ein steinartiges Anhäufen von Außen. So gleicht das äußere Ansehn einem Kleide aus al¬ ten und neuen Lappen zusammengeflickt, ohne Brauchbarkeit, Haltbarkeit und Schönheit. Die von Zeit zu Zeit angereihten Stücke geben ei¬ nen unbehülflichen Körper, der nur klumpenmä¬ ßig drückt wo er liegt; und weit unvollkomme¬ ner als ein Automat würkt, wo doch ein in¬ neres Getriebe sogar äußerlich Geschäfte ver¬ richtet.
Ohne genaue natürliche Abtheilung des Grundgebiets, wird in jedem Staate die Einrich¬ tung einer wohlgeordneten allgemeinen bürgerli¬ chen Verfassung außerordentlich erschwert, in großen Reichen ganz unmöglich. Der kräftigste Alleinherrscher, der größeste Geist auf dem Thro¬ ne kann zwar Wunderdinge schaffen; aber ohne Schöpfung nicht ordnen und walten, wo es wüst und leer ist. Persönlichkeit kann viel erse¬ tzen, Mängeln abhelfen, Unvollkommenheiten weniger fühlbar machen; aber in einer Mißge¬ schaffenheit, in einem Verbilde verkümmert der Geist, der doch auf andere übergehn soll. Und wenn dann ein großer Völkerordner und Staa¬
ein ſteinartiges Anhäufen von Außen. So gleicht das äußere Anſehn einem Kleide aus al¬ ten und neuen Lappen zuſammengeflickt, ohne Brauchbarkeit, Haltbarkeit und Schönheit. Die von Zeit zu Zeit angereihten Stücke geben ei¬ nen unbehülflichen Körper, der nur klumpenmä¬ ßig drückt wo er liegt; und weit unvollkomme¬ ner als ein Automat würkt, wo doch ein in¬ neres Getriebe ſogar äußerlich Geſchäfte ver¬ richtet.
Ohne genaue natürliche Abtheilung des Grundgebiets, wird in jedem Staate die Einrich¬ tung einer wohlgeordneten allgemeinen bürgerli¬ chen Verfaſſung außerordentlich erſchwert, in großen Reichen ganz unmöglich. Der kräftigſte Alleinherrſcher, der größeſte Geiſt auf dem Thro¬ ne kann zwar Wunderdinge ſchaffen; aber ohne Schöpfung nicht ordnen und walten, wo es wüſt und leer iſt. Perſönlichkeit kann viel erſe¬ tzen, Mängeln abhelfen, Unvollkommenheiten weniger fühlbar machen; aber in einer Mißge¬ ſchaffenheit, in einem Verbilde verkümmert der Geiſt, der doch auf andere übergehn ſoll. Und wenn dann ein großer Völkerordner und Staa¬
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ein ſteinartiges Anhäufen von Außen. So
gleicht das äußere Anſehn einem Kleide aus al¬
ten und neuen Lappen zuſammengeflickt, ohne
Brauchbarkeit, Haltbarkeit und Schönheit. Die
von Zeit zu Zeit angereihten Stücke geben ei¬
nen unbehülflichen Körper, der nur klumpenmä¬
ßig drückt wo er liegt; und weit unvollkomme¬
ner als ein Automat würkt, wo doch ein in¬
neres Getriebe ſogar äußerlich Geſchäfte ver¬
richtet.
Ohne genaue natürliche Abtheilung des
Grundgebiets, wird in jedem Staate die Einrich¬
tung einer wohlgeordneten allgemeinen bürgerli¬
chen Verfaſſung außerordentlich erſchwert, in
großen Reichen ganz unmöglich. Der kräftigſte
Alleinherrſcher, der größeſte Geiſt auf dem Thro¬
ne kann zwar Wunderdinge ſchaffen; aber ohne
Schöpfung nicht ordnen und walten, wo es
wüſt und leer iſt. Perſönlichkeit kann viel erſe¬
tzen, Mängeln abhelfen, Unvollkommenheiten
weniger fühlbar machen; aber in einer Mißge¬
ſchaffenheit, in einem Verbilde verkümmert der
Geiſt, der doch auf andere übergehn ſoll. Und
wenn dann ein großer Völkerordner und Staa¬
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/66>, abgerufen am 23.11.2024.
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