hen aus Umgang; es ahnen, es suchen, es fin¬ den sich gleichgestimmte Seelen. Jn Fülle flie¬ ßet des Lebens Strom mit Freuden und Leiden. Nun sucht der Mensch Menschen auf, preßt sie ans klopfende Herz; Auge begegnet dem Auge, verschwistert der Seele die Seele. Wo der Mensch menschlich ist, bedarf er Menschen, im Lieben und Leiden, im Sinnengenuß und in heiliger Wonne. Mit Menschen nur theilt er des Lebens Gaben: Gefühle des Augenblicks, Gedanken der Ewigkeit, und Zauber unendli¬ cher Ahnung.
Und wenn die Selbsucht entbrennt, sie muß an Menschen sich ketten, sucht sie gleich nur dienende Werkzeuge. Sogar zerstörende Lei¬ denschaft wird ein Vereinigungsband für Un¬ holde; Laster zeugen einen Frevelbund der Sün¬ de, und Verbrechen die der Tag vernichtet, ver¬ schwört die Düsterniß zu Rotten und Banden. Und alle diese, und alle andere Zusammenhalte heißen Menschenvereinigungen. Allumfassend ist der Name, entweihter kein Wort, gemißbrauch¬ ter kein Recht, und durch nichts der Mensch so getrennt und verschieden. Unermeßlich bleibt
hen aus Umgang; es ahnen, es ſuchen, es fin¬ den ſich gleichgeſtimmte Seelen. Jn Fülle flie¬ ßet des Lebens Strom mit Freuden und Leiden. Nun ſucht der Menſch Menſchen auf, preßt ſie ans klopfende Herz; Auge begegnet dem Auge, verſchwiſtert der Seele die Seele. Wo der Menſch menſchlich iſt, bedarf er Menſchen, im Lieben und Leiden, im Sinnengenuß und in heiliger Wonne. Mit Menſchen nur theilt er des Lebens Gaben: Gefühle des Augenblicks, Gedanken der Ewigkeit, und Zauber unendli¬ cher Ahnung.
Und wenn die Selbſucht entbrennt, ſie muß an Menſchen ſich ketten, ſucht ſie gleich nur dienende Werkzeuge. Sogar zerſtörende Lei¬ denſchaft wird ein Vereinigungsband für Un¬ holde; Laſter zeugen einen Frevelbund der Sün¬ de, und Verbrechen die der Tag vernichtet, ver¬ ſchwört die Düſterniß zu Rotten und Banden. Und alle dieſe, und alle andere Zuſammenhalte heißen Menſchenvereinigungen. Allumfaſſend iſt der Name, entweihter kein Wort, gemißbrauch¬ ter kein Recht, und durch nichts der Menſch ſo getrennt und verſchieden. Unermeßlich bleibt
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hen aus Umgang; es ahnen, es ſuchen, es fin¬
den ſich gleichgeſtimmte Seelen. Jn Fülle flie¬
ßet des Lebens Strom mit Freuden und Leiden.
Nun ſucht der Menſch Menſchen auf, preßt ſie
ans klopfende Herz; Auge begegnet dem Auge,
verſchwiſtert der Seele die Seele. Wo der
Menſch menſchlich iſt, bedarf er Menſchen, im
Lieben und Leiden, im Sinnengenuß und in
heiliger Wonne. Mit Menſchen nur theilt er
des Lebens Gaben: Gefühle des Augenblicks,
Gedanken der Ewigkeit, und Zauber unendli¬
cher Ahnung.
Und wenn die Selbſucht entbrennt, ſie muß
an Menſchen ſich ketten, ſucht ſie gleich nur
dienende Werkzeuge. Sogar zerſtörende Lei¬
denſchaft wird ein Vereinigungsband für Un¬
holde; Laſter zeugen einen Frevelbund der Sün¬
de, und Verbrechen die der Tag vernichtet, ver¬
ſchwört die Düſterniß zu Rotten und Banden.
Und alle dieſe, und alle andere Zuſammenhalte
heißen Menſchenvereinigungen. Allumfaſſend iſt
der Name, entweihter kein Wort, gemißbrauch¬
ter kein Recht, und durch nichts der Menſch ſo
getrennt und verſchieden. Unermeßlich bleibt
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/485>, abgerufen am 29.11.2024.
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