Gemeingeist widerstrei¬
tende Engherzigkeit. Sie entsteht nicht aus der
besondern natürlichen Beschaffenheit wie ein ech¬
tes örtliches Gemeinwohl, was immer unter der
Obhut des Gemeingeistes zum Allwohl bleiben
wird, wo die Theile nach natürlichen größern
und kleinern Gränzen abgemarkt, und nach ih¬
ren natürlichen Bedürfnissen wieder zum Gan¬

tenwalter, nach langer ſegensreicher Fürſorge,
der Sterblichkeit ſeinen Zoll entrichtet: So hat
das gemeinſchaftliche Herz zu ſchlagen aufge¬
hört, die überallhinwürkende Seele iſt entwichen.
Muß doch jede Uhr, ſei ſie Meiſterſtück des er¬
ſten Meiſters, gehe ſie noch ſo lange, unaufge¬
zogen endlich ein Mahl ablaufen.

Wo ſo allerlei auf allerlei Art endlich zu
einem Staat geworden, wird die Verwaltung
des Jnnern ein wahrer Jrrbau, die Sprengel
der verſchiedenen Behörden durchkreuzen ſich,
das ganze Werk geht ſchwerfällig. Überdem er¬
zeugt die unglückliche Zertheilung durch den blin¬
den Zufall (welche träge Gewohnheitsliebe fort¬
dauern läſſet, und mißverſtandene Rechtlichkeit
beibehält) unter den unrichtig geſonderten Thei¬
len, eine allem wahren Gemeingeiſt widerſtrei¬
tende Engherzigkeit. Sie entſteht nicht aus der
beſondern natürlichen Beſchaffenheit wie ein ech¬
tes örtliches Gemeinwohl, was immer unter der
Obhut des Gemeingeiſtes zum Allwohl bleiben
wird, wo die Theile nach natürlichen größern
und kleinern Gränzen abgemarkt, und nach ih¬
ren natürlichen Bedürfniſſen wieder zum Gan¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0067" n="37"/><fw type="pageNum" place="top">37<lb/></fw>tenwalter, nach langer &#x017F;egensreicher Für&#x017F;orge,<lb/>
der Sterblichkeit &#x017F;einen Zoll entrichtet: So hat<lb/>
das gemein&#x017F;chaftliche Herz zu &#x017F;chlagen aufge¬<lb/>
hört, die überallhinwürkende Seele i&#x017F;t entwichen.<lb/>
Muß doch jede Uhr, &#x017F;ei &#x017F;ie Mei&#x017F;ter&#x017F;tück des er¬<lb/>
&#x017F;ten Mei&#x017F;ters, gehe &#x017F;ie noch &#x017F;o lange, unaufge¬<lb/>
zogen endlich ein Mahl ablaufen.</p><lb/>
          <p>Wo &#x017F;o allerlei auf allerlei Art endlich zu<lb/>
einem Staat geworden, wird die Verwaltung<lb/>
des Jnnern ein wahrer Jrrbau, die Sprengel<lb/>
der ver&#x017F;chiedenen Behörden durchkreuzen &#x017F;ich,<lb/>
das ganze Werk geht &#x017F;chwerfällig. Überdem er¬<lb/>
zeugt die unglückliche Zertheilung durch den blin¬<lb/>
den Zufall (welche träge Gewohnheitsliebe fort¬<lb/>
dauern lä&#x017F;&#x017F;et, und mißver&#x017F;tandene Rechtlichkeit<lb/>
beibehält) unter den unrichtig ge&#x017F;onderten Thei¬<lb/>
len, eine allem wahren Gemeingei&#x017F;t wider&#x017F;trei¬<lb/>
tende Engherzigkeit. Sie ent&#x017F;teht nicht aus der<lb/>
be&#x017F;ondern natürlichen Be&#x017F;chaffenheit wie ein ech¬<lb/>
tes örtliches Gemeinwohl, was immer unter der<lb/>
Obhut des Gemeingei&#x017F;tes zum Allwohl bleiben<lb/>
wird, wo die Theile nach natürlichen größern<lb/>
und kleinern Gränzen abgemarkt, und nach ih¬<lb/>
ren natürlichen Bedürfni&#x017F;&#x017F;en wieder zum Gan¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0067] 37 tenwalter, nach langer ſegensreicher Fürſorge, der Sterblichkeit ſeinen Zoll entrichtet: So hat das gemeinſchaftliche Herz zu ſchlagen aufge¬ hört, die überallhinwürkende Seele iſt entwichen. Muß doch jede Uhr, ſei ſie Meiſterſtück des er¬ ſten Meiſters, gehe ſie noch ſo lange, unaufge¬ zogen endlich ein Mahl ablaufen. Wo ſo allerlei auf allerlei Art endlich zu einem Staat geworden, wird die Verwaltung des Jnnern ein wahrer Jrrbau, die Sprengel der verſchiedenen Behörden durchkreuzen ſich, das ganze Werk geht ſchwerfällig. Überdem er¬ zeugt die unglückliche Zertheilung durch den blin¬ den Zufall (welche träge Gewohnheitsliebe fort¬ dauern läſſet, und mißverſtandene Rechtlichkeit beibehält) unter den unrichtig geſonderten Thei¬ len, eine allem wahren Gemeingeiſt widerſtrei¬ tende Engherzigkeit. Sie entſteht nicht aus der beſondern natürlichen Beſchaffenheit wie ein ech¬ tes örtliches Gemeinwohl, was immer unter der Obhut des Gemeingeiſtes zum Allwohl bleiben wird, wo die Theile nach natürlichen größern und kleinern Gränzen abgemarkt, und nach ih¬ ren natürlichen Bedürfniſſen wieder zum Gan¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/67
Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/67>, abgerufen am 18.07.2024.